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Pistorius zieht Fazit nach IMK in Würzburg: Wichtige Diskussionen und zukunftsorientierte Beschlüsse insbesondere zum Katastrophen-, Zivil- und Bevölkerungsschutz

Pistorius: „Gerade in Krisenzeiten ist ein enger und vertrauensvoller Austausch der Innenressorts elementar“


Nach drei Tagen intensiver Gespräche ist heute (03.06.2022) Mittag die erste Innenministerkonferenz (IMK) seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Putins auf die Ukraine zu Ende gegangen. Die Innenministerinnen und Innenminister sowie die Innensenatorinnen und Innensenatoren der Länder haben sich in Würzburg gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser seit Mittwoch zu mehr als 60 Tagesordnungspunkten beraten. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem Thema Zivil- und Katastrophenschutz.

Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport und Sprecher der sozialdemokratisch-geführten Innenressorts, Boris Pistorius, zieht eine positive Bilanz: „Seit dem 24. Februar, dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Putins, leben wir in einer neuen Welt mit neuen Gefahren und einer neuen geopolitischen Tektonik. Angesichts der dadurch entstandenen massiven Herausforderungen für die Innen- und Sicherheitspolitik haben wir konstruktiv und ergebnisorientiert über notwendige Maßnahmen diskutiert. Wenn die eine Seite der Medaille die Stärkung der äußeren Verteidigung mit 100 Milliarden Euro ist, dann muss die andere Seite dieser Medaille eine entsprechende Stärkung der inneren Sicherheit, insbesondere auch des Zivil- und Katastrophenschutzes, sein. Dafür haben wir mit dem von mir initiierten Beschluss wichtige Weichen in Würzburg gestellt.“

Im Einzelnen:

Katastrophen-, Zivil- und Bevölkerungsschutz

„Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie, Naturkatastrophen wie das Hochwasser im Ahrtal und die Bedrohungen angesichts des Angriffskriegs Putins auf die Ukraine haben deutlich gemacht, dass wir eine gemeinsame und zentrale Steuerung unter der Einbindung der Länder und des Bundes brauchen, damit wir noch schneller und besser auf nationale Notlagen reagieren können. Darum war es wichtig, dass wir einen Beschluss zu dem von mir bereits im Kontext der Sonder-IMK in Brüssel im März dieses Jahres vorgeschlagenen 10-Milliarden-Euro-Paket zur zielgerichteten und dauerhaften Härtung unserer Fähigkeiten im Zivil- und Bevölkerungsschutz getroffen haben. Dieses muss gemeinsam von Bund und Ländern finanziell gestemmt werden. Niedersachsen ist bereits mit einem 40 Millionen Euro umfassenden Ad-hoc-Paket in Vorleistung gegangen. Nun gilt es hier, mit dem Bund gemeinsam zu prüfen, welche Vorhaben schnell priorisiert angegangen werden sollen. Konkret bedeutet das, dass wir in der ersten Stufe ein verlässliches Warnsystem aufbauen. Deshalb soll das Sirenen-Förderprogramm auf acht Jahre ausgelegt und auf eine Milliarde Euro aufgestockt werden. Hier ist insbesondere der Bund gefordert. Darüber hinaus bündeln und stärken wir mit der nun getroffenen Vereinbarung zum Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz – kurz GeKoB – die Fähigkeiten und den Austausch aller betroffenen und beteiligten Stellen in Bund, Ländern und Kommunen.“

Gemeinsame Übungen

„In den vergangenen Jahren war es insbesondere wegen Corona nicht möglich, die erforderlichen Übungen im Katastrophenschutz, aber zum Beispiel auch im Bereich der Polizei durchzuführen. Ich habe mich auf der Innenministerkonferenz, wie bereits auf der Nord-IMK vor kurzem, dafür stark gemacht, dass länderübergreifende Großübungen gerade auch unter Einbindung der Bundeswehr wieder verstärkt durchgeführt werden. Wir brauchen diese intensiven Systemtests, denn nur durch das regelmäßige gemeinsame Training können wir Lagen, in denen es im Ernstfall um jede Sekunde geht, ohne Reibungsverluste bewältigen.“

Geldautomaten-Sprengung

„Jede zweite Sprengung von Geldautomaten ist erfolgreich, die Zahlen sind zuletzt steil angestiegen – nicht nur in Niedersachsen. Das ist inzwischen eine hochprofessionelle und hochprofitable Maschinerie. Zum Glück hat es bei diesen Taten noch keine Todesopfer gegeben, aber gerade bei den jüngsten Fällen in Niedersachsen und Hessen haben Anwohnerinnen und Anwohner Rauchvergiftungen erlitten, woanders waren Haushalte von Stromausfällen betroffen. Die Polizei in Niedersachsen hat ein Kataster aller Automaten erstellt, das ich in Kürze Vertreterinnen und Vertretern der Banken und Sparkassen vorlegen werde. Klar ist: Ich erwarte, dass die Unternehmen deutlich mehr für die Sicherheit ihrer Geldautomaten tun! In den Niederlanden und Belgien sind erhebliche Baumaßnahmen zur Sicherung verpflichtend. Wenn bei uns auf freiwilliger Basis nicht genug passiert, müssen wir diesen Weg auch gehen.“

Kampf gegen Kinderpornografie

„Die aktuell bekannt gewordenen grausamen und brutalen Fälle aus dem Ermittlungskomplex Wermelskirchen haben uns erneut entsetzlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass hier alle technischen und rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, um diese Täter zu fassen. Ein wesentliches Problem ist, dass Straftaten nicht mehr verfolgt werden können, wenn die Spuren – also die Daten – zu schnell gelöscht werden müssen. Auf der anderen Seite gilt es, auch dafür zu sorgen, die lange Verfügbarkeit von Bildern und Videos im Internet oder Darknet, was zu zusätzlichem Leid und Traumatisierungen bei Opfern führt, zu verhindern. Deshalb begrüße ich sehr, dass meine Innenministerkolleginnen und Innenministerkollegen und ich bei der IMK gemeinsam beschlossen haben, in bundesweit abgestimmten Verfahren Melde- und Löschprozesse zu verbessern.

Die in diesem Bereich eingesetzten Beamtinnen und Beamten sind bei ihren Ermittlungen ganz besonders hoch belastet, ihre Arbeit bringt sie an ihre Grenzen. Wir müssen sie auch angesichts immer größerer Datenmengen so gut wie möglich entlasten. Künstliche Intelligenz, wie sie bereits in Niedersachsen zum Einsatz kommt, hilft dabei, die riesigen Datenmengen vor auszuwerten, zu selektieren und zu priorisieren. Allein in Niedersachsen betrug das untersuchte kinderpornografische Datenvolumen knapp 2,4 Millionen Gigabyte, das entspricht rund 2 Milliarden Bildern – eine unglaubliche Menge. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz können wir verstärkt gegen diese menschenverachtenden und grausamen Täter vorgehen, sie effizienter ermitteln und verurteilen.“

Identifizierungspflicht in sozialen Netzwerken

„Wir müssen deutlich Kante zeigen gegenüber denjenigen, die hemmungslos im Netz Hass und Hetze verbreiten und zur Gewalt aufrufen. Dafür mache ich mich bereits seit Jahren auf verschiedenen Ebenen stark. Und die Entwicklungen während der Corona-Pandemie haben mich darin bestärkt, dass wir hier dringenden Handlungsbedarf haben. Immer noch meinen Menschen, dass sie in Chats von Messengerdiensten und im Internet alles sagen dürfen, was sie wollen. Doch wer hier droht, beleidigt oder sogar zur Gewalt oder im schlimmsten Fall Mord aufruft, dem sollte klar sein: Das sind keine rechtsfreien Räume. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir schnell diejenigen identifizieren können, um sie strafrechtlich konsequent zu verfolgen. Das haben wir auf der IMK auch noch einmal bekräftigt und sind uns einig, dass wir die rechtlichen Grundlagen zur Identifizierung der strafrechtlich Verantwortlichen brauchen, so wie ich es gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern bereits vor über zwei Jahren mit einer Bundesratsinitiative gefordert habe. Es geht mir explizit nicht um eine generelle Klarnamenpflicht im Netz. Jede und jeder soll einen Nickname verwenden dürfen. Aber bei der Erstanmeldung zum Beispiel in sozialen Netzwerken ist es für eine effektive Strafverfolgung erforderlich, dass die Userinnen und User ihre Stammdaten angeben.“


Artikel-Informationen

erstellt am:
03.06.2022

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