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Wiedergutmachungsrecht

Richtlinien für die Vergabe von Mitteln aus dem Niedersächsischen Härtefonds für Hilfen an Verfolgte des NS-Regimes in besonderen Notlagen


Erlass des MI vom 08.10.1990 (Nds. MBl. S. 1185)

geändert durch:

- Erlass des MI vom 04.11.1994 (Nds. MBl. 1995 S. 4)
- Erlass des MI vom 25.11.1997 (Nds. MBl. 1998 S. 120)
- Erlass des MI vom 17.12.1998 (Nds. MBl. 1999 S. 91)
- Erlass des MI vom 23.10.2003 (Nds. MBl. 2003 S. 716)

- VORIS 25100 00 00 00 001 -

1. Begünstigter Personenkreis

1.1 Personen, die durch nationalsozialistische Unrechtsmaßnahmen verfolgt worden sind, und deren mitbetroffene Angehörige können im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und nach Maßgabe dieser Richtlinien Leistungen erhalten.

Erbinnen und Erben erhalten keine Hilfe. Davon gelten jedoch folgende Ausnahmen:

Den durch NS-Unrecht Verfolgten werden nach dem Tode die Ehegatten, Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner, die volljährigen Personen, mit denen eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft bestand (Lebensgefährten), und die Angehörigen ersten Grades gleichgestellt, wenn sie von gegen die Verfolgten gerichteten Verfolgungsmaßnahmen mit betroffen waren. Das setzt in der Regel voraus, dass die Hinterbliebenen schon zum Zeitpunkt der Willkürmaßnahmen das Schicksal der Verfolgten geteilt haben.

Sofern eine Verfolgte oder ein Verfolgter vor dem erstmaligen Empfang einer Leistung verstirbt, nachdem der Beirat die Bewilligung empfohlen hat, kann den Hinterbliebenen auf Antrag eine Leistung in Höhe von 1.030 € gewährt werden.

Die Hilfe ist Ausdruck der öffentlichen Anerkennung des Unrechts, das die Empfängerinnen und Empfänger als NS-Verfolgte erlitten haben. Sie soll ihnen als Ausgleich für das erlittene Unrecht zugute kommen und nicht zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts dienen. Sie wird in Form einmaliger oder laufender finanzieller Leistungen gewährt. Ein Rechtsanspruch auf Hilfe besteht nicht.

1.2 Von den Leistungen ausgeschlossen ist jedoch, wer Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen gewesen ist oder der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Vorschub geleistet hat; die nominelle Mitgliedschaft in der NSDAP oder in einer ihrer Gliederungen schließt den Anspruch auf Entschädigung nicht aus, wenn die oder der Verfolgte unter Einsatz von Freiheit, Leib oder Leben den Nationalsozialismus bekämpft hat und deswegen verfolgt worden ist.

2. Wohnsitzvoraussetzungen

Leistungen können an Personen gewährt werden, die ihren Wohnsitz im letzten Jahr vor der Entscheidung über ihren Antrag in der Bundesrepublik Deutschland sowie in den letzten drei Monaten in Niedersachsen hatten und ihn dort zum Zeitpunkt der Entschädigung noch haben. Die Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt auch, wer

  • als Deutsche oder Deutscher oder deutsche Volkszugehörige oder deutscher Volkszugehöriger erst innerhalb des letzten Jahres vor der Antragstellung erstmals einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland und diesen in Niedersachsen begründet hat (z.B. Übersiedlerinnen, Übersiedler, Aussiedlerinnen, Aussiedler),

  • lediglich aus zwingenden krankheitsbedingten oder pflegerischen Gründen den Wohnsitz aus Niedersachsen wegverlegt hat oder

  • als Person ohne Aufenthaltsbestimmungsrecht seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Verlustes dieses Rechts mindestens fünf Jahre in Niedersachsen hatte.

Sofern die Zahlung einer laufenden Leistung aus einem Härtefonds oder von einer Stiftung eines anderen Landes aufgrund des Wohnsitzwechsels nach Niedersachsen eingestellt wird, kann die Leistung ab Antragstellung unter Anpassung an diese Richtlinien weitergewährt werden.

3. Zu berücksichtigender Schaden

Die Hilfe wird Personen gewährt, deren Verfolgung mit Freiheitsentzug oder –beschränkung oder gesundheitlichen Schäden verbunden war. In Ausnahmefällen kann die Hilfe auch bei anderen gravierenden Schäden gewährt werden.

4. Umfang der Leistungen

Bei der Entscheidung über die Hilfe sind insbesondere zu berücksichtigen:

  • Art, Schwere und Auswirkungen der Verfolgung,

  • die aktuelle persönliche und wirtschaftliche Lage der oder des Verfolgten,

  • Geldleistungen, die die oder der Verfolgte bereits nach Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Bundes oder eines Landes oder seitens einer mit gleicher Zweckbestimmung errichteten Stiftung erhalten hat oder erhält.

4.1 Der Höchstbetrag für eine einmalige Leistung beträgt 4.100 €, in außergewöhnlichen Härtefällen 5.120 €. Eine laufende Leistung kann bis zu einem Höchstbetrag von 307 € im Monat gewährt werden. Die laufenden Leistungen sind bei wesentlicher Erhöhung der Lebenshaltungskosten entsprechend anzupassen.

Eine laufende Beihilfe soll gewährt werden, wenn die oder der Verfolgte ein schweres Verfolgungsschicksal hatte und eine einmalige Leistung wegen ihrer oder seiner wirtschaftlichen Lage nicht ausreichend erscheint.

4.2 Eine einmalige Hilfe soll nicht gewährt werden, wenn die oder der Verfolgte wegen der Verfolgung bereits Leistungen in nicht nur geringem Umfang erhalten hat oder für solche Leistungen nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Bundes oder eines Landes in Betracht kommt.

Eine laufende Hilfe wird nicht gewährt, wenn die oder der Verfolgte wegen der Verfolgung bereits laufende Leistungen in nicht geringem Umfang erhält. Wenn die oder der Verfolgte laufende Leistungen wegen der Verfolgung zwar nicht erhält, aber dafür nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Bundes oder eines Landes in Betracht kommt und ein entsprechender Antrag gestellt wurde, darf laufende Hilfe zunächst nur befristet für höchstens sechs Monate gewährt werden. Befristete Verlängerungen sind möglich, wenn während des vorausgehenden Befristungszeitraumes noch nicht geklärt werden konnte, ob die oder der Verfolgte die laufende Leistung, für die sie oder er in Betracht kommt, tatsächlich erhalten wird.

4.3 Eine Beihilfe kann in der Regel ferner nicht gewährt werden, wenn die Netto-Einkünfte die jeweiligen Freibeträge des § 34 Abs. 3 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes unter Berücksichtigung des Familienstandes und der zuschlagsberechtigten Kinder übersteigen.

5. Verfahren

5.1 Leistungen nach diesen Richtlinien werden auf Antrag gewährt.

Der Antrag ist bei

Oberfinanzdirektion Niedersachsen
Landesweite Bezüge- und Versorgungsstelle
Referat LBV 12 - Servicestelle Recht, Öffentlichkeitsarbeit, Wiedergutmachung, Beihilfe -
Auestraße 14
30449 Hannover
Telefon: 0511/ 925-0

www.ofd.niedersachsen.de

schriftlich oder zur Niederschrift zu stellen.

Die durch nationalsozialistische Unrechtsmaßnahmen verursachten Freiheits- und/oder Gesundheitsschäden sind darzustellen und durch geeignete Mittel glaubhaft zu machen. Wenn den Betroffenen ausreichende Mittel zur Glaubhaftmachung nicht zur Verfügung stehen, genügt auch die Benennung und Bezeichnung entsprechender Mittel, verbunden mit der Ermächtigung an die Entschädigungsbehörde, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen und Nachforschungen durchzuführen sowie die betroffenen Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen und Einrichtungen von ihrer Geheimhaltungspflicht zu entbinden. Weiter sind dem Antrag die zur Beurteilung der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Lage der Antragstellerinnen und Antragsteller erforderlichen Nachweise beizufügen (z. B. Meldebescheinigung, Gehaltsbescheinigung, Steuer- und Rentenbescheide, ärztliche Atteste). Soweit bereits Entschädigungen von anderer Seite (Wiedergutmachung, Entschädigung nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz, Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz, Leistungen aus einem Härtefonds des Bundes oder eines Landes) geleistet wurden, sind entsprechende Nachweise beizufügen.

5.2 Über die Vergabe der Leistungen entscheidet das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung nach Anhörung des bei dieser Behörde gebildeten Beirates. Die Mitglieder des Beirates werden vom Ministerium für Inneres und Sport berufen. Hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Beiratsmitglieder und des Verfahrens im Beirat sind die Vorschriften des Teils VII des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend anzuwenden. Das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung führt die Geschäfte des Beirates.

5.3 Das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung unterbreitet dem Beirat zu jedem Antrag einen Entscheidungsvorschlag. Eine Vertreterin oder ein Vertreter der Behörde nimmt an den Sitzungen des Beirates teil und erläutert ggf. den Entscheidungsvorschlag.

6. Bescheid

Die Entscheidung ist der Antragstellerin oder dem Antragsteller durch Bescheid mitzuteilen; sofern dem Antrag nicht oder nicht in vollem Umfang entsprochen wird, ist sie zu begründen. Der Bescheid ist ferner mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

Wird gegen einen ablehnenden Bescheid Widerspruch erhoben, so ist der Beirat vor der Entscheidung über den Widerspruch erneut anzuhören.

7. Rückforderung

Zu Unrecht erlangte Zuwendungsbeträge sind zurückzufordern. § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist entsprechend anzuwenden. Auf die Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen verzichtet werden.

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