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Hausdurchsuchungen während Castortransport 2010

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2010; Fragestunde Nr. 25


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Manfred Sohn (LINKE); es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Von Betroffenen, Anwälten und anderen Zeugen wurden übereinstimmend mehrere Hausdurchsuchungen u. a. in Grippel und Zadrau beschrieben. Dabei wurden laut Aussagen u. a. von Anwälten trotz mehrfachen Nachfragens keine Erklärungen seitens der Einsatzkräfte für ihre Maßnahme abgegeben, keine Durchsuchungsbeschlüsse vorgewiesen und auch keine anderen Rechtsgrundlagen erläutert bzw. Rechtsbelehrungen abgegeben.

Die Einsatzkräfte wiesen sich nicht aus, waren weitgehend vermummt, wiesen keinerlei Kennzeichnungen an ihren Uniformen auf, die eine nachträgliche Identifizierung ermöglichen würden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wo, wann und zu welchem Zweck wurden von welchen Einsatzkräften Hausdurchsuchungen vorgenommen?
  2. Auf welcher Rechtsbasis erfolgten diese Maßnahmen, und warum wurde es unterlassen, die Maßnahme den Betroffenen zu erklären, sich auszuweisen, einen Durchsuchungsbeschluss vorzuweisen, Rechtsbelehrungen zu geben?
  3. Aufgrund welcher Erkenntnisse wurden die Durchsuchungen konkret angeordnet, und welche Ergebnisse ergaben sich aus den Durchsuchungen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu der vorliegenden Anfrage habe ich die Polizeidirektion Lüneburg als verantwortliche Polizeibehörde für die Einsatzmaßnahmen der niedersächsischen Polizei aus Anlass des Castortransportes nach Gorleben um Stellungnahme gebeten.

Nach dem Bericht dieser Behörde sind mit thematischem Bezug zu der Anfrage drei Durchsuchungen gemäß §§ 24 Abs.2 Nr. 2, 25 Nds. SOG durchgeführt worden.

Ausgangslage für alle drei Durchsuchungen waren die Erkenntnisse aus zurückliegenden Castortransportdurchführungen, in deren Verlauf es jeweils Blockaden der Straßentransport-strecke gegeben hatte. Hierfür verwandte Blockademittel waren jeweils kurzfristig auf die Transportroute verbracht worden. Der geringe hierfür benötigte Zeitansatz legt den Schluss nahe, dass diese jeweils auf anliegenden Grundstücken bereitgestellt und von dort auf die Fahrbahn transportiert worden waren.

Im weiteren Verlauf hatten sich jeweils Personen an den Blockademitteln festgekettet.

Nur mit erheblichem Aufwand konnten diese Blockaden beseitigt werden.

Eine Blockade des Castortransportes stellt unter Umständen eine Straftat gemäß §§ 240, 315 b StGB dar.

Ferner können beim Einsatz derartiger technischer Blockademittel erhebliche Gefahren für die Gesundheit von Blockierern als auch von Blockierten und eingesetzten Polizeibeamten entstehen. Dieses sowohl durch das bereitete Hindernis an sich als auch durch die notwendigen Arbeiten zum Lösen von Ankettungen bzw. zum Beseitigen der Blockaden.

Im Hinblick auf die durchsuchten Objekte hatten sich zusätzlich zu der o. g. Ausgangslage konkrete Erkenntnisse ergeben, die die Annahme rechtfertigten, dass dort Gegenstände vorgehalten werden, die unmittelbar bevorstehend zu einer Blockade oder Sabotage der Straßentransportstrecke genutzt werden sollen. Nach diesen Gegenständen wurde jeweils gesucht, um sie gemäß § 26 Nr. 2 Nds. SOG sicherstellen zu können.

Zu den Durchsuchungen im Einzelnen:

1. Objekt - Groß Gusborn:

Am 08.11.2010, gegen 17.25 Uhr, wurde ein zurzeit leerstehendes Haus in Groß Gusborn durch Einsatzkräfte der Polizei durchsucht.

Basierend auf vorherigen Ermittlungen begründeten Tatsachen die Annahme, dass sich in dem Haus Gegenstände befinden, die für Sabotagen an der Transportstrecke geeignet wären. Insbesondere bestand der Verdacht, dass in bereits von außen sichtbaren Metallbehältern Flüssigkleber gelagert würde, mit dem Blockademittel kraftschlüssig mit der Fahrbahnoberfläche verbunden werden sollten.

Der Antrag auf Durchsuchung gemäß §§ 24 Abs. 2 Nr. 2 und 25 Nds. SOG ist durch die Polizei um 16.25 Uhr beim Amtsgericht Dannenberg gestellt worden. Dieses erließ fernmündlich um 16.43 Uhr einen Durchsuchungsbeschluss.

Ein Verantwortlicher für das Gebäude war bei der Durchsuchungsmaßnahme nicht vor Ort.

Die Durchsuchung führte zum Auffinden von vier 25 Liter Kanistern mit einer Flüssigkeit, die durch technisches Personal analysiert wurde. Dieses ergab, dass es sich bei der Flüssigkeit um einen chemischen Reiniger handelte, der nicht geeignet war, Manipulationen am Straßenkörper durchzuführen. Die Behälter wurden daher im Gebäude belassen.

2. Objekt - Grippel:

Am 08.11.2010, gegen 16.50 Uhr, wurde ein Grundstück in Grippel von Einsatzkräften der Polizei betreten und ein Anhänger, welcher dort hinter einem Traktor gespannt unter einem Schleppdach stand, durchsucht.

Wegen Gefahr im Verzuge erfolgte die Durchsuchung auf Anordnung des Leiters Führungsstab des Einsatzabschnittes Lüchow-Dannenberg. Grund hierfür waren Erkenntnisse aus vorangegangenen Castortransporten sowie aktuelle Aufklärungserkenntnisse, die die Annahme rechtfertigten, dass sich auf dem Anhänger ein Blockademittel befinden könnte, das unmittelbar bevorstehend als Hindernis auf die Transportroute aufgebracht werden sollte.

Rechtsgrundlage für die Maßnahme waren die §§ 24 Abs. 2 Nr. 2, 25 Nds. SOG.

Während der Durchsuchung waren mehrere Personen anwesend, die aber angaben, nicht Verfügungsberechtigte für das Grundstück zu sein. Ein Berechtigter traf erst kurz nach Ende der Durchsuchung ein. Diesem wurde eine Niederschrift über die Durchsuchung ausgehändigt.

Die Maßnahme führte nicht zum Auffinden eines Blockademittels.

3. Objekt - Langendorf:

Am 08.11.2010, gegen 17.25 Uhr, wurde ein Grundstück in Langendorf von Einsatzkräften der Polizei betreten und zwei darauf befindliche Nebengebäude durchsucht. Das von außen einseh-bare Hauptgebäude wurde nicht betreten.

Die Durchsuchung diente dem Auffinden technischer Blockademittel, die als Hindernis auf die Transportroute hätten aufgebracht werden können. Aktuelle Aufklärungserkenntnisse begründeten die Annahme, dass solche Gegenstände dort bereitgestellt seien und sie unmittelbar bevorstehend als Hindernis auf die Transportroute gebracht werden könnten.

Wegen Gefahr im Verzuge erfolgte die Durchsuchung auf Anordnung des Leiters des Unterabschnittes Gartow im Einsatzabschnitt Lüchow-Dannenberg.

Die Rechtsgrundlage für die Maßnahme bildeten die §§ 24 Abs. 2 Nr. 2, 25 Nds. SOG.

Der Eigentümer war nicht vor Ort. Er ist über die Durchsuchung informiert worden.

Die Maßnahme führte nicht zum Auffinden eines Blockademittels.

Im Ort Zadrau sind Durchsuchungsmaßnahmen durch die Polizeidirektion Lüneburg nicht veranlasst bzw. durchgeführt worden.

Alle Durchsuchungen erfolgten durch Einsatzkräfte des für die Durchsuchungsorte zuständigen Einsatzabschnittes Lüchow-Dannenberg und hier der Unterabschnitte Gusborn bzw. Gartow.

Die Kräfte trugen Einsatzanzüge der Polizei, waren somit als Polizeibeamtinnen/-beamte erkennbar. Eine namentliche oder numerische Kennzeichnung von Einsatzkräften ist nicht vorgesehen.

Die in Grippel eingesetzten Durchsuchungskräfte trugen überwiegend neben Helm mit Kinnschutz auch Brandschutzhauben. Dieses gilt nicht für den polizeilich verantwortlichen Einsatzleiter vor Ort.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. bis 3.:

Siehe Vorbemerkung.

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erstellt am:
10.12.2010

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