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Kriminalitätsbekämpfung im Landkreis Osterholz

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.05.2005; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Robbert (SPD)


Der Abgeordnete hatte gefragt:

"Haben Ganoven im Landkreis Osterholz bessere Chancen als anderswo, mit ihren Straftaten ungeschoren davonzukommen? Auf diese Idee könnte man bei einem Blick auf die Kriminalstatistik für 2004 kommen. Um über sechs Prozentpunkte ist die Aufklärungsquote der Osterholzer Polizei im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen", schreibt der Weser Kurier/Osterholzer Kreisblatt am 12. April 2005.

Der bei der am 24. April 2005 in Verden stattfindenden Landratswahl für die CDU kandidierende zuständige Inspektionsleiter führte diesen Rück-gang der Aufklärungsquote des Osterholzer Polizeikommissariats, das seit Dezember 2004 mit Verden eine gemeinsame Inspektion bildet, auf die von Innenminister Schünemann zu verantwortende Polizeiumorgani-sation zurück: Osterholz habe nicht nur seinen Inspektionssitz abgeben müssen, es sei auch zu Stellenverlagerungen gekommen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche konkreten organisatorischen und personellen Veränderungen und Zuständigkeitsverlagerungen wurden im Zuge der Umorganisation der Polizei im Landkreis Osterholz durchgeführt?

2. Wie und gegebenenfalls unter welchen konkreten personellen oder organisatorischen Konsequenzen will die Landesregierung verhindern, dass sich die Aufklärungsquote im Landkreis Osterholz infolge der

Umorganisation der Polizei und des damit verbundenen Abzugs von qualifiziertem Personal in den folgenden Jahren weiter verschlechtert?

3. In welchen anderen Landkreisen/kreisfreien Städten hat sich die polizeiliche Aufklärungsquote im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, und welche dieser Landkreise/kreisfreien Städte sind infolge der Umorganisation der Polizei nicht mehr Sitz einer Polizeiinspektion?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Die Umorganisation der Polizei des Landes Niedersachsen ist auf Behördenebene zum 01.11.2004 und auf Ebene der nachgeordneten Dienststellen zum 01.12.2004 umgesetzt wor-den. Bei einer Betrachtung der Kriminalitätsentwicklung und der Aufklärungsquote im Landkreis Osterholz im Jahr 2004 ist zunächst festzustellen, dass in einem Zeitraum von elf Monaten die dortige Polizei noch in der alten Form organisiert war. Vor diesem Hintergrund ist es von vornhe-rein abwegig, den Grund für die dortige negative Entwicklung der Aufklärungsquote in der Umorganisation zu suchen. Darüber hinaus ist 2004 – im Jahr der landesweiten Umorganisation der Polizei – die Aufklärungsquote in Niedersachsen insgesamt erneut auf einen Rekordwert gestie-gen. Für eine Beurteilung der Entwicklung im Landkreis Osterholz ist daher eine genauere Betrachtung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erforderlich.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik dient der

? Beobachtung der Kriminalität und einzelner Deliktsarten, des Umfangs und der Zusammensetzung des Tatverdächtigenkreises sowie der Veränderung von Kriminalitätsquotienten,

? Erlangung von Erkenntnissen für vorbeugende und verfolgende Kriminalitätsbekämpfung, organisatorische Planungen und Entscheidungen sowie kriminologisch-soziologische Forschungen und kriminalpolitische Maßnahmen.

Die PKS kann naturgemäß nur die Entwicklung der registrierten Straftaten widerspiegeln, das Dunkelfeld bleibt unberücksichtigt. So kann sich z.B. die Grenze zwischen Hell- und Dunkelfeld verschieben, wenn sich das Anzeigeverhalten der Bevölkerung oder die Verfolgungsintensität der Polizei verändern, ohne dass damit eine Änderung des tatsächlichen Kriminalitätsauf-kommens verbunden sein muss. Zum Teil nicht unerhebliche Schwankungen in den Fallzahlen und der Aufklärungsquote im Jahresvergleich, z.B. bedingt durch Großverfahren oder Schwer-punktmaßnahmen, machen Langzeitvergleiche erforderlich, um aktuelle Entwicklungstendenzen einordnen und bewerten zu können.

Eine detaillierte Auswertung der PKS für den Landkreis Osterholz macht deutlich, dass sich die – entgegen dem Landestrend – rückgängige Aufklärungsquote insbesondere auf die zahlenmäßig starken, aber aufklärungsungünstigen Delikte zurückführen lässt. So ist die Anzahl der Fahrrad-diebstähle, die einen Anteil von immerhin 13,7% aller Straftaten in diesem Landkreis ausma-chen, im Vergleich zum Vorjahr um 25,3% gestiegen. Die Aufklärungsquote in diesem Deliktsfeld lag dort im Jahr 2004 bei lediglich 5,8%. Hierdurch wurde die Gesamtaufklärungsquote in Oster-holz – auch im Vergleich zum Jahr 2003 – erheblich reduziert. In einem geringeren Ausmaß ist diese Wirkung auch im Bereich der Sachbeschädigung erkennbar. Demgegenüber kann sich auch ein an sich positiver Trend negativ auf die Aufklärungsquote auswirken: 84,05% der Ver-mögens- und Fälschungsdelikte wurden 2004 im Landkreis Osterholz aufgeklärt. Ihr – als überaus positiv zu bewertender – Rückgang um 16% gegenüber dem Jahr 2003 wirkt sich letztlich jedoch bei einem Jahresvergleich der Gesamtaufklärungsquote negativ aus.

Diese Aspekte verdeutlichen die Notwendigkeit, auffällige Entwicklungen in der PKS näher zu beleuchten. Pauschale Behauptungen sind fehl am Platz. Ein Zusammenhang mit der Ende 2004 durchgeführten Umorganisation ist nicht erkennbar.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Im Rahmen der Umorganisation der Polizei ist die frühere Polizeiinspektion Osterholz in ein Polizeikommissariat umgewandelt und der neuen Polizeiinspektion Verden/Osterholz zugeordnet worden. Neben drei bereits vorhandenen Polizeistationen im Landkreis Osterholz sind die bis-herigen drei Polizeikommissariate mit Bedarfsdienst in Lilienthal, Ritterhude und Schwanewede nunmehr ebenfalls als Polizeistationen dem Polizeikommissariat Osterholz zugeordnet. Gleichzeitig sind Bearbeitungszuständigkeiten von der Polizei in Lilienthal, Ritterhude und Schwanewede zum Polizeikommissariat in Osterholz verlagert worden. Außerdem werden nunmehr Tötungsdelikte, schwere Brand- und Sexualdelikte sowie herausragende Fälle der Eigen-tums- und Wirtschaftskriminalität nicht mehr in Osterholz sondern vom Zentralen Kriminaldienst der Polizeiinspektion Verden / Osterholz bearbeitet.

Einhergehend mit diesen Zuständigkeitsverlagerungen sind Planstellen – auf der Grundlage des belastungsorientierten Verteilungsmodells – von den Polizeistationen zum Polizeikommissariat Osterholz und von dort zur Polizeiinspektion verlagert worden. Darüber hinaus werden infolge der Umorganisation bestimmte Aufgaben zentral von Verden aus für den gesamten Inspektions-bereich – einschließlich des Landkreises Osterholz – wahrgenommen. Hierzu gehören vor allem Stabstätigkeiten, aber auch die spezialisierte Tatortaufnahme, Fahndung, die spezialisierte Verkehrsüberwachung, die Bewältigung besonderer Einsatzlagen und sonstige Schwerpunkt-aufgaben. Durch eine Zusammenfassung des Personals auf dieser Ebene werden Effizienz und Effektivität der polizeilichen Arbeit gesteigert. Vor diesem Hintergrund wurden summarisch neun Planstellen der heutigen Polizeistationen und ca. 16 Planstellen des Polizeikommissariates Osterholz im Wesentlichen auf die Ebene der Polizeiinspektion verlagert. Dabei ist der Rund-um-die-Uhr-Dienst sowie der Ermittlungsbereich des Polizeikommissariates Osterholz im Vergleichs-zeitraum um lediglich ca. eine halbe Stelle gegenüber den vergleichbar vorherigen Organisationseinheiten reduziert worden.

Zu 2.:

Lag die Gesamtaufklärungsquote für den Landkreis Osterholz im 1. Quartal 2004 bei 47,02%, wurde für den Vergleichszeitraum 2005 bereits ein Wert von 48,75% erreicht. Gegenüber dem Jahreswert 2004 (45,71%) ergibt sich sogar eine Steigerung um 3,04%. Dies entspricht einer der Zielsetzungen der Umorganisation der Polizei, nämlich der Optimierung der Kriminalitätsbe-kämpfung. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung sehe ich keinen Handlungsbedarf im Sinne der Fragestellung.

Zu 3.:

Einleitend zu dieser Frage sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Aufklärungsquote landesweit im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in 21 Landkreisen / kreisfreien Städten sowie der Region Hannover sich die Aufklärungsquote ver-bessert hat. In 24 Landkreisen / kreisfreien Städten hat sich die Aufklärungsquote 2004 im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. Davon sind elf Landkreise nicht mehr Sitz einer Polizei-inspektion. Eine detaillierte Auflistung ist als Anlage beigefügt.

Anlage

In folgenden Landkreisen / kreisfreien Städten hat sich die Aufklärungsquote 2004 im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert:

Landkreis / kreisfreie Stadt Sitz einer Polizeiinspektion

Stadt Braunschweig Ja

Landkreis Peine Nein

Stadt Salzgitter Ja

Landkreis Gifhorn Ja

Landkreis Helmstedt Nein

Landkreis Celle Ja

Landkreis Lüneburg Ja

Landkreis Lüchow-Dannenberg Nein

Landkreis Uelzen Nein

Landkreis Rotenburg (Wümme) Ja

Landkreis Stade Ja

Landkreis Cuxhaven Ja

Landkreis Wesermarsch Nein

Stadt Delmenhorst Ja

Landkreis Oldenburg Nein

Landkreis Ammerland Nein

Landkreis Verden Ja

Landkreis Osterholz Nein

Stadt Wilhelmshaven Ja

Landkreis Wittmund Nein

Landkreis Osnabrück Nein

Landkreis Aurich Ja

Landkreis Vechta Nein

Landkreis Emsland ja

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.05.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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