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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zum Wahlrecht

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18. Mai 2017; Fragestunde Nr. 7

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

In der Neuen Presse vom 20. April 2017 („Die Doppelpass-Debatte“) sagte die Migrationsbeauftragte des Landes und Landtagsabgeordnete der SPD, Frau Doris Schröder-Köpf, auf eine Frage zum deutsch-türkischen Doppelpass: „Ich glaube, dass es ein Problem ist, wenn man in zwei Ländern wählen kann. Ich bin keine Juristin, würde mir aber wünschen, dass da mal eine Entscheidung getroffen wird. Das Wahlrecht sollte an ein Land gekoppelt sein - und zwar an das Land, in dem man hauptsächlich lebt. Es ist sonst auch nicht fair gegenüber den Menschen, die nur in einem Land wählen dürfen.“

Im Koalitionsvertrag kündigten die SPD Niedersachsen und Bündnis 90/Die Grünen an, das kommunale Wahlrecht auch für Nicht-EU-Bürger und das Landeswahlrecht für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger einzuführen. Dies ist nicht geschehen. Außerdem wollten sie sich für ein unterschiedsloses Wahlrecht auf Bundesebene für alle dauerhaft hier lebenden Menschen einsetzen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Zur Teilnahme an Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie Volksabstimmungen und direkten Abstimmungen auf kommunaler Ebene sind Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 GG berechtigt; bei Europa- und Kommunalwahlen sowie bei direkten Abstimmungen auf kommunaler Ebene sind darüber hinaus auch die Personen wahl- bzw. stimmberechtigt, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union innehaben. Die Tatsache, dass eine Person neben der deutschen noch eine andere Staatsangehörigkeit (z. B. die der Türkei, des Irans, etc.) innehat, ändert an dieser Wahl- bzw. Stimmberechtigung nichts.

Die Auffassung der niedersächsischen Migrationsbeauftragen Doris Schröder-Köpf liefert einen interessanten Ansatz zum Umgang mit einem in Teilen mehrfach ausgeübten Wahlrecht von Doppelpass-Inhaberinnen und -Inhabern in verschiedenen Nationalstaaten. Die Auswirkungen dessen wurden gerade im Zuge der letzten Parlamentswahl in der Türkei und beim dortigen Verfassungsreferendum sichtbar. Genaue Zahlen darüber, wie viele der hier lebenden, wahl- bzw. stimmberechtigten Türkinnen und Türken auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und deshalb auch hierzulande wahlberechtigt sind, liegen nicht vor.

Die Fragestellung betrifft auch nicht nur das Wahlrecht. Mit dem Vorschlag sind äußerst schwierige juristische und völkerrechtliche Fragen verbunden.

Da aus dem Bestehen einer Staatsangehörigkeit die Garantie wesentlicher Bürgerrechte folgt, auch die des Wahlrechts als wichtigste Form der politischen Willensbildung eines Volkes, können in diesem Zusammenhang auftauchende „Gerechtigkeitsfragen“ nur sinnvoll im Zusammenspiel von wahlrechtlichen und staatsangehörigkeitsrechtlichen Überlegungen betrachtet werden.

1. Inwieweit gibt es Möglichkeiten des Landes oder der Bundesrepublik, das Wahlrecht in anderen Staaten einzuschränken oder auszuschließen, weil Personen mit mehrfachen Staatsangehörigkeiten sich hauptsächlich hier aufhalten?

Jeder souveräne Staat bestimmt die rechtlichen Voraussetzungen seines nationalen Wahlrechts als innere Angelegenheiten selbst. Möglichkeiten des Bundes bzw. des Landes, auf die Gesetzgebung anderer Staaten unmittelbar Einfluss zu nehmen, bestehen nicht.

Die Bundesregierung könnte allenfalls im Rahmen bilateraler Verhandlungen versuchen, durch Vereinbarungen mit anderen Staaten zu erreichen, dass diese in ihren Wahlgesetzen neben der Staatsangehörigkeit das Kriterium des ständigen Aufenthaltes als Voraussetzung normieren. Der Vollzug wäre durch geeignete Mittel zu überwachen.

Im Übrigen hat die Bundesregierung rechtlich die Möglichkeit, von ihrer langjährig geübten Praxis abzuweichen, auf dem Gebiet der Bundesrepublik die Ausübung von Hoheitsgewalt eines anderen Landes in Form der Durchführung von Wahlen (i. d. R. in den Räumen der Botschaften oder der konsularischen Vertretungen) zu genehmigen (siehe Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags „Mitwirkung einer ausländischen konsularischen Vertretung bei Wahlen und Abstimmungen des Entsendestaates“ vom
21. April 2017).

2. Welche Probleme hatte die Landesregierung bei der Umsetzung ihrer Ziele aus dem Koalitionsvertrag für die Lösung des Wahlrechts in Deutschland von der Staatsangehörigkeit?

Probleme sind der Landesregierung nicht bekannt.

3. Inwieweit soll die Staatsangehörigkeit nach Ansicht der Landesregierung mit dem Wahlrecht verbunden sein?

Gemäß Artikel 20 Abs. 2 GG geht die Staatsgewalt vom Volke aus, das diese vor allem in Form von Wahlen ausübt. Der Volksbegriff ist dabei Artikel 116 GG zu entnehmen und wird an die deutsche Staatsangehörigkeit geknüpft. Dementsprechend sind nach den deutschen Wahlgesetzen alle Deutschen – sowie nach Maßgabe des Artikels 28 Abs. 1 Satz 3 GG und § 6 Abs. 3 EuWG EU-Bürgerinnen und EU-Bürger – wahl- bzw. stimmberechtigt (s. Vorbemerkung).

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.05.2017
zuletzt aktualisiert am:
31.05.2017

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