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Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zur Ermittlungsarbeit der Behörden

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20. Februar 2015; Fragestunde Nr. 54 - Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Stefan Birkner und Gabriele König (FDP)


Die Abgeordneten hatten gefragt:

Der NDR hat in seiner Sendung „Hallo Niedersachsen“ vom 6. Januar 2014 über die anwachsende Datenflut im Zuge von Ermittlungsarbeiten berichtet. Das Internet bietet auch Kriminellen mehr Möglichkeiten, ihren Machenschaften nachzugehen. Dabei kommen Unmengen an Daten zusammen, die von den Ermittlungsbehörden gesichtet werden müssen.

Aufgrund des Zeitablaufs kann es dazu kommen, dass Staatsanwaltschaften Speichermedien bereits herausgeben müssen, ohne dass entsprechende Beweise gesichert werden konnten. Weiter kann es zu Abschlägen im Strafmaß führen, wenn die Ermittlungen zu lange angedauert haben.

Gerade der sensible Bereich der Kinderpornographie ist hiervon besonders betroffen. In Braunschweig kam es in nur einem Fall (lt. oben genanntem NDR-Bericht) zu einer erforderlichen Sichtung von zwei Millionen Bildern. In diesem Bereich ist es nunmehr zusätzlich zu einer Verschärfung des Sexualstrafrechts gekommen. Auch dies hat Auswirkungen auf die Datenmengen, die die Ermittlungsbehörden verarbeiten müssen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um diesen Zustand zu beheben?
  2. Wann werden die bereits laufenden Planungen zu dieser Problematik konkretisiert und umgesetzt?
  3. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung bezüglich der Personalkapazitäten der nächsten zehn Jahre angesichts einer sich vergrößernden Problematik?

Innenminister Boris Pistorius beantwortet namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

In fast allen Deliktsbereichen werden digitale Informations- und Kommunikationstechnologien auch von Straftätern genutzt. Im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren ist hierbei festzustellen, dass Datenträger mit immer größerem Speichervolumen vorhanden sind. Die Ermittlungsbehörden werden durch die anwachsenden Speicherkapazitäten der sichergestellten Datenträger vor besondere Herausforderungen gestellt.

Von Seiten des Landeskriminalamtes Niedersachen wird eine fortlaufende Statistik darüber geführt, die zum einen Aufschluss über das zu untersuchende Datenvolumen und zum anderen über die durchschnittliche Auswertungsdauer in Tagen bei den dezentral in den Polizeiinspektionen eingerichteten Datenverarbeitungsgruppen gibt. Der Fünf-Jahres-Vergleich macht deutlich, dass trotz eines fast vervierfachten sichergestellten Datenvolumens die durchschnittliche Auswertedauer verringert werden konnte. Dies ist nicht zuletzt deshalb gelungen, da in den letzten Jahren das Personal in den Polizeibehörden belastungsorientiert eingesetzt worden ist. In den Datenverarbeitungsgruppen wurde in den letzten Jahren das Personal erhöht. Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren insbesondere die Datenverarbeitungsgruppen mit moderner Technik ausgestattet, die eine effizientere Aufbereitung der sichergestellten Daten gewährleistet. Interne Arbeitsprozesse unterliegen hierbei einer ständigen Analyse und werden entsprechend angepasst.

In dem Bereich zur Bekämpfung von Kinderpornografie ist festzustellen, dass das Tatmedium Internet eine dominierende Rolle spielt. Der Austausch inkriminierten Bild- und Videomaterials erfolgt nahezu ausschließlich in geschlossenen Foren über das Internet. Auch in diesem Phänomenbereich sind die sichergestellten Datenmengen kontinuierlich angestiegen.

Nach der Aufbereitung der Daten in den Datenverarbeitungsgruppen erfolgt eine Klassifizierung der sichergestellten Bild- und Videodateien in den jeweiligen Fachkommissariaten der Polizeiinspektionen. Riesige Datenmengen mit zum Teil mehreren hunderttausend Bildern oder mehreren tausend Videodateien führen im Einzelfall zu Belastungsspitzen bei der Aus- und Bewertung jedes einzelnen Bildes bzw. jedes einzelnen Videos und damit zum Teil zu einer langen Bearbeitungsdauer. Dieser Deliktsbereich steht bei allen Verantwortlichen ganz besonders im ständigen Fokus der Betrachtung. Anlassbezogen werden bei Umfangsverfahren in den Dienststellen Ermittlungsgruppen eingerichtet, um eine zügigere Vorgangsbearbeitung zu gewährleisten. Bei Belastungsspitzen werden Teil- bzw. Gesamtvorgänge von anderen Dienststellen zur weiteren Bearbeitung übernommen. Um Belastungsspitzen erkennen und entsprechende Steuerung vornehmen zu können, wurde in den Polizeibehörden ein Monitoring eingerichtet.


In den letzten Jahren wurde bedarfsorientiert landesweit die Anzahl der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter Kinderpornografie erhöht. Es fanden Qualifizierungsmaßnahmen statt. Die Arbeitsplätze im Bereich der 1. Fachkommissariate wurden mit entsprechender Technik ausgestattet.

Die Staatsanwaltschaften prüfen regelmäßig den Stand der Auswertung und wirken gegenüber den Polizeibehörden auf eine zeitnahe Erledigung hin. Nur im Ausnahmefall kommt im Falle der Verzögerung der Ermittlungen überhaupt ein Abschlag bei der Strafzumessung in Betracht.

Ob und ggf. welche Auswirkungen das Neunundvierzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21. Januar 2015 auf die Menge der in Ermittlungsverfahren auszuwertenden Datenmengen hat, kann angesichts des kurzen Zeitraums seit Inkrafttreten des Gesetzes nicht beurteilt werden.


Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Siehe Vorbemerkungen.

Zu 2:

Die Bekämpfung der Cyberkriminalität stellt seit Jahren einen Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit dar. Nicht zuletzt wurde bereits im Jahre 2009 im Rahmen einer landesweit eingerichteten Arbeitsgruppe die Thematik umfassend betrachtet. Es wurden bereits vielfältige Maßnahmen initiiert, um eine professionelle Bekämpfung dieses Phänomens zu gewährleisten.

Das heutige Personal wird zum einen belastungsorientiert eingesetzt und zum anderen sind auch interdisziplinäre Allianzen erforderlich, um den Straftätern im Internet entscheidend entgegen zu treten. Ein umfassendes Aus- und Fortbildungskonzept der niedersächsischen Polizeiakademie für den Bereich Cybercrime qualifiziert fortlaufend zielgruppenorientiert das Personal der Landespolizei.

Da auch in der Zukunft im Bereich der Bekämpfung der Cyberkriminalität große Herausforderungen gesehen werden, ist in der strategischen Ausrichtung der niedersächsischen Landespolizei 2020 die Bekämpfung der Cybercrime ein Kernelement. Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen, die mit dem Phänomen verbunden sind, hat die Landesregierung am 09. Januar 2014 eine landesweite Arbeitsgruppe (LAG) mit dem Ziel eingesetzt, technische, organisatorische und personelle Anpassungen zu prüfen und zukunftsorientierte Empfehlungen auszusprechen. Der Abschlussbericht dieser LAG wurde dem Landespolizeipräsidium am 12. Januar 2015 vorgelegt und wird aktuell geprüft und einer Bewertung unterzogen.

Zu 3.:

Siehe Antwort zu Frage 2

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2015

Ansprechpartner/in:
Pressestelle

Nds. Ministerium für Inneres und Sport
Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
Lavesallee 6
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6258/ -6255
Fax: 0511/120-6555

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