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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu minderjährigen Flüchtlingen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20. Februar 2015; Fragestunde Nr. 36 Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ansgar Focke (CDU)


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Die Welt berichtete am 15. Januar 2015, dass sich in Hamburg im Jahr 2014 131 minderjährige Flüchtlinge der staatlichen Obhut durch Verlassen der zuständigen Einrichtungen entzogen hätten.

Der hamburgerische Landesjugendbeauftragte der Polizei, Reinhold Thiede, sagte laut Welt: „Diese Jugendlichen haben keine Scheu, Grenzen zu überwinden. Wenn es ihnen irgendwo nicht gefällt, dann wechseln sie (zur Not zu Fuß) die Stadt.“ Laut Thiede gebe es immer wieder Fälle, in denen vermisst gemeldete junge Flüchtlinge in einem anderen Bundesland im Zusammenhang mit einer Straftat unter einem anderen Namen aufgegriffen worden seien. Dass es sich um denselben Jugendlichen handle, könne dann nur anhand der Fingerabdrücke erkannt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Vermisstenfälle junger Flüchtlinge sind der Landesregierung für das Jahr 2014 in Niedersachsen bekannt?

2. Welche konkreten Maßnahmen verfolgt die Landesregierung zur Betreuung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge?

3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, ob aus Hamburg, auch zu Teil zu Fuß, junge Flüchtlinge nach Niedersachsen kommen?

Innenminister Boris Pistorius beantwortet namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Der Abgeordnete Focke bezieht sich in seiner Anfrage auf einen Zeitungsartikel der Welt vom 15. Januar 2015, dessen Grundlage die Antwort auf eine Senatsanfrage der FDP ist. Danach werden 131 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge aus Hamburg, die unter Obhut standen, vermisst. Über den Verbleib der Jugendlichen sei den Behörden und der Polizei in Hamburg nichts bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass die Vermissten bereits an einen anderen Ort in Deutschland oder Europa weitergereist sind.

Laut dem Artikel der Welt erklärte der Landesjugendbeauftragte der Hamburger Polizei, dass das Problem verschwundener minderjähriger Flüchtlinge immer wieder auftauche. Die Jugendlichen hätten keine Scheu, Grenzen zu überwinden. Wenn es ihnen irgendwo nicht gefalle, dann wechselten sie die Stadt, zur Not zu Fuß. Persönliche Bindungen, die sie halten würden, hätten sie nicht. Daher gebe es immer wieder Fälle, in denen minderjährige Flüchtlinge als vermisst gemeldet und dann in einem anderen Bundesland im Zusammenhang mit einer Straftat und unter einem anderen Namen aufgegriffen würden.

Die Hamburger Polizei plädiert deshalb für ein europaweites Erfassungssystem für minderjährige Flüchtlinge. So könnte beispielsweise der Fingerabdruck gespeichert werden, um vermisste jugendliche Flüchtlinge aufzuspüren.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Jährlich werden der Polizei Niedersachsen ca. 6.000 Minderjährige als vermisst gemeldet. Es ist nicht bekannt, wie viele dieser Fälle minderjährige unbegleitete Flüchtlinge betreffen.

Zu 2.:

Die Landkreise und kreisfreien Städte nehmen die Tätigkeit auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe als Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen des eigenen Wirkungskreises der Kommunen als Selbstverwaltungsaufgabe wahr. Die Jugendämter sind gemäß § 42 Abs. 1 Ziffer 3 SGB VIII berechtigt und verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen, das/der ohne Personen- oder Erziehungsberechtigten unbegleitet nach Deutschland einreist, in Obhut zu nehmen. Zuständig ist das Jugendamt, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche tatsächlich aufhält. Die Jugendämter gewähren den ausländischen Kindern und Jugendlichen Erstversorgung und sozialpädagogische Betreuung und bringen sie nach § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII bei einer geeigneten Person, Einrichtung oder sonstigen Wohnform vorläufig unter. Die Inobhutnahme endet gemäß § 42 Abs. 4 SGB VIII mit der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bzw. der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch. Werden im Anschluss an die Inobhutnahme Hilfen zur Erziehung gewährt, erfolgen diese in der Regel in stationärer Form. In der stationären Jugendhilfemaßnahme liegt der Schwerpunkt der Unterstützung darin, die Minderjährigen mit Sozialkompetenzen, Sprachkenntnissen und Beschulung zu fördern.

Zu 3.:

Am 17. Januar dieses Jahres kam es nach Einbruchsdiebstählen in Buxtehude zur Festnahme von zwei minderjährigen Personen. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass es sich um unbegleitete Flüchtlinge handelte, die aus der Jugendnotaufnahmestelle des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) Hamburg stammten. Weitere Fälle im Sinne der Anfrage sind nicht bekannt.

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erstellt am:
20.02.2015

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