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Beantwortung der Mündl. Anfrage der SPD zu Aktivitäten von „Legion Bremen“ und „Standarte Bremen“ in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18. Dezember 2014; Fragestunde Nr. 79

Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündliche Anfrage der Abgeordneten

Marco Brunotte, Luzia Moldenhauer und Axel Brammer (SPD)

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Der Motorradclub „Legion Bremen“ hat sein Hauptquartier in Brinkum im Restaurant „Roadhouse 6“.

Bekanntestes Mitglied der „Legion Bremen“ ist ein Delmenhorster, der einen Limousinen-Service betreibt. Einer seiner Mitarbeiter ist ehemaliger Vorsitzender der NPD im Kreis Verden. Bei einer Motorrad-Ausfahrt stand auf der Harley-Davidson des Delmenhorsters der Schriftzug „Support 81“ - eine Aussage für die Hells Angels. Im Jahr 2010 fuhr er bei einer Beerdigung im Konvoi der Hells Angels mit.

Der Delmenhorster ist auch Mitglied der rechten Hooligan-Gruppierung „Standarte Bremen“. Als einer der Köpfe der Hooligans gilt der Sänger der Neonazi-Band „Kategorie C“. „Kategorie C“ lieferte mit dem Song „Hooligans gegen Salafisten“ den Soundtrack für die Gruppierung „HoGeSa“. Die „Standarte Bremen“ fällt immer wieder durch gewalttätige Übergriffe auf: So überfielen Mitglieder eine Feier von Werder-Bremen-Fangruppen im Ostkurvensaal, im Mai 2012 griffen sie das Jugendzentrum „Wohnwelt“ in Wunstorf an, und auch an der „HoGeSa“-Demonstration am 26. Oktober 2014 in Köln nahmen sie teil.

Immer wieder nehmen Mitglieder der „Legion Bremen“ an rechtsextremen Veranstaltungen teil. Bei einer Mahnwache in Weyhe im Frühjahr 2013 versuchten Neonazis diese zu stören. Unter den Störern waren der Webmaster der „Legion Bremen“ sowie der Geschäftsführer des „Roadhouse 6“.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Aktivitäten von „Legion Bremen“ und „Standarte Bremen“ in Niedersachsen?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammenarbeit von Hooligans, Neonazis und Rockern im Bremer Umland?

3. Mit welchen Maßnahmen begegnet die Landesregierung den Aktivitäten von „Legion Bremen“ und „Standarte Bremen“?

Innenminister Boris Pistorius beantwortet namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Im „Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus/ Rechtsterrorismus“ (GAR) der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder wurde unlängst das Lagebild aus dem Jahr 2013 zu „Verbindungen zwischen rechtsextremistischer Szene und Rockergruppierungen“ aktualisiert. In diesem Lagebild sind die Erkenntnisse der beteiligten Behörden zu Verbindungen, Einflussmöglichkeiten und Gefährdungsaspekten aus Kontakten und Vernetzungsstrukturen zwischen Rockern und Rechtsextremisten zusammengeführt. Dem Fazit des Lagebildes nach handelt es sich bei den Verbindungen zwischen der rechtsextremistischen und der Rockerszene um punktuelle Kooperationen, freundschaftliche Verhältnisse von Einzelpersonen und wirtschaftliche Interessen. Eine sich aus diesen Verbindungen ergebende Gefährdungslage ist derzeit nicht erkennbar. Dennoch stehen die relevanten Verbindungen weiterhin im Fokus sowohl von Polizei- als auch Verfassungsschutzbehörden.

Auch in Niedersachsen liegen über vereinzelte persönliche Bekanntschaften hinaus keine Erkenntnisse über strukturelle Verbindungen zwischen Rockern und der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen einschließlich des Bremer Umlandes vor. Gleichwohl liegen über einzelne Mitglieder der „Legion Bremen“ polizeiliche Erkenntnisse als rechtsmotivierte Straftäter vor. Darüber hinaus beteiligten sich Mitglieder der „Legion Bremen“ an den rechtspopulistischen Protesten anlässlich des Todes eines 21-Jährigen in Weyhe im Frühjahr 2013.

Schon die Zusammensetzung der in Rede stehenden Gruppierungen sowie die vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse zu einigen dieser Personen sind für die zuständigen Polizeidienststellen Anlass, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Maßnahmen analog den zur Bekämpfung der Rockerkriminalität entwickelten Bekämpfungskonzepten aufrechtzuerhalten.

Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Gefahrenabwehr sowie der Erkenntnisgewinnung hinsichtlich potenzieller Zusammenschlüsse von Personen aus den Bereichen des kriminellen Rockermilieus mit denen aus der politisch rechtsmotivierten Szene. Zur Beurteilung der relevanten Szene im Bremer Umland findet ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen der Bremer und der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde als auch auf Ebene der Polizeibehörden statt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung auf Grundlage der Berichterstattung des Landeskriminalamtes Niedersachsen und der Polizeidirektion Oldenburg wie folgt:

Zu 1.:

Der „Legion Bremen“ und ihrem Umfeld werden derzeit rund 35 Personen zugerechnet, davon haben 25 Personen ihren Wohnort in Niedersachsen. Zu 15 Personen liegen kriminalpolizeiliche Erkenntnisse vor, hauptsächlich wegen Rohheits- und Eigentumsdelikten, aber u. a. auch wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Vier der derzeit bekannten Personen werden als „Gewalttäter Sport“ geführt. Einzelne Mitglieder der „Legion“ waren Mitglied des mittlerweile nicht mehr existenten Red Devils MC „West Side“. Der Red Devils MC gilt als offizieller Unterstützerclub der Hells Angels.

Die seit dem Jahr 2012 bekannte Gruppierung „Legion Bremen“ ist polizeilich insbesondere durch diverse Clubabende und Teilnahmen an überregionalen Veranstaltungen in Erscheinung getreten. In diesem Zusammenhang kam es in Niedersachsen bislang zu keinerlei strafrechtlich relevanten Vorfällen. An den besagten Clubabenden nahmen in der Vergangenheit auch Mitglieder verschiedener Hells Angels Charter teil.

Regelmäßiger Treffpunkt ist das Anfang 2013 bezogene Vereinsheim in der Bremer Straße in Weyhe. Im Erdgeschoss befindet sich hier das Restaurant „Roadhouse Route 6“. Die eigentlichen Clubräume des Vereins befinden sich im Obergeschoss des Objektes über dem Gastraum.

Die „Standarte Bremen“ ist ein Zusammenschluss von mehreren Personen, der seine Angehörigen hauptsächlich aus dem Bremer Hooligan-Milieu rekrutiert. Einzelne Personen dieser Verbindung haben ihren Wohnsitz im Bremer Umland und somit im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Oldenburg. Der Aktionsradius der „Standarte Bremen“ konzentriert sich auf das Bundesland Bremen. Am 19. Mai 2012 wurde eine sich auf der Durchreise befindende Bremer Hooligan-Gruppe durch strafbare Handlungen in Wunstorf auffällig. Nachdem dieser aus rund 15 Personen bestehenden und der „Standarte Bremen“ zuzurechnenden Gruppe der Zutritt zu einer Feier in der „Wohnwelt“ am Bahnhof Wunstorf untersagt worden war, kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen, wobei mehrere an der Feier teilnehmende Personen verletzt wurden (vgl. Beantwortung der Frage 24 der 140. Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22. Juni 2012). Weitere strafrechtlich relevante Sachverhalte in Niedersachsen sind bisher polizeilich nicht bekannt geworden.

Seitens des Niedersächsischen Verfassungsschutzes wird die „Standarte Bremen“ als rechtsextremistisch beeinflusster Personenzusammenschluss bewertet.

Zu 2 und 3.:

Siehe Vorbemerkungen.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.12.2014

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