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Beantwortung der mdl. Anfrage der GRÜNEN zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte der Bundeswehr in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.02.2014; Fragestunde Nr. 6

Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage des Abgeordneten

Filiz Polat (GRÜNE).

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Die Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen) sagte am 12. Febru-ar 2014 im Bundestag: „Dass die Gefährdung für afghanische Ortskräfte konkret ist, hat uns die Ermordung des Dolmetschers Dschawad Wafa am 24. November 2013 verdeutlicht.“ Dr. Günter Krings, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium des Innern gab im gleichen Rahmen folgende Auskunft: „Mit Stand 7. Februar 2014 haben 56 afghanische Ortskräfte Visumanträge für sich und ihre Familien gestellt. Davon haben bislang 49 Ortskräfte mit insgesamt 111 Familienangehörigen Visa erteilt bekommen. Sieben Visumanträge werden von der Botschaft Kabul derzeit noch bearbeitet. Insgesamt haben 243 afghanische Ortskräfte eine Aufnahmezusage des Bundesministeriums des Innern - eine solche Zusage ist die Stufe, bevor das Visumverfahren beginnt - erhalten. Ihnen steht es mit dieser Aufnahmezusage frei, ein Visum bei der Botschaft zu beantragen. Bislang wurden 96 Ortskräfte und ihre Familienangehörigen einem Bundesland zugewiesen. Das sind insgesamt 299 Personen.“ Für Niedersachsen nannte er 14 Zugewiesene und 5 bereits Eingereiste. Das Aufnahmeverfahren scheint, soweit es die Bundesländer betrifft, nicht einheitlich zu sein.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist das Aufnahmeverfahren für afghanische Ortskräfte der Bundeswehr in Niedersachsen ausgestaltet?

2. Welche Probleme gibt es bei der Aufnahme?

3. Welche Lösungsmöglichkeiten für diese eventuell vorhandenen Probleme oder sonstige Optimierungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung?

Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Die in Afghanistan tätigen Bundesressorts – das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesministerium des Innern, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – haben sich aufgrund des anstehenden Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan auf ein Verfahren verständigt, ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren afghanischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht zu werden. Hierbei wird afghanischen Ortskräften und deren engsten Familienkreis, die für deutsche Stellen vor Ort arbeiten oder gearbeitet haben und dadurch in ihrem Heimatland gefährdet sind, durch das Bundesministerium des Innern in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt eine Aufnahme in Deutschland angeboten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist mit der organisatorischen Abwicklung des Verfahrens in Deutschland betraut und im Rahmen dessen bemüht, eine gleichmäßige Verteilung auf die Bundesländer zu gewährleisten.

Für alle Ortskräfte, die eine Aufnahmezusage erhalten haben, wurde eine individuelle Gefährdung gesehen, die je nach Gefährdungskategorie eine möglichst kurzfristige Aufnahme in Deutschland erforderlich macht. Allen an der Aufnahme Beteiligten im Bund und in Niedersachsen sind die Dringlichkeit und die besonders verantwortungsvolle Umsetzung bewusst. Dabei stellt sich in Niedersachsen sowohl die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch die mit den Aufnahmekommunen als sehr konstruktiv und vertrauensvoll dar.

Bis zum 24.02.2014 wurden insgesamt 10 (ehemalige) afghanische Ortskräfte mit insgesamt 33 Personen nach Niedersachsen zugewiesen, von denen bisher 5 Ortskräfte mit Familienangehörigen – insgesamt 12 Personen – bereits eingereist und in Niedersachsen aufgenommen worden sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Bei Zuweisung einer afghanischen Ortskraft einschließlich der dazugehörigen Familienmitglieder nach Niedersachsen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird nach Maßgabe des Niedersächsischen Aufnahmegesetzes unter Berücksichtigung der bekannten Interessen der Zugewiesenen unverzüglich eine Aufnahmekommune ermittelt, bei der vorrangig eine unmittelbare Unterbringung in einer Wohnung möglich ist und weitere integrationsförderliche Aspekte gegeben sind.

Bisher konnte in allen Fällen eine entsprechende landesinterne Zuweisung realisiert werden und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in der Regel am zweiten Tag nach einer Zuweisung nach Niedersachsen die Zielkommune und der dortige Ansprechpartner mitgeteilt werden. Nach der sich dann anschließenden Übermittlung der konkreten – oft sehr kurzfristigen – Einreisedaten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird in jedem Einzelfall die Abholung vom Ankunftsflughafen und der Transfer in die Zielkommune und gegebenenfalls die Übergabe bzw. der Empfang an die betreuende Person in der Zielkommune abgestimmt bzw. organisiert. Hierbei ist es insbesondere dem großen Engagement der mit der Aufgabe befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung, der Kommunen und diverser Hilfsorganisationen zu verdanken, dass Schwierigkeiten bei den Aufnahmen bewältigt wurden. So konnten Aufnahmen – die nicht nur die Ankunft und Unterbringung in der Zielkommune beinhalten, sondern auch die Erstversorgung, den Empfang und die Begleitung für die erforderlichen Formalitäten umfassen – selbst bei einer Ankunft am 23.12.2013 spät abends am Zielflughafen oder an einem Sonntag im Sinne der betroffenen Aufgenommenen erfolgreich umgesetzt werden.

Zu 2.:

Die häufig erst sehr kurzfristig feststehenden Einreisedaten, erschweren die Aufnahmen und erfordern einen erheblichen organisatorischen Aufwand. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese auf Sonn- oder Feiertage fallen. Dabei stellen sich nicht nur die Abholung, der Transfer und die Unterbringung als Schwierigkeiten dar. Insbesondere die Erstversorgung und Betreuung sind für die Dauer von Feiertagen, während derer das gesamte gesellschaftliche Wirtschaftsleben ruht, kaum zu organisieren.

Angesichts der Zunahme aller aufzunehmenden Ausländerinnen und Ausländer (Resettlement, Kontingente syrischer Flüchtlinge) kommt von den Kommunen das Signal, dass die kurzfristige und zeitnahe Bereitstellung von Wohnungen zunehmend schwieriger wird.

Zu 3.:

Um auch in Zukunft in jedem Einzelfall aufgrund der akuten individuellen Gefährdungslage eine kurzfristige Aufnahme zu jeder Zeit gewährleisten zu können, wird geprüft, ob diesem Personenkreis im Bedarfsfall eine Erstaufnahme in der Landesaufnahme­behörde Niedersachsen ermöglicht werden kann.

Des Weiteren hat das Land Niedersachsen gegenüber dem Bund angeregt, zu klären, ob und inwieweit die Bundeswehr durch die Übernahme von Patenschaften – zum Beispiel beim Transfer in die Zielkommunen und bei der Eingliederung vor Ort – einen Unterstützungsbeitrag leisten kann. Hier könnte die Bundeswehr im Rahmen der Fürsorge als ehemalige Arbeitgeberin einen wertvollen Beitrag für eine zügige und bestmögliche Eingliederung in die Bundesrepublik Deutschland und die örtliche Gemeinschaft leisten.

Presseinformation

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erstellt am:
28.02.2014

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