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Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze

Rede von Innenminister Boris Pistorius zu TOP 4

zum Gesetzentwurf der Landesregierung in der Sitzung des Niedersächsischen Landtages am
1. März 2017

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

der heutige Tag ist ein sehr guter für Niedersachsens Kommunen. Mit den Änderungen im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz, kurz NKAG, die wir heute beschließen, werden die Kommunen bei der Erhebung kommunaler Abgaben Einnahmeverbesserungen erzielen können und ihr Gestaltungsspielraum wird erheblich erweitert.

Ich möchte gerne auf vier Schwerpunkte im NKAG näher eingehen, die die Situation für die Kommunen aber auch die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen verbessern werden:

1.) Wir flexibilisieren die Möglichkeiten der Kommunen bei der Erhebung der Straßenausbaubeiträge. Zukünftig können wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen von Eigentümerinnen und Eigentümern, deren Grundstücke an Straßen anliegen, erhoben werden. Die Kosten, die anfallen, können dabei auch auf mehrere Schultern verteilt werden. Das heißt, es ist möglich, beispielsweise in einzelnen Ortschaften einer Kommune alle dort lebenden Einwohnerinnen und Einwohnern an den Kosten zu beteiligen.

Den Kommunen ist es aber weiterhin möglich, einmalig Straßenausbaubeiträge von den Anwohnerinnen und Anwohnern einzufordern. Welche Beiträge die einzelne Kommune erheben möchte, muss sie selbst anhand der örtlichen Gegebenheiten entscheiden. Sie kann selbstverständlich auch weiterhin darauf verzichten, die Anwohnerinnen und Anwohner an den Kosten des Straßenausbaus zu beteiligen und dafür beispielsweise höhere Grundsteuern oder Gewerbesteuern festlegen.

2.) Eine weitere Veränderung in der Beitragserhebung betrifft den Tourismusbereich. Bisher konnten nur die Gemeinden, die als Kur- und Erholungsorte staatlich anerkannt sind, Tourismusbeiträge und Gästebeiträge festlegen. Das ist nun auch weiteren Kommunen möglich, denen spezifische Kosten aus dem Tourismus erwachsen. Damit erkennen wir die Leistungen der Kommunen an, die wesentlich zur Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Tourismus in Niedersachsen beitragen.

3.) Ein dritte Anpassung im NKAG entspricht einer berechtigten Forderung der kommunalen Spitzenverbände. Um mehr Rechtssicherheit für die Kommunen zu schaffen, werden zukünftig, die Anteile der Allgemeinheit für die Tourismusförderung im Tourismusbeitragsrecht (10 Prozent) und im Straßenreinigungsgebührenrecht (25 Prozent) gesetzlich festgelegt. Dies führt dazu, dass die Erhebung dieser Abgaben weiterhin praktikabel bleibt. Gerade im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg werden die niedersächsischen Kommunen damit von übermäßigen und zudem mit Rechtsunsicherheiten verbundenen Ermittlungsanforderungen entlastet.

4.) Mit Artikel 4 des Gesetzentwurfs korrigieren wir eine Entscheidung der Vorgängerregierung. Wie wir alle wissen, wurde mit der Auflösung der Bezirksregierungen das Widerspruchsverfahren weitgehend abgeschafft. Daran hat die alte Landesregierung festgehalten, obwohl erhebliche Einwände des von ihr selbst beauftragten Gutachters bestanden. Die Konsequenzen daraus konnte man vor einigen Jahren eindrucksvoll am Beispiel von Abfallbescheiden in der Region Hannover beobachten, als Tausende von Bürgerinnen und Bürgern Klage beim Verwaltungsgericht einreichten. Hätten Sie seinerzeit das Widerspruchsverfahren nicht abgeschafft, hätten die meisten der Klagen vermieden werden können. Dem betroffenen Zweckverband wären im Ergebnis hohe Kosten erspart geblieben. Und vermutlich wären weitaus mehr Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Recht gekommen, nämlich auch jene, denen die Hürde der Klage zu hoch war. Deshalb ist die Korrektur, die wir jetzt vornehmen, überfällig.

Die Landesregierung hat zudem für den Bereich der Kommunalabgaben ein innovatives, bundesweit einmaliges Regelungsmodell entwickelt. Die Behörden erhalten nämlich die Befugnis, selbst zu bestimmen, ob ein Widerspruch oder eine unmittelbare Klage gegen den Bescheid statthaft ist. Schließlich können die Behörden ihrerseits am besten beurteilen, ob sie etwa bei rechtlicher Unsicherheit in Massenverfahren besser das Widerspruchsverfahren eröffnen. Das hat zum Ziel, nur einzelne ausgewählte Verfahren einer gerichtlichen Klärung zuzuführen, um nach erfolgter Klärung die anderen im Widerspruchsverfahren zu bescheiden. Dieses Optionsmodell wahrt die Interessen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und kann zudem zu einer weiteren Arbeitsentlastung der Behörden führen.

Die beschriebenen Änderungen im Niedersachsen Kommunalabgabengesetz sind ein wichtiger Schritt, um die Möglichkeiten der Kommunen bei der Erhebung von Beiträgen zu erweitern und gleichzeitig das Mitspracherecht der Menschen in Niedersachsen zu stärken. Ich bitte Sie daher, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Presseinformation

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erstellt am:
01.03.2017

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