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Beantwortung der Mündl. Anfrage der SPD zur Partei „Der Dritte Weg“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18. September 2015; Fragestunde Nr. 3.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marco Brunotte, Ulrich Watermann, Dr. Christos Pantazis, Doris Schröder-Köpf, Petra Tiemann, Michael Höntsch, Klaus-Peter Bachmann, Bernd Lynack, Andrea Schröder-Ehlers, Mustafa Erkan, Karsten Becker und Karl-Heinz Hausmann wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Partei „Der Dritte Weg" hat auf ihrer Internetpräsenz einen Leitfaden mit dem Titel „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft! Wie be- bzw. verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheims in meiner Nachbarschaft?“. Daneben lässt sich eine Karte Deutschlands mit Markierungen an Orten finden, an denen Flüchtlingsunterkünfte oder soziale Infrastruktur für Flüchtlinge sind. Die Markierungen werden zum Teil mit genauen Adressen, Größe der Einrichtung und auch einer Beschreibung von untergebrachten Personengruppen versehen.

Die im Jahr 2013 gegründete Partei besitzt nach Kenntnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz deutschlandweit rund 200 Mitglieder. Die Partei wirbt mit ihrem Zehn-Punkte-Programm für die „Schaffung eines Deutschen Sozialismus“ sowie eine „Verstaatlichung sämtlicher Schlüsselindustrien“. „Der Dritte Weg“ bezeichnet sich selbst als nationalrevolutionär und setzt sich gegen eine vermeintliche ‚Überfremdung Deutschlands‘“ ein. Ihre Programmatik basiert auf einem völkischen Menschenbild. In ihrem Leitfaden „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft!“ spricht die Partei davon, dass „die große Mehrheit der Asylsuchenden (…) aus rein wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland“ komme. Sie sprechen davon, dass die notleidenden Menschen „nichts anderes als Wirtschaftsflüchtlinge, die zu großen Teilen auf Kosten des deutschen Steuerzahlers die soziale Hängematte des Systems auskosten“ sind. Neben weiteren menschenverachtenden, rassistischen und ausländerfeindlichen Äußerungen spricht sich die Partei „Der Dritte Weg" offen für Gewalt als Aktionsform aus: „Wir von der Partei ‚Der III. Weg‘ leisten weiterhin politischen Widerstand, können aber Deutsche verstehen, die darüber hinaus aktiv sind.“

Das Bundesamt für Verfassungsschutz beschreibt die Partei „Der Dritte Weg“ im Verfassungsschutzbericht 2014 neben der Partei „Die Rechte“ als eine „relativ junge rechtsextremistische Partei, die zunehmend von Neonazis als Plattform für ihre Aktivitäten genutzt“ wird. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht die Partei als „Auffangbecken für Neonazis, die von Vereinsverboten betroffen sind“, an.

Das Politikmagazin „Report Mainz" berichtete am 4. August 2015 darüber, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz davon ausgeht, dass „Der Dritte Weg“ eine bedeutende Rolle bei Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland in den Jahren 2014 und 2015 spiele. „Der Dritte Weg“ mache gezielt Stimmung gegen die Einrichtungen, bis einzelne Täter Straftaten durchführen würden.

Nach dem Brandanschlag auf eine bewohnte Flüchtlingsunterkunft in Salzhemmendorf Ende August 2015 wurde nach Medienberichten bekannt, dass es in der Region Hameln/ Hildesheim/ Schaumburg einen Stützpunkt der Partei „Der Dritte Weg“ geben soll. Dieser soll „Hermannsland“ heißen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde hat die Partei Der III. Weg und den am 19. Oktober 2014 in Ostwestfalen gegründeten Stützpunkt Hermannsland in ihrem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2014 aufgenommen. Gleichwohl spielt die Partei für die Darstellung der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen lediglich eine untergeordnete Rolle. Die Partei versteht sich in erster Linie als organisatorisches Auffangbecken für Neonazis aus verbotenen oder von einem Verbot bedrohten Kameradschaften. Funktionsfähige Parteistrukturen sind im gesamten norddeutschen Raum auch weiterhin nicht feststellbar. Niedersächsische Neonazis aus der Region Schaumburg/Hameln orientieren sich deshalb nach wie vor an dem Stützpunkt Hermannsland.

Der in der Vorbemerkung angesprochene „Leitfaden“ ist ein Beispiel für die fremdenfeindliche Agitation, welche ein bekanntes Phänomen im Rechtsextremismus darstellt. Wegen des bei Rechtsextremisten in der Regel vorhandenen rassistisch-biologischen Weltbildes, eines überzogenen Nationalismus und der Agitation gegen eine vermeintliche kulturelle Überfremdung gehören Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge zum klassischen Feindbild dieses politischen Spektrums. Der starke Anstieg der Asylbewerber- und Flüchtlingszahlen sowie die damit verbundene Notwendigkeit, in zahlreichen Regionen des Landes adäquate Unterkünfte bereitzustellen, verbunden mit den erheblichen finanziellen und logostischen Herausforderungen für die hiermit befassten Stellen, hat diese Problematik zu einem zentralen Thema des gesellschaftlichen bzw. medialen Diskurses werden lassen. Diesem Umstand folgend ist auch innerhalb der rechtsextremistischen Szene eine starke Fokussierung auf die Asyl- und Flüchtlingsproblematik festzustellen. Entsprechend bildet das Thema aktuell den zentralen Agitationsschwerpunkt der gesamten Szene. Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang einschlägige Internetseiten sowie die sozialen Netzwerke. Ziel der Rechtsextremisten ist es, latent vorhandene Ängste in der Bevölkerung zu verstärken und zu instrumentalisieren.

1. Welche Strukturen und Aktivitäten der Partei „Der Dritte Weg“ in Niedersachsen sind der Landesregierung bekannt?

Die Partei Der III. Weg unterhält in Niedersachsen keine Strukturen. Angehörige des Stützpunktes Hermannsland der Partei entfalten ihre Aktivitäten jedoch gelegentlich in Niedersachsen. So besuchten sie beispielsweise am 20. Juni 2015 eine Sonnenwendfeier mit ca. 100 Teilnehmern in Eschede (Landkreis Celle). Darüber hinaus nahmen niedersächsische Neonazis an Parteiveranstaltungen außerhalb Niedersachsens teil. Die Partei verfügt über eine eigene Internetpräsenz, auf der sie regelmäßig über ihre Aktivitäten berichtet.

Ansonsten siehe Vorbemerkung.

2. Gibt es nach Erkenntnissen der Landesregierung einen Bezug der Partei „Der Dritte Weg“ zum Brandanschlag in Salzhemmendorf?

Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse vor, die einen Bezug der Partei Der III. Weg zu der Straftat des versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung in Salzhemmendorf erkennen lassen.

3. Wie beurteilt die Landesregierung den Leitfaden der Partei „Der Dritte Weg“ mit dem Titel „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft!“, kombiniert mit einer Deutschlandkarte auf der Homepage der Partei, auf der Flüchtlingsunterkünfte und Infrastruktur für Flüchtlinge mit konkreten Ortsangaben versehen sind?

Die Landesregierung verurteilt aufs Schärfste den Leitfaden. Er ist mit einem menschlichen und offenen Niedersachsen unvereinbar.

Ansonsten siehe Vorbemerkung.

Presseinformation

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erstellt am:
18.09.2015

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