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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu DITIB

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 3. Februar 2017; Fragestunde Nr. 27

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns, Thomas Adasch und Rainer Fredermann (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. Januar 2017 berichtet, dass der Generalsekretär der „türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DITIB), Herr Bekir Alboga, in einem Gespräch mit der Rheinischen Post bestätigt habe, dass mehrere Imame in Deutschland Informationen zu An­hängern der Gülen-Bewegung an türkische Behörden weitergeleitet hätten. Hintergrund hierzu soll eine schriftliche Anweisung des türkischen Religionspräsidiums Diyanet gewesen sein. Später erklärte Herr Alboga jedoch, er habe keine Bespitzelungsvorwürfe bestätigt. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat mit Herrn Alboga nach entsprechenden Berichten jedoch ein Gespräch geführt.

Die Nordwest-Zeitung vom 17. Januar 2017 berichtet („Islamverband DITIB unter der Lupe“), dass das Land Niedersachsen nach den „Spitzelvorwürfen“ gegen einige Imame des muslimischen Verbandes DITIB seine Haltung zum DITIB-Landesverband Niedersachsen/Bremen überprüfen wolle. Die Landesregierung habe allerdings bislang keine Erkenntnisse, die darauf schließen ließen, dass es aus dem Landesverband Bespitzelung gegeben hätte.

Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtete in ihrer Ausgabe vom 30. November 2016 („Erdogan-Anhänger denunzieren Staatsfeinde in Osnabrück“) von einer Liste mit 31 Namen aus dem Raum Osnabrück. Die Personen auf dieser Liste sollen der sogenannten Gülen-Bewegung nahestehen. In dieser Angelegenheit solle jetzt der Staatsschutz ermitteln. Die NOZ berichtet hierzu, dass zu den Methoden der Erdogan-Anhänger Gewalt, Hetze und Verrat gehörten.

Vorbemerkung der Landesregierung

Im Dezember 2016 wurden in zahlreichen Medienberichten die mutmaßlichen Spionagetätigkeiten von Imamen der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e. V. (DITIB) thematisiert. Die DITIB ist nach hiesiger Einschätzung eng mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet verwoben. Im Sommer 2016 wies Diyanet ihre Auslandsvertretungen an, Informationen über Anhänger der Gülen-Bewegung zu sammeln. Den Bundesbehörden liegen Unterlagen aus drei türkischen Generalkonsulaten an Diyanet vor, darunter auch einzelne Berichte örtlich zuständiger DITIB-Imame. Der Generalbundesanwalt (GBA) hat Ermittlungen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen Unbekannt aufgenommen. Seit kurzem liegt ein noch nicht verifizierter Hinweis zu einem Aufruf im o. g. Sinn vor, der gegenwärtig geprüft wird. Weitere konkrete Angaben dazu können aufgrund der noch laufenden Ermittlungen derzeit nicht erfolgen.

Aus diesem Grund kann aber zur Beantwortung dieser Frage auf Bedarf eine Unterrichtung in einer vertraulichen Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport erfolgen.

1. Wie will die Landesregierung ihr Verhältnis zum muslimischen Verband DITIB überprüfen?

Die Landesregierung und die Verbände DITIB und Schura in Niedersachsen haben am 20. Januar 2017 einvernehmlich entschieden, die Gespräche über einen Vertragsabschluss aufgrund der zwischenzeitlich veränderten Rahmenbedingungen bis zum Ende dieser Legislaturperiode auszusetzen, um zu vermeiden, dass dieses wichtige Thema Gegenstand von Wahlkampfauseinandersetzungen wird.

Die jüngsten politischen Entwicklungen in der Türkei und Vorfälle wie zuletzt die in der Vorbemerkung der Abgeordneten genannten Spitzel-Vorwürfe gegen einige DITIB-Imame haben in Gesellschaft und Politik für erhebliche Besorgnis gesorgt. Sie waren für die aktuelle Diskussion in Niedersachsen wenig hilfreich und haben zu einer Veränderung der geltenden Rahmenbedingungen geführt.

Die Landesregierung und der niedersächsische DITIB-Landesverband werden ihre vielfältigen Kontakte bis zur Wiederaufnahme der Gespräche über einen Vertragsabschluss fortsetzen.

Ministerpräsident Weil hat wiederholt dargelegt, dass er im Hin-blick auf die Vertragsverhandlungen mit den islamischen Landesverbänden großen Wert auf eine breite gesellschaftliche wie parlamentarische Zustimmung legt. Dies hat nach wie vor Bestand.

Alle Beteiligten sind sich darin einig, dass angesichts der jüngsten Entwicklung in der Türkei eine Klärung innerhalb des DITIB-Verbandes über die Unabhängigkeit des Verbandes erfolgen wird. Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich das Engagement des Niedersächsischen Landesverbandes der DITIB, der sich in dieser Hinsicht für eine klare Trennung einsetzt. Allerdings wird vor diesem Hintergrund zu klären sein, wie der Umstand zu bewerten ist, dass bei der Neuwahl des Vorstandes von DITIB Niedersachsen/Bremen am 29.01.2017 auch ein Imam der Diyanet neu in den Vorstand gewählt worden ist. Die Landesregierung hat hierzu ein kritisches Schreiben an DITIB Niedersachsen/Bremen gerichtet. Sie wird auf der Grundlage der Antwort ihre Haltung zu DITIB Niedersachsen/Bremen erneut prüfen.

2. Wie viele Fälle von Namenslisten, Stigmatisierungen, Schmierereien an Hauswänden bis hin zu körperlichen Angriffen von tatsächlichen und vermeintlichen Gülen-Anhängern sind der Landesregierung bekannt?

Der Polizei Niedersachsen sind bisher mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Handlungen gegen tatsächliche oder vermeintliche Gülen-Anhänger erfolgten oder zu solchen aufgerufen wurde. Zur Aufklärung dieser Sachverhalte werden die im Einzelfall geeigneten und erforderlichen gefahrenabwehrenden oder - bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Straftat - strafprozessualen Ermittlungen in Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft durchgeführt.

Beispielhaft kann hier eine im Juli 2016 im Internet veröffentlichte „Boykottliste“ zum Nachteil von vermeintlich der „Hizmet“-Bewegung des Fethulla Gülen nahestehenden Gewerbetreibenden genannt werden, zu der die Polizeidirektion Hannover die Ermittlungen aufgenommen hatte. Konkrete Hinweise auf Straftaten, Tatverdächtige und /oder Geschädigte konnten dazu bis heute allerdings nicht erlangt werden. In einem ähnlichen Fall im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Osnabrück soll eine Liste mit 25 vermeintlichen Gülen-Anhängern erstellt und über WhatsApp bzw. Facebook verbreitet worden sein.

Eine entsprechende Anzeigeerstattung erfolgte bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück, die in diesem Fall Ermittlungen wegen des Verdachtes der üblen Nachrede führt.

Nähere Angaben zu konkreten Inhalten laufender Ermittlungsverfahren können nicht gemacht werden.

3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bislang getroffen, um die Bespitzelung und Angriffe gegen Anhänger der Gülen-Bewegung auch in Niedersachsen zu verhindern?

Siehe Beantwortung zu Frage 2. Ferner werden durch die Polizeidirektionen sog. Dialog- bzw. Kooperationsgespräche durchgeführt, in deren Rahmen die zu Grunde liegenden Problematiken thematisiert werden.

Presseinformation

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erstellt am:
03.02.2017

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