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Mögliche Verbindungen zwischen Rockerklubs und Neonazis

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.03.2010; Fragestunde Nr. 32


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hans-Christian Biallas und Angelika Jahns (CDU); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Bereits in der Antwort vom 28. August 2009 auf die Mündliche Anfrage des Abg. Biallas (CDU) hat der Niedersächsische Minister für Inneres, Sport und Integration, Herr Schünemann, MdL, auf das Gefährdungspotenzial von Rockergruppierungen hingewiesen. Dieses resultiert vor allem aus der straffen hierarchischen Organisationsform, der Internationalität, den Verhaltensweisen und dem daraus erwachsenden Einschüchterungspotenzial sowie nicht zuletzt aus der hohen Gewaltbereitschaft und Bewaffnung, die immer wieder in gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Rockergruppierungen, bis hin zu Tötungsdelikten, zum Vorschein kommt. Hierdurch werde, so der Innenminister, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erheblich beeinträchtigt. Zudem bestehe die in Einzelfällen auch belegte Gefahr, dass Rockergruppierungen ihre straffe netzwerkartige Organisationsform gezielt und gewerbsmäßig zur Begehung schwerer Straftaten nutzen. Dieses Gefährdungspotenzial besitze aufgrund der geografischen Verteilung von Rockergruppierungen in Deutschland eine länderübergreifende Relevanz.

Nach dem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 18. Februar 2010 unterstützen die regionalen Red Devils den Motorrad- und Rockerklub Hells Angels. Im Rockerkrieg wolle die Bande, so das Landeskriminalamt, den gegnerischen Bandidos klarmachen, dass diese in Niedersachsen nichts zu suchen hätten. In dem Artikel wird darüber hinaus die Verbindung der Red Devils zur rechtsextremistischen Szene dargstellt.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Verbindung der Red Devils zur rechtsextremistischen Szene?
  2. Wie bewertet die Landesregierung die Unterstützung der Hells Angels durch die Red Devils?
  3. Sieht die Landesregierung durch diese Unterstützung eine neue Herausforderung im Kampf gegen die sogenannte Rockerkriminalität?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Zunächst wird auf die Beantwortung der Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Biallas (CDU) vom 28.08.2009 verwiesen, in der u.a. ausführlich die Form der allgemeinen Informationsgewinnung und gezielten Informationsbeschaffung im Deliktsbereich "Rockerkriminalität" beschrieben wurde.

Im Jahr 2009 sind in Niedersachsen nach polizeilichen Erkenntnissen 13 Charter des Red Devils MC neu gegründet worden, so dass aktuell 18 Charter des Red Devils MC in Niedersachsen existieren.

Auf der Internetseite des Hells Angels MC Hannover werden 13 der insgesamt 18 Charter, nämlich die Red Devils MC Charter Celle, Göttingen, Hildesheim, Nienburg, Seesen, Stadthagen, Wolfenbüttel, Braunschweig, Hannover, Helmstedt, Lüneburg, Uelzen und Wolfenbüttel als Supporter (Unterstützer) aufgeführt. Gründe für das Fehlen der übrigen Charter sind nicht bekannt.

Der Niedersächsische Verfassungsschutz beobachtet im Rahmen der ihm nach dem Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz zugewiesenen Aufgaben Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Eingriffsschwelle für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist gesetzlich klar festgelegt und damit verbindlich für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Demnach müssen "tatsächliche Anhaltspunkte" (§ 5 Abs. 1 NVerfSchG) für eine extremistische Bestrebung vorliegen. Dabei ist für eine entsprechende Zuordnung einer Organisation das Gesamtbild der Organisation maßgebend, d.h. das Zusammenspiel personeller, institutioneller und programmatischer Faktoren, die für ihre Ausrichtung und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit prägend sind. Es reicht infolgedessen nicht aus, die Beobachtung einer Organisation nur auf bedenkliche Verlautbarungen eines einzelnen (führenden) Funktionsträgers zu stützen. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in oder für einen Personenzusammen-schluss handeln, sind nach § 4 Abs. 1 Satz 3 NVerfSchG nur dann Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut des NVerfSchG erheblich zu beschädigen.

Die in der Anfrage aufgeführten Rockerclubs erfüllen diese Voraussetzungen nicht und sind aus diesen Gründen keine Beobachtungsobjekte der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen keine Erkenntnisse über eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen Rechtsextremisten und Rockern vor.

Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes Niedersachsen wurden in den Jahren 1999 bis 2007 gegen sechs Mitglieder des Red Devils MC, die in Niedersachsen ihren Wohnsitz haben, Verfahren zu politisch motivierten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten geführt.

Von diesen sechs Mitgliedern bestehen bei zwei Personen konkretere Hinweise auf Verbindungen in die rechte Szene.

Zu 2. und 3.:

Dem Landeskriminalamt Niedersachsen liegen Hinweise darüber vor, dass die Expansion des Red Devils MC auf Betreiben des Hells Angels MC Hannover erfolgt ist, der dadurch seinen Gebietsanspruch in Niedersachsen unterstreichen will.

Dies birgt insoweit Konfliktpotential, dass andere Motorradclubs ihre für sich reklamierten Ein-flussbereiche beeinträchtigt sehen.

So hat dies in den vergangenen Monaten in Cuxhaven und Vechta dazu geführt, dass gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen dem Red Devils MC und dem ebenfalls dort ansässigen Gremium MC nur durch rechtzeitigen Polizeieinsatz verhindert werden konnten.

Da das grundsätzliche Geschäftsgebaren von Rockergruppierungen belegbar auf Territorial- und Machtzuwachs gegenüber anderen konkurrierenden Motorradclubs ausgelegt ist und fraglich ist, inwieweit andere Rockergruppierungen die beschriebene Expansion des Red Devils MC und damit auch die Ausweitung des Einflussbereiches des Hells Angels MC Hannover akzeptieren, sind zukünftige Auseinandersetzungen nicht auszuschließen.

Dieser neuen Entwicklung und den damit einhergehenden möglichen Gefahren wird weiterhin auf Grundlage der "Rahmenkonzeption zur Intensivierung der Bekämpfung der schweren und Organisierten Kriminalität im Umfeld von Motorradclubs (Rockerkriminalität) in Niedersachsen" begegnet.

Insgesamt wird damit das Ziel verfolgt, die illegalen Aktivitäten von Rockergruppierungen, insbesondere in den von ihnen kontrollierten typischen OK-Deliktsfeldern, durch gefahrenabwehrende als auch strafverfolgende Maßnahmen nachhaltig zu unterbinden und die Verfestigung von personellen und organisatorischen Strukturen zu verhindern.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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