Kommunalisierung von Straßenmeistereien des Landes
Ausgangslage
In Niedersachsen gliedert sich das Netz der öffentlichen Straßen in Autobahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen, Kreisstraßen und Gemeindestraßen. Die Niedersächsische Straßenbauverwaltung ist für die Autobahnen sowie die Bundes- und Landesstraßen zuständig. Die Landkreise verwalten die Kreisstraßen und die Gemeinden die innerörtlichen Straßen und die Gemeindeverbindungsstraßen.
Danach werden die öffentlichen Straßen auf drei voneinander getrennten Ebenen, die weitgehend unabhängig voneinander arbeiten, verwaltet.
Im Einzelnen stellt sich die Aufgabenverteilung und -wahrnehmung wie folgt dar:
- Die Niedersächsische Straßenbauverwaltung betreut mit 58 Straßen- und 17 Autobahnmeistereien die Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen sowie einen Teil der Kreisstraßen mit zusammen knapp 18.000 Straßenkilometern. Hinzu kommt ein ausgedehntes Radwegenetz. Die im Straßenwartungsdienst des Landes tätigen ca. 2000 Bediensteten warten die Straßen und Brücken und sollen sie in einem verkehrssicheren Zustand halten.
• Bundesautobahnen / Bundesstraßen
Die Autobahnen und Bundesstraßen sind der Länderauftragsverwaltung zuzuordnen und werden im Auftrag des Bundes betreut. Die Gesamtlänge der Autobahnen beträgt rund 1.352 km. Hier befinden sich insgesamt 1.764 Brücken und der Emstunnel bei Leer. Rund 4.738 km Bundesstraßen mit 2.233 Brücken und rund 3150 km Radwege sind zu betreuen.
• Landesstraßen
Niedersachsen hat 8.351 km Landesstraßen, davon rund 8.070 in seiner Baulast. 1.887 Brücken sowie rund 4160 km Radwege sind zu pflegen und zu unterhalten.
• Kreisstraßen
Die Niedersächsische Straßenbauverwaltung betreut für 13 Landkreise – Ammerland, Cloppenburg, Diepholz, Friesland, Goslar, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Nienburg/Weser, Northeim, Oldenburg, Schaumburg, Wesermarsch und Wittmund – die Kreisstraßen. Das sind rund 3.634 km Straßen mit 748 Brücken und rund 1264 km Radwegen.
- Daneben unterhalten 24 Landkreise und die Region Hannover eigene Straßenmeistereien für ca. 9000 km Kreisstraßen zuzüglich Brücken und Radwege in ihrem Zuständigkeitsbereich.
In den nicht von der Straßenbauverwaltung des Landes betreuten Landkreisen und der Region Hannover verwalten 33 Kreisstraßenmeistereien oder Kreisbauhöfe die Kreisstraßen, und im Wesentlichen nur diese.
In den Einzugsbereichen der kreiseigenen Straßenmeistereien werden überlagernd auch die Straßenmeistereien des Landes zur Pflege der Bundes- und Landesstraßen tätig.
Land und Kommunen unterhalten somit im Hinblick auf die gesetzlich vorgegebene Trägerschaft der Straßen jeweils eigene Straßenmeistereien. Dies ist offensichtlich ineffizient, zumal jeder Träger die annähernd gleichen Aufgaben zu erledigen hat. Ziel einer modernen Verwaltung muss es sein, in einem ersten Schritt vor einer möglichen Privatisierung die Aufgaben zu bündeln und nur noch eine Verwaltungsebene mit der Betreuung der Straßen zu betrauen.
Das "Hochzonen" der Pflege der ca. 9.000 km kommunal verwalteten Kreisstraßen wäre für Niedersachsen der falsche Weg. Entscheidend ist eine Ansiedelung der Aufgabe dort, wo sie aller Voraussicht nach am wirtschaftlichsten erfüllt werden kann. Eine Ansiedlung der Aufgabe auf kommunaler Ebene bietet mehr Bündelungsmöglichkeiten mit gleichartigen Aufgaben(z. B. Abfallbeseitigung), verspricht mehr Flexibilität und mobilisiert durch eine noch stärker an den geographischen Verhältnissen orientierten Organisation der Aufgabe mehr Synergieeffekte als auf Ebene der staatlichen Straßenbauämter. Das Land könnte sich sukzessive von einer derzeit sehr personal- und sachmittelintensiven Aufgabe durch Verlagerung der operativen Leistungen zurückziehen.
Pilotversuche in Niedersachsen
Im Rahmen der Zielvereinbarung II hat die Straßenbauverwaltung 400 Stellen einzusparen, die hauptsächlich im Straßenunterhaltungsdienst zu erbringen sind. Dadurch und bedingt durch den Einstellungsstopp in der Landesverwaltung ist die Straßenbauverwaltung gezwungen, neue, wirtschaftlichere Wege bei der Straßenwartung zu gehen und Möglichkeiten zur Kosten- und Personaleinsparung zu finden.
Hierzu sind drei Wege in Ansätzen beschritten worden: die Privatisierung, die Kommunalisierung und die Verkleinerung ("Minimeisterei").
Im Rahmen eines im Oktober 2004 gestarteten dreijährigen Pilotprojektes sind sämtliche operativen Leistungen des Straßenunterhaltungs- und Betriebsdienstes der staatlichen Straßenmeistereien Herzberg und Fürstenau privatisiert worden. Lediglich der Streckenkontrolldienst ist bei der Straßenmeisterei verblieben. Die beauftragten Unternehmen werden aufgrund der Feststellungen des Streckenkontrolldienstes zum vereinbarten Preis tätig. Die Mitbenutzung des Straßenmeisterei-Gehöfts durch die Privaten ist vertraglich geregelt, das überzählige Personal der betroffenen Straßenmeistereien wurde auf andere Meistereien verteilt.
Daneben wurde der Versuch unternommen, zwei weitere Straßenmeistereien an interessierte Landkreise abzugeben. Anfänglich zeigten die Landkreise Celle und Emsland sowie die Region Hannover Interesse an der Übernahme. Die Kommunalverwaltung sollte das komplette Personal der Straßenmeisterei übernehmen. Optional sollte über die Übernahme der Leitung und die Überlassung des Gehöfts verhandelt werden. Weitere Rahmenbedingungen bestanden darin, dass den Kommunalverwaltungen für die Durchführung des Unterhaltungsdienstes auf Bundes- und Landesstraßen die gleichen Standards auferlegt werden sollten, wie sie de facto bei den betroffenen Straßenmeistereien des Landes vorgegeben sind. Die derzeitige, landeseinheitliche Aufteilung bzw. Abrechnung der Straßenunterhaltungskosten zwischen Bund, Land und Landkreisen sollte möglich bleiben.
Zu diesen Konditionen waren die Landkreise nicht bereit, die Aufgaben zu übernehmen. Gerade die dauerhafte Übernahme des gesamten Personals sowie der zu erwartende, nicht unerhebliche Verwaltungsaufwand bei der Abrechung der Unterhaltungskosten nach Straßenarten machten Synergieeffekte nicht mehr wahrscheinlich.
Eine Beteiligung an dem Projekt wurde im Übrigen wegen unzureichender Finanzierungszusagen des Landes während der Projektphase und wegen ungeklärter Rechtslage nach Abschluss des Projekts abgelehnt.
Projektziel:
Kommunalisierung der Straßenmeistereien des Landes
Im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung sind Aufgaben dort anzusiedeln, wo sie am wirtschaftlichsten wahrgenommen werden können. Angesichts der begründeten Erwartung, dass die Synergieeffekte auf Kreisebene am größten sind, ist für die Straßenmeistereien die Kommunalisierung anzustreben. Das derzeit bestehende System der Straßenunterhaltung in Niedersachsen, getrennt nach Bundes-/Landesstraßen und Kreisstraßen, ist in anderen Bundesländern im Zuge der dortigen Verwaltungsreformen mit unterschiedlichen Ergebnissen verlassen worden. In Hessen und Rheinland-Pfalz etwa verwaltet die Landesstraßenbauverwaltung auch die Kreisstraßen. In Baden-Württemberg werden seit Abschluss der Verwaltungsreform die Bundes- und Landesstraßen von der Kreisebene mitverwaltet.
Eine Kommunalisierung wird erst dann erfolgreich sein, wenn Land und Kommunen hinsichtlich der Verlagerung der Aufgaben Einigkeit erzielt haben und beide Seiten mit Vorteilen und Einsparungen rechnen können.
Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, einen neuen Anlauf zur Umsetzung des Projektes einzuleiten. Ziel des Projektes wird es sein, die Kosten zu ermitteln, die Flexibilität der Standards auszuloten und Übergangsmodalitäten festzulegen.
Unter veränderten Rahmenbedingungen haben mehrere Landkreise und die Region Hannover nochmals ihr Interesse an der Übernahme von landeseigenen Straßenmeistereien geäußert. Dies sollte aufgegriffen werden. Um die unterschiedlichen Erwartungen und Interessen von Kommunen und Landesstraßenbauverwaltung aufzuzeigen, abzuwägen und Kompromisslinien zu entwickeln, bedarf es der Moderation des Abstimmungsprozesses. Die Moderation sollte von einer neutralen Person übernommen werden.
Die neuen Rahmenbedingungen sollten Ende 2005 feststehen, so dass 2006 die Umsetzungsphase beginnen kann.
Gremienstruktur
Zur Durchführung des Projektauftrages wird aus Vertretern des MW, MI/VM und der Landkreise/Kommunalen Spitzenverbände eine Projektgruppe eingerichtet, die einen Moderator auswählt und einsetzt. Die Projektgruppe kann weitere Mitglieder berufen und zur Erarbeitung übergreifender Fragestellungen (z.B. rechtliche Rahmenbedingungen …) Arbeitsgruppen einsetzen. Leitung und Geschäftsführung der Projektgruppe obliegen MI/VM.
Arbeits- und Zeitplan
Die Projektgruppe fasst die erarbeiteten Ergebnisse zu einem umsetzungsfähigen Gesamtkonzept für eine Kommunalisierung der Straßenmeistereien zusammen. Die fachlichen, organisatorischen, personellen und finanziellen Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahmen sind aufzuzeigen. Der Bericht soll insbesondere ein Konzept zur schrittweisen Umsetzung enthalten.
Zeitlicher Projektverlauf
- Mai 2005: Erste Zusammenkunft der Projektmitglieder; Bildung erster Eckpfeiler für das Projekt;
Austausch von Erwartungen des Landes und der Landkreise - Juli 2005: Konkretisierung der Übernahmebedingungen; Planungsphase
- Oktober 2005: Gewinnung von Landkreisen und der Region Hannover für die Übernahme zu den ausgehandelten Konditionen
- bis Ende 2005: Abschluss der Vertragsverhandlungen und Personalplanungen
- ab 01.01.2006 Beginn der Zusammenführung der betroffenen Straßenmeistereien