Versetzung in den einstweiligen Ruhestand
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.04.2013; Fragestunde Nr. 54
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP)
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Die Landesregierung wird laut Ankündigung von Innenminister Pistorius drei Polizeipräsidenten gegen deren Willen ablösen und ersetzen. Die amtierenden Präsidenten Heike Fischer und Hans-Jürgen Thurau sollen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. An ihre Stelle sollen die Beamten Bernhard Witthaut und Johann Kühme treten. Zudem kündigte Innenminister Pistorius laut Medienberichten an, überprüfen zu wollen, ob die Polizeipräsidenten auch künftig politische Beamte bleiben sollen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Kosten entstehen dem Land durch die Versetzung der Beamtin Heike Fischer in den einstweiligen Ruhestand bis zum Erreichen des regulären Pensionseintrittsalters?
2. Welche Kosten entstehen dem Land durch die Versetzung des Beamten Hans-Jürgen Thurau in den einstweiligen Ruhestand bis zum Erreichen des regulären Pensionseintrittsalters?
3. Könnte der Beamte Bernhard Witthaut zum jetzigen Zeitpunkt Polizeipräsident werden, wenn es sich dabei nicht um die Stelle eines politischen Beamten handeln würde?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Politische Beamte sind Beamte, die nach der Art ihrer Aufgaben in besonderer Weise des politischen Vertrauens der Regierung bedürfen und deshalb jederzeit, d.h. ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können. Das Institut des politischen Beamten gehört seit langer Zeit zum festen Bestandteil des öffentlichen Dienstrechts in Deutschland.
Die Organisationsentscheidung zur Einrichtung der landesweiten Polizeidirektionen wurde zum 01.11.2004 getroffen. Die Ämter der Polizeipräsidenten selbst wurden zum 01.01.2005 eingerichtet. Nach intensiver Diskussion erhielten diese Ämter den Status der politischen Beamten. Die dafür notwendige Entscheidung traf der damalige CDU/FDP dominierte Landtag. Begründet wurde dies im Gesetzentwurf der damaligen Regierungsfraktionen damit, dass die Amtsausübung eines Polizeipräsidenten eine fortdauernde Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Landesregierung erfordert (LT-Drs. 15/960, S. 10). Ziel ist, damit sicherzustellen, dass das besondere Vertrauensverhältnis zur jeweiligen Landesregierung jederzeit gewährleistet wird.
Da die Polizeidirektionen unter Verantwortung der vorherigen Landesregierung eingerichtet wurden, hat man bei der Erstbesetzung der Behördenleitungen die Gelegenheit genutzt, sie nur mit Beamten zu besetzen, bei denen dieses besondere Vertrauensverhältnis zur Landesregierung gegeben war. Gleichwohl hat auch die vorherige Landesregierung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Polizeipräsidenten abzuberufen, weil das zunächst bestehende Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben war.
Bei einer Prognose über die voraussichtlichen Versorgungslasten ist zu berücksichtigen, dass ggf. eine Reaktivierung möglich ist. Von dieser Möglichkeit wurde in der Vergangenheit bereits Gebrauch gemacht.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1. und 2.:
Politische Beamtinnen und Beamte, die in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, haben Anspruch auf ein zeitweise erhöhtes Ruhegehalt in Höhe von 71,75 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe, aus der sie in den Ruhestand versetzt wurden. Das erhöhte Ruhegehalt wird für die Dauer der Zeit, in der die Beamtin oder der Beamte das Amt innehatte, mindestens aber für sechs Monate und längstens für drei Jahre gewährt. Danach besteht ein Anspruch auf das erdiente Ruhegehalt.
Das erhöhte Ruhegehalt für die in den einstweiligen Ruhestand versetzte Polizeipräsidentin und den Polizeipräsidenten beträgt monatlich 5.136 €.
Die Höhe des erdienten Ruhegehalts beläuft sich maximal auf die o. a. Beträge, soweit die dafür notwendigen ruhegehaltfähigen 40 Dienstjahre erbracht wurden. Daneben fließen noch andere persönliche Daten in die Berechnungen ein. Diese Berechnungen werden aktuell von der OFD durchgeführt, der zu diesem Zweck auch die Personalakten übersandt wurden. Eine Aussage zum erdienten Ruhegehalt ist daher momentan nicht möglich.
Bei der Frage der Mehrkosten ist zu berücksichtigen, dass Frau Fischer und Herr Thurau die Befähigung für die Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Polizei besitzen. Für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte gilt nach § 109 NBG eine besondere Altersgrenze. Eine Beamtin oder ein Beamter in der Laufbahn der Fachrichtung Polizei erreicht grundsätzlich die Altersgrenze mit Vollendung des 62. Lebensjahres.
Zu 3.:
Herr Witthaut könnte nach gegenwärtiger Rechtslage auch Polizeipräsident werden, wenn es sich dabei nicht um ein Amt einer politischen Beamtin oder eines politischen Beamten handeln würde. Hierzu bedürfte es allerdings gleichfalls der Zulassung einer Ausnahme, weil Ämter, die regelmäßig zu durchlaufen sind, übersprungen würden. Diese Entscheidung wäre nach dem Niedersächsischen Beamtengesetz (NBG) allerdings in diesem Falle nicht von der Landesregierung (§ 20 Abs. 4 Satz 2 NBG), sondern vom Landespersonalausschuss zu treffen (§ 20 Abs. 4 Satz 1 NBG).