Schünemann: Missbrauch der Visafreiheit muss verhindert werden
HANNOVER. Angesichts steigender Zugangszahlen von Asylbewerbern aus Serbien, Montenegro und Mazedonien fordert Innenminister Uwe Schünemann eine schnellere Bearbeitung von Asylverfahren. „Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Asylverfahren bei offensichtlichem Missbrauch deutlich zügiger, innerhalb von 30 Tagen, gerichtsfest abgeschlossen werden“, so der Minister.
Seit einigen Monaten ist in Deutschland ein drastischer Anstieg der Asylbewerberzugänge, insbesondere aus den Westbalkanstaaten zu verzeichnen. Bund, Länder und Kommunen werden dadurch vor erhebliche Herausforderungen gestellt, insbesondere was Unterbringung, Versorgung und Rückführung der oftmals ausreisepflichtigen Asylbewerber betrifft.
Bei einem Vergleich der monatlichen Zugänge des Monats Mai 2012 mit den Zugangszahlen aus September 2012 ergibt sich eine Steigerung von rund 238 % (Mai: 355 Anträge, September: 844 Anträge). Von Juni bis September hat sich in Niedersachsen die Zahl der Asylbegehren aus dem Balkanraum von 217 Antragsstellern in 2011 auf 837 im Jahr 2012 erhöht. Dies entspricht einer Steigerung um 285 %.
Neben den Zugängen aus den Balkanstaaten haben sich auch die Zugangszahlen aus Syrien im Vergleich zum Jahr 2011 mehr als verdoppelt (Juni bis September 2011: 152; Juni bis September 2012: 342). „Es gibt viele Menschen, die politisch verfolgt werden und in deren Heimatländern Krieg und Unfriede herrscht. Denen müssen wir helfen und um diese müssen wir uns verstärkt kümmern. Auch damit wir für diese Menschen mehr Kapazitäten haben, müssen wir Visa-Missbrauch bekämpfen“, so Schünemann.
Der bereits in den vergangenen zwei Jahren festgestellte stetige Anstieg der Asylbewerberzugänge ist im Wesentlichen auf die Einführung der Visafreiheit durch die Europäische Union für die Westbalkanstaaten zurückzuführen. So können serbische, mazedonische und montenegrinische Staatsangehörige seit Dezember 2009 und bosnische und albanische Staatsangehörige seit Dezember 2010 in die Staaten der EU einreisen und sich hier bis zu drei Monate aufhalten. Auffällig ist der sprunghaft angestiegene Zustrom seit Juli 2012, der nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 zur Erhöhung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zurückzuführen ist.
Innenminister Uwe Schünemann fordert deshalb Bundesregierung und Europäische Union zum Handeln auf: „Auf europäischer Ebene muss ein politisches Zeichen gegen die missbräuchliche Inanspruchnahme der Visumsfreiheit gesetzt werden. Ich unterstütze daher Bundesinnenminister Friedrich bei der Wiedereinführung von Visumpflicht für Serbien und Mazedonien.“ Und weiter: „Bund, Länder, Kommunen und Gerichte sind verpflichtet gemeinschaftlich daran mitzuwirken, dass Asyl- und Sozialleistungsmissbrauch verhindert wird!“
Das Land Niedersachsen unterhält für die Unterbringung von Asylsuchenden an den Standorten der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) in Braunschweig und im Grenzdurchgangslager (GDL) Friedland insgesamt zwei Erstaufnahmeeinrichtungen. Darüber hinaus unterhält das Land am Standort der LAB NI in Bramsche noch eine Gemeinschaftsunterkunft. Die Regelkapazität für alle drei Einrichtungen beläuft sich auf gut 1700 Betten. (BS und Bramsche jeweils 600; Friedland 500). Seit Mai 2012 hat sich die Belegungssituation an den drei Standorten verschärft (von 1.140 auf 1.651), was einer derzeitigen Auslastung von gut 97 % entspricht.
Zur Bewältigung der Zugangssituation wurden bereits Wohncontainer an den Standorten Braunschweig und Bramsche aufgestellt. Darüber hinaus wurden bis Ende September 2012 insgesamt 2.510 Personen auf die niedersächsischen Kommunen verteilt (Ende September 2011: 2.030; Steigerung von 23,65 %).
Bundesweit wird für das Jahr 2013 mit einer weiteren Steigerung der Zugangszahlen von Asylbewerbern gerechnet. Daher plant die Niedersächsische Landesregierung auch die landeseigenen Aufnahme- und Unterbringungskapazitäten auszuweiten. Innenminister Schünemann: „Nur auf diese Weise kann eine Verteilung ausreisepflichtiger serbischer und mazedonischer Staatsangehöriger auf die Kommunen vermieden werden. Das ist vor allem also auch eine Maßnahme zur Entlastung der Kommunen!“
Das Innenministerium bemüht sich aktuell gemeinsam mit der Landesaufnahmebehörde darum, eine oder mehrere geeignete zusätzliche Liegenschaften zu finden, in denen Asylsuchende untergebracht und versorgt werden können.