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Regionalisierte Einstellungen bei der Polizei Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10.05.2012; Fragestunde Nr. 7


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die mündliche Anfrage des Abgeordneten Klaus-Peter Bachmann (SPD)

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Seit mehreren Jahren stellen einige Polizeibehörden innerhalb des Landes Niedersachsen ihren Nachwuchs direkt ein, so unter anderem auch die Polizeidirektion Braunschweig.

Hierdurch wird der Behörde einerseits Planungssicherheit gegeben, andererseits wird auch den jungen einzustellenden Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern die Möglichkeit suggeriert, sich nach bestandener Laufbahnprüfung auf eine Verwendung in einem bestimmten Bereich einzustellen und somit ihre Lebensplanung entsprechend zu gestalten.

In den vergangenen Jahren ist es bereits diverse Male vorgekommen, dass von der Polizeidirektion Braunschweig direkt eingestellte Beamtinnen und Beamte nach der Laufbahnprüfung aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht in der Bereitschaftspolizei am Standort Braunschweig verwendet werden konnten, sondern gegen ihren Willen an die Standorte Hannover und Lüneburg versetzt wurden.

Diese Praxis wird von den Betroffenen als sehr unbefriedigend und sozial unverträglich bezeichnet, da den jungen Beamtinnen und Beamten, anders als zu Beginn des Studiums suggeriert, ihre Lebensplanung durch die Versetzung wider Willen teils erheblich erschwert wird.

Zum 1. Oktober 2012 wird eine besonders hohe Anzahl von der PD Braunschweig eingestellter Anwärterinnen und Anwärter ihr Studium an der Polizeiakademie beenden. Da diese Zahl an Absolventinnen und Absolventen die Kapazität der Bereitschaftspolizei in Braunschweig voraussichtlich deutlich übersteigen wird, ist erneut mit Zwangsversetzungen an andere Standorte zu rechnen, trotz der regionalen Einstellung.

Da aber auch die Dienststellen innerhalb der PD Braunschweig insgesamt nicht über ausreichend freie Planstellen verfügen, um Personal aus der Bereitschaftspolizei zu übernehmen, wird befürchtet, dass regional für die PD Braunschweig eingestellte Nachwuchskräfte zukünftig nicht nur für ein oder zwei Jahre an einen anderen Standort der Bereitschaftspolizei versetzt werden, sondern auch in andere Polizeidirektionen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist es zum 1. Oktober 2012 geplant, Absolventinnen und Absolventen der Polizeiakademie, die regional durch die PD Braunschweig eingestellt wurden, in andere Behörden zu versetzen? Wenn ja, in welcher Anzahl?

2. Wie wird die grundsätzliche Problematik des Versetzens von regional eingestellten Nachwuchskräften an andere als die vorgesehenen Standorte bewertet, und in welchen Polizeibehörden wird dies ebenfalls in welchem Umfang Praxis sein?

3. Stimmt die Landesregierung mit der Aussage überein, dass die Studentinnen und Studenten durch die Zusage einer regionalen Einstellung darüber hinweggetäuscht werden, dass sie nach Beendigung des Studiums an andere als den laut Regionaleinstellung vorgesehenen Standorten der Bereitschaftspolizei versetzt werden können?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Mit dem Prinzip der regionalisierten Einstellung verfolgt die Polizei Niedersachsen seit dem Einstellungstermin 01.10.2006 erfolgreich das Ziel, Nachwuchs dort zu gewinnen, wo er nach Abschluss des Studiums und einer Verwendung in der Bereitschaftspolizei im polizeilichen Einzeldienst auf Dauer gebraucht wird. Dies führt nicht nur zu einer frühzeitigen Bindung der Studierenden an ihre zukünftige Behörde. Darüber hinaus stellt es hinsichtlich Planbarkeit und Verlässlichkeit sowohl für die zukünftigen Beamtinnen und Beamten als auch für den Dienstherrn einen großen Gewinn dar. Die Minimierung von örtlichen Verwendungen gegen den Willen der Nachwuchskräfte und der Abbau ursprünglich umfangreicher, behördenübergreifender Versetzungslisten bilden weitere Vorteile dieses Verfahrens. Mit Blick auf den demografischen Wandel trägt die regionalisierte Einstellung so mittelbar auch dazu bei, homogene Entwicklungen der Alterstrukturen in allen Polizeibehörden des Landes zu unterstützen.

Insofern kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass regionalisiert eingestellte Bewerberinnen und Bewerber bei der Versetzung in eine Polizeidirektion (PD) des polizeilichen Einzeldienstes im Bereich der Polizeidirektion Verwendung finden, für die sie eingestellt wurden. Entscheidend ist hierbei genau dieser Zeitpunkt, d.h. die Versetzung in eine Polizeidirektion des polizeilichen Einzeldienstes. Bewusst ausgenommen sind die Zeiten des Studiums sowie einer sich im Regelfall daran anschließenden Verwendung in der Bereitschaftspolizei. Bezüglich des Studiums resultiert dies bereits aus der Standortfrage, da ein Studium zum Beispiel im Bereich der PD Braunschweig nicht angeboten wird. Bezogen auf eine Anschlussverwendung in der Bereitschaftspolizei muss dies deshalb so sein, weil dienstliche Erfordernisse zu berücksichtigen sind und weil, auch vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Einstellungskontingente der Polizeibehörden, eine solche Verwendung rein bedarfsorientiert und auch aus Gründen der an den Standorten gegebenen Kapazitäten gar nicht möglich ist.

Folgerichtig wird bereits auf der Internet-Seite www.polizei-studium.de der Polizeiakademie Niedersachsen unter der Rubrik „Bewerbung“ ganz ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen. Dort heißt es:

„Die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst erfolgt in Niedersachsen „regionalisiert“. Obwohl Sie sich bei einer Zentralen Stelle, der Polizeiakademie, um einen Studienplatz bewerben, werden Sie mit Blick auf Ihren späteren Dienstort eingestellt. Für Sie bedeutet das sowohl, dass Sie bereits bei Ihrer Bewerbung angeben müssen, in welchem Bereich Niedersachsens Sie später Dienst versehen möchten, als auch, dass Sie nach Abschluss des Studiums und einer Einsatzzeit in der Bereitschaftspolizei (Anm.: und nicht an einem bestimmten Standort der Bereitschaftspolizei) damit rechnen können und müssen, in diesen Bereich versetzt zu werden.“

Dieser Umstand wird auch im weiteren Einstellungsverfahren thematisiert. Insofern kann im Zusammenhang mit den Anschlussverwendungen an den jeweiligen Standorten der Bereitschaftspolizei nicht von „Zwangsversetzungen“ entgegen der regionalisierten Einstellung gesprochen werden. Darüber hinaus ist von Belang, dass die Zentrale Polizeidirektion Beamtinnen und Beamten der Bereitschaftspolizei, die zunächst nicht an den Bereitschaftspolizeistandorten ihrer Zielbehörden Verwendung finden konnten – soweit möglich – zum nächst anstehenden Versetzungstermin eine behördeninterne Umsetzung anbietet, so dass sich auch unter zeitlichen Aspekten die Verwendungen an „fremden“ Standorten der ZPD auf ein dienstlich notwendiges Minimum begrenzen.

Die Vorbereitung und erfolgreiche Durchführung des jährlich zum 1. Oktober eines Jahres wiederkehrenden Termins der landesweiten Personalverteilung ist ein hochkomplexes, in sich verzahntes und aufwändiges System von behördenübergreifenden, landesweiten Abhängigkeiten, das es zu planen und umsetzbar zu gestalten gilt. Ziel dieses Systems ist nicht nur, die rein numerisch gerechte Personalausstattung der Polizeibehörden im Quervergleich sicherzustellen. Ebenso ist es das Ziel, den vielfältigen Interessen der Beschäftigten im höchstmöglichen Maße Rechnung zu tragen. Veränderungen gegen den Willen der Nachwuchskräfte sollen minimiert und bestenfalls ganz ausgeschlossen werden. Rein zahlenmäßig geht es um mehr als 1.000 Personalveränderungen, die zu ein und demselben Termin durchzuführen sind. Hierbei geht es nicht nur darum, pensionsbedingte Abgänge in den Behörden auszugleichen. Darüber hinaus sind auch Veränderungswünsche innerhalb der Behörden, langjährig bestehende und behördenübergreifende Versetzungswünsche sowie besondere Schwerpunktsetzungen in Einklang auch mit möglichen Versetzungsabgängen aus der Zentralen Polizeidirektion (Bereitschaftspolizei) und den Absolventinnen und Absolventen der Polizeiakademie Niedersachsen zu bringen. Hierbei gelten die Grundsätze größtmöglicher Transparenz und Gerechtigkeit.

Der jährliche Planungsprozess beginnt jeweils am Anfang des zweiten Quartals und mündet in erste konkrete Besprechungsergebnisse im Rahmen einer landesweiten „Personalplaner-Besprechung“ des Ministeriums für Inneres und Sport mit den Polizeibehörden gegen Mitte eines jeden Jahres. Diese Besprechung bildet den eigentlichen Auftakt der personenbezogenen Personalverteilung eines jeden Jahres, die sich im Folgenden auf Ebene der Polizeibehörden weiter konkretisiert. Daher kann zu Einzelheiten der Personalverteilung zum 1. Oktober des laufenden Jahres zum heutigen Zeitpunkt keine Auskunft erteilt werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt.

Zu 1.:

Zum 01.10.2012 stehen – die erfolgreiche Beendigung des Studiums vorausgesetzt – 97 regionalisiert für die PD Braunschweig eingestellte Polizeibeamtinnen und -beamte zur Versetzung aus der Polizeiakademie an. Diese werden anteilig entweder unmittelbar in der PD Braunschweig oder in der Zentralen Polizeidirektion (Bereitschaftspolizei) Verwendung finden.

In welchem Verhältnis dies der Fall sein wird bzw. in welchen Größenordnungen die verschiedenen Standorte der Bereitschaftspolizei Berücksichtigung finden, kann zum heutigen Zeitpunkt aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen noch nicht näher konkretisiert werden. Eine Versetzung in andere als die genannten Behörden ist nicht beabsichtigt.

Zur Vermittlung eines Bildes wird im Folgenden die Versetzungssituation zu den Terminen der Vorjahre (01.10.2010, 01.10.2011) dargestellt:

Zum 01.10.2010 wurden 63 für die PD Braunschweig regionalisiert eingestellte Polizeibeamtinnen und -beamte aus der Polizeiakademie versetzt. Es erfolgten 61 Versetzungen in die Bereitschaftspolizei. Davon konnten 46 Versetzungen bereits zu diesem Zeitpunkt an den Standort Braunschweig erfolgen, 13 Versetzungen erfolgten an andere Standorte der Bereitschaftspolizei, wie z.B. Hannover oder Lüneburg. 2 weitere Versetzungen erfolgten auf persönlichen Wunsch der Betroffenen in die PD Lüneburg bzw. PD Osnabrück.

Zum 01.10.2011 wurden 45 für die PD Braunschweig regionalisiert eingestellte Polizeibeamtinnen und -beamte aus der Polizeiakademie versetzt. Es erfolgten 11 direkte Versetzungen in die PD Braunschweig sowie 34 weitere Versetzungen in die Bereitschaftspolizei, davon 16 bereits zu diesem Zeitpunkt an den Standort Braunschweig.

Versetzungen von regionalisiert für die PD Braunschweig eingestellten Beamtinnen und Beamten aus der Bereitschaftspolizei heraus sind in den genannten Jahren ebenfalls ausschließlich in die PD Braunschweig erfolgt. Davon ausgenommen sind Wechsel in andere Behörden, die auf Wunsch der Betroffenen wegen persönlicher bzw. privater Beweggründe oder aber aus Gründen der dienstlichen Weiterentwicklung angestrebt wurden oder werden.

Zu 2.:

Das bereits zu Frage 1 dargelegte Prinzip findet auch für regionalisiert eingestellte Bewerberinnen und Bewerber anderer Polizeibehörden Anwendung, d.h. es kommt auch hier entweder unmittelbar zu einer Versetzung in die Zielbehörden oder aber zu einer vorherigen temporären Verwendung an den Standorten der Bereitschaftspolizei. Davon ausgenommen sind wiederum Wechsel in andere Behörden, die auf Wunsch der Betroffenen wegen persönlich-privater Beweggründe oder aber aus Gründen der dienstlichen Weiterentwicklung (i.d.R. dann aus der Bereitschaftspolizei heraus) begehrt wurden oder werden.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 3.:

Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Presseinformation

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erstellt am:
10.05.2012

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