Qualifikation der Mitarbeiter für die „Taskforce“ zum Niedersächsischen Verfassungsschutz
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 13.12.2013; Fragestunde Nr. 84
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Johann-Heinrich Ahlers, Thomas Adasch und Angelika Jahns (CDU).
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Am 27. September 2013 hat der Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, eine aus sieben Personen bestehende „Taskforce“ eingerichtet, um die beim Niedersächsischen Verfassungsschutz über Personen gespeicherten Daten nach zweifelhaften Fällen zu durchsuchen und zu bewerten. Die sieben Mitglieder der „Taskforce“ sind die Vizepräsidentin des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, Martina Schaffer, drei Mitarbeiter des Ministeriums für Inneres und Sport, eine Person aus der Justiz, ein Beamter aus den Reihen der Polizei und ein Vertreter des Landesbeauftragten für den Datenschutz. Im Zweifel entscheidet der Vertreter des Landesbeauftragten für Datenschutz über das Ergebnis der Bewertung, das heißt, ob die Speicherung von Daten über eine Person in ihrem Fall rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche Kriterien sind bei der Auswahl der sieben Mitglieder der „Taskforce“ zum Niedersächsischen Verfassungsschutz eingehalten worden?
2. Ist der Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, für die Auswahl der sieben Mitglieder der „Taskforce“ zum Niedersächsischen Verfassungsschutz verantwortlich, oder welche andere Personen tragen die Verantwortung für sie?
3. Welche Erfahrungen und spezifischen Kenntnisse bringen die sieben Mitglieder der „Taskforce“ zum Niedersächsischen Verfassungsschutz in den beiden Bereichen „Datenschutz“ und „Verfassungsschutz“ mit?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Herr Minister Pistorius hat zur Überprüfung des personenbezogenen Datenbestandes des Verfassungsschutzes eine Task Force eingerichtet.
Die Task Force besteht als unabhängiges Gremium aus sechs stimmberechtigten Mitgliedern, und zwar der kommissarischen Verfassungsschutzvizepräsidentin Martina Schaffer als Leiterin, einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport, die auch die Geschäftsstelle der Task Force bilden, einem weiteren Mitarbeiter des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport, einem Mitglied aus dem Polizeibereich und einem Vertreter der Justiz. Darüber hinaus steht der Vertreter des Landesbeauftragten für den Datenschutz der Task Force als siebtes Mitglied in beratender Funktion bei.
Die Geschäftsstelle der Task Force hat am 8. Oktober 2013 ihre Arbeit aufgenommen und wird zurzeit von zwei Mitarbeiterinnen und zwei Mitarbeitern aus der Abteilung Verfassungsschutz unterstützt.
Aufgabe der Task Force ist es, die nach § 8 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes (NVerfSchG) vorgenommenen und vorhandenen personenbezogenen Speicherungen auf ihre Rechtmäßigkeit und Erforderlichkeit zu überprüfen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Zulässigkeit der Erstspeicherung als auch in Bezug auf die jetzt bestehende Speicherung. Darüber hinaus ist der Auftrag der Task Force, aus den aus der Überprüfung gewonnenen Erkenntnissen mögliche Handlungsempfehlungen für die Speicherung personenbezogener Daten zu entwickeln.
Die Task Force nimmt die Überprüfung des Datenbestandes (ca. 9000 Speicherungen) gegliedert nach Phänomenbereichen vor. Hierbei ist folgende Reihenfolge avisiert:
1. Linksextremismus
2. Extremismus mit Auslandsbezug/Islamismus
3. Rechtsextremismus
Die Überprüfung der einzelnen Speicherungen konnte nach Erteilung der notwendigen Sicherheitsbescheide am 21. Oktober 2013 beginnen. Die Speicherungen werden zunächst von der Geschäftstelle gemeinsam mit den sie unterstützenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung Verfassungsschutz überprüft. Grundlage der Überprüfung sind die in der Amtsdatei des Verfassungsschutzes gespeicherten Erkenntnisse. Soweit diese nicht hinreichend aussagekräftig erscheinen, werden der in den Sachakten vorhandene Aktenrückhalt beigezogen sowie ggf. Erläuterungen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jeweiligen Fachbereichs eingeholt.
Kommt diese erste Überprüfung zu dem Ergebnis, dass die Speicherung rechtmäßig ist, erfolgt keine Vorlage an die übrigen Mitglieder der Task Force. Zweifelhafte Fälle sowie solche, die nach Auffassung der Geschäftsstelle als rechtlich nicht zulässig oder nicht mehr erforderlich eingeschätzt werden, werden der Task Force zur Bewertung vorgelegt. Gegebenenfalls werden hier auch weitere oder ergänzende Einsichtnahmen in die vorhandenen Sachakten oder eine Stellungnahme des Fachbereichs erforderlich. Kommt die Task Force nicht zu einer einvernehmlichen Bewertung, wird der Vertreter des Landesbeauftragten für den Datenschutz in beratender Funktion beteiligt.
Vom Zeitplan her war zunächst angestrebt, die Überprüfungen innerhalb von 3 Monaten abzuschließen, anschließend sollten der Abschlussbericht und Handlungsempfehlungen erarbeitet werden. Die Einhaltung dieses Zeitplans lässt sich jedoch nicht realisieren. Die Prüfung der einzelnen Fälle erfordert einen deutlich höheren Aufwand als zunächst erwartet. So kann eine Bewertung oftmals erst nach Einsichtnahme in die jeweiligen Sachakten oder näherer Erläuterungen durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Fachbereichs vorgenommen werden. Die Überprüfungen im Phänomenbereich Linksextremismus sollen möglichst bis Weihnachten abgeschlossen sein. Es ist noch nicht absehbar, ob die Überprüfung der Datenspeicherungen in den anderen Phänomenbereichen (Extremismus mit Auslandsbezug/Islamismus sowie Rechtsextremismus) einen ähnlich hohen zeitlichen wie auch inhaltlichen Überprüfungsaufwand erfordern wird. Angestrebt ist, die Arbeiten bis Ende April 2014 zum Abschluss zu bringen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.
Für die Task Force wurden Personen ausgewählt, die unter dem Gesichtspunkt von Eignung, Leistung und Befähigung in der Lage sind, die anstehenden Aufgaben mit einem hohen Qualitätsstandard, der notwendigen Stringenz und dem gebotenen Einfühlungsvermögen angesichts der datenschutzrechtlich sensiblen und verfassungsschutzspezifischen Materie auszuführen.
Um sicher zu stellen, dass die für die Aufgabenerledigung erforderliche Neutralität in Bezug auf die bisherige Arbeits- und Vorgehensweise im Verfassungsschutz gewährleistet ist, war für die ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MI eine weitere Voraussetzung, dass Sie aktuell nicht im Bereich des Verfassungsschutzes tätig sind.
Darüber hinaus wurde bei der Zusammenstellung des Personenkreises darauf geachtet, dass die Überprüfung durch die Task Force aus verschiedenen Blickwinkeln erfolgen kann.
Zu 2.
Die Auswahl erfolgte auf Vorschlag des Personalreferates des Ministeriums aufgrund der zwischen dem für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilungsleiter 1, dem Ministerbüro, der Verfassungsschutzpräsidentin und dem Staatssekretär besprochenen Eignungsvoraussetzungen für diese Tätigkeit (s. Antwort zu 1.).
Zu 3.
Bei den ausgewählten Personen handelt es sich um langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der niedersächsischen Landesverwaltung, die über hervorragende Fachkenntnisse und Kenntnisse der Organisation der niedersächsischen Landesverwaltung verfügen.
Zwei Mitglieder der Task Force haben bereits durch frühere Verwendungen beim Verfassungsschutz einschlägige berufliche Erfahrungen sammeln können. Ein Mitglied bringt berufliche Erfahrungen aus dem Bereich Datenschutz mit.
Maßgeblich für die Auswahl der Mitglieder war zudem die Tatsache, dass sie sich insbesondere in ihren bisherigen Verwendungen durch eine ausgezeichnete Rechtsanwendung bewährt haben. Darüber hinaus sind sie in der Lage, sich schnell und umfassend in neue Aufgabenstellungen und Rechtsgebiete einzuarbeiten.
Mit dem Vertreter der Justiz, einem Verwaltungsgerichtspräsidenten a. D., konnte eine Person benannt werden, bei der bereits durch die ehemalige berufliche Stellung dokumentiert wird, dass er es gewohnt ist, nicht weisungsgebunden, sondern unabhängig Entscheidungen zu treffen.
Die Aufgabe des Landesbeauftragten für den Datenschutz und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besteht gerade darin, die informationelle Selbstbestimmung und ihre Beachtung im Gemeinwesen einzufordern und im Konfliktfall datenschutzgerechtes Handeln auch gegen Widerstände durchzusetzen. Der hochrangige Vertreter des Landesbeauftragten für den Datenschutz war deshalb besonders geeignet, als beratendes Mitglied der Task Force tätig zu werden.