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Pistorius nach Abschluss der Herbst-IMK in München: „Wichtige Beschlüsse in sicherheitspolitisch anspruchsvollen Zeiten – teils hätte ich mir mehr Entgegenkommen der Unions-geführten Innenressorts gewünscht“


Nach dem Abschluss der heute (02.12.2022) in München zu Ende gegangen Herbst-Innenministerkonferenz in München hat der Sprecher der SPD-geführten Innenressorts und Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, ein gemischtes Fazit gezogen. Im Mittelpunkt der Tagung standen neben der aktuellen sicherheitspolitischen Lage auch Fragen zum Bevölkerungsschutz, zur Migrationspolitik, Polizei und Cybersicherheit.

Pistorius: „Wir haben in München teils auch kontrovers mit den Kolleginnen und Kollegen der Unions-geführten Innenressorts diskutiert. Ich freue mich darüber, dass es an den meisten Stellen gelungen ist, Kompromisse und tragfähige Lösungen zu finden, auch wenn ich mir an einigen Punkten mehr Entgegenkommen gewünscht hätte. Wir leben angesichts des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise, aber auch der Herausforderungen durch den Klimawandel in innenpolitisch extrem anspruchsvollen Zeiten. Darum ist es wichtig, dass wir uns im Kreis der Innenressortchefinnen und -chefs in den wesentlichen Fragen einig sind.

Hier Zitate von Minister Pistorius zu ausgewählten Schwerpunkten der Herbstkonferenz:


Abschiebestopp Iran

„Auf meine Initiative hin haben wir einen Abschiebestopp in den Iran beschlossen. Davon ausgenommen sind Gefährder oder Personen, die hier schwere Straftaten begangen haben. Ich hätte mir auch einen formellen Abschiebestopp gewünscht, um die klare Botschaft zu senden, dass wir die Situation im Iran sehr genau beobachten und die Gräueltaten des Mullah-Regimes gegen die eigene Bevölkerung auf das Schärfste verurteilen. Das war aber mit den Kolleginnen und Kollegen aus CDU und CSU nicht möglich.“


BSI als Zentralstelle bei der Bekämpfung von Cybersicherheit

„Die Bedrohungen durch Angriffe im digitalen Raum nehmen täglich zu. Nicht nur Unternehmen, auch die kritische Infrastruktur steht immer mehr unter Druck. Wir müssen alles dafür tun, um im Wettlauf mit den Angreifenden nicht den Anschluss zu verlieren. Ich bin davon überzeugt, dass dies nur gemeinsam gelingen kann. Das BSI bietet sich aus meiner Sicht in idealer Weise an, diese gemeinsame Aufgabe als Zentralstelle zu übernehmen. Vorbild ist die Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundeskriminalamtes. Darüber sind wir uns innerhalb der SPD-geführten Innenressorts einig. Es ist schade, dass wir zu der Zentralstellenfunktion des BSI keinen gemeinsamen Beschluss mit den Unions-geführten Innenressorts erreichen konnten. Die Kolleginnen und Kollegen aus CDU und CSU sehen die Cybersicherheit offenbar eher als vor allem föderale Fragestellung an. Das wird der Bedrohung durch diese Angriffe aus unserer Sicht nicht gerecht. Wir brauchen in Deutschland zukünftig eine noch stärkere zentrale Stelle für Cybersicherheit. Diese Stelle könnte alle Angriffe in Echtzeit wahrnehmen und sofort im Konzert mit den Brückenköpfen für dieses Thema in den Ländern Gegenmaßnahmen mit den betroffenen Unternehmen, Verwaltungen oder kritischen Infrastrukturen einleiten. Hier müssen wir im wahrsten Sinne des Wortes immer vor der Lage sein!“


Sprengungen von Geldautomaten

„Die Zahl der Sprengungen von Geldautomaten erreicht in diesem Jahr ein neues Allzeithoch. Tätergruppen verlagern ihre Aktivitäten immer mehr nach Deutschland, weil sie hier offensichtlich leichter an ihre Beute kommen, als beispielsweise in den Niederlanden. Das Risiko, dass Unbeteiligte dabei schwer verletzt werden, steigt von Tag zu Tag. Bereits im Juni habe ich mich mit Vertreterinnen und Vertretern der niedersächsischen Banken und Sparkassen getroffen, damit sie kurzfristig etwas für eine deutlich bessere Sicherung der Geldautomaten tun. Dazu waren die Geldhäuser aber bisher nicht im erforderlichen Umfang bereit oder in der Lage. Es gibt viele sinnvolle und schnell umsetzbare Maßnahmen, um diese Taten kurzfristig einzudämmen und langfristig fast komplett zu verhindern. In den Niederlanden etwa wird bei einer Sprengung Geld zerstört oder verklebt. Auch darum gibt es dort kaum noch Taten. Darum erwarten wir, dass die Banken und Sparkassen der IMK und dem Bundesinnenministerium bis April 2023 klare Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Geldautomaten vorlegen. In Niedersachsen bereiten wir als Innenministerium gemeinsam mit dem Justizministerium zeitgleich eine entsprechende Bundesratsinitiative vor, um Banken zu entsprechenden Maßnahmen zu verpflichten, falls das nicht freiwillig geschieht. Durch die inzwischen bei diesen Taten fast ausschließlich genutzten Festsprengstoffe werden Menschenleben akut gefährdet, das können wir so nicht weiter hinnehmen. Die Täter setzen die Gesundheit und das Leben von Menschen aufs Spiel, bei der unmittelbaren Tatausführung und bei ihrer Flucht vor der Polizei. Deswegen muss ihnen schnell der Anreiz für diese Taten genommen werden.“


Gemeinsam für einen starken Bevölkerungsschutz

„Wir haben im Rahmen unserer Konferenz dem zuständigen EU-Kommissar Janez Lenarčič unsere weitere Unterstützung des europäischen Katastrophenschutzverfahrens RescEU versichert. Wir hatten auf niedersächsischen Vorschlag hin bei der letzten Innenministerkonferenz im Juni in Würzburg einen Beschluss gefasst, in dem wir vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges ein 10-Milliarden-Paket für den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz fordern und Bundesinnenministerin Nancy Faeser um eine Umsetzung auf Bundesebene gebeten. Dazu wurden die ersten Schritte gemacht. Wir brauchen neben zusätzlichen Haushaltsmitteln zukünftig vor allem das politische Bewusstsein, dass Katastrophen- und Zivilschutz immer mehr zu einer Struktur eines ganzheitlichen Bevölkerungsschutzes zusammenwachsen werden. Tatsächliche oder auch Cyber-Angriffe auf unsere kritischen Infrastrukturen, immer mehr Vegetationsbrände durch den Klimawandel und auch verheerende Überschwemmungen wie im Ahrtal sind eine hybride Gefahr, der wir uns gemeinsam im Verbund von Ländern, Bund und EU stellen müssen. Natürlich geht es dabei auch um zukünftig deutlich höhere Kosten – etwa auch für Löschflugzeuge. Niedersachsen hat gegenüber Bund und EU die Bereitschaft erklärt, Löschflugzeuge zu stationieren. Wir hoffen, dass die erste Löschflugzeugstaffel Deutschlands schon 2023 in Niedersachsen in Dienst gesetzt wird.“


Darüber hinaus sagte Pistorius zum Thema Einbürgerung:

„Am Rande der Tagesordnung haben wir uns auch zu der aktuellen Diskussion über die dringend notwendige Erneuerung der Einbürgerung bereits nach fünf und unter gewissen Voraussetzungen schon nach drei Jahren ausgetauscht. Arbeitsmarkt-Expertinnen und -Experten, wie die Bundesarbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles und Unternehmerverbände, sind sich einig, dass wir zukünftig deutlich mehr und qualifiziertere Einwanderung brauchen, damit wir wirtschaftlich leistungsfähig bleiben. Die Pläne für eine modernere Einwanderungspolitik haben wir bereits vor über einem Jahr unter meiner Mitwirkung in den Ampel-Koalitionsvertrag geschrieben. Darum wundere ich mich über die aktuelle mediale Aufregung. Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland. Ausländerinnen und Ausländer sind nach der Einbürgerung beruflich sogar erfolgreicher als gebürtige Deutsche, eingebürgerte Jugendliche machen häufiger Abitur als Jugendliche aus deutschen Familien. Auch die Quote der Erwerbstätigen unter den Eingebürgerten ist so hoch wie bei den gebürtigen Deutschen. Kurz: Einbürgerung ist ein echter Integrationsturbo, auch Herr Dobrindt und Herr Merz wissen das. Darum ist es wichtig, dass es kurzfristig eine tragfähige gesetzliche Lösung bei der Einbürgerung gibt.“

Artikel-Informationen

erstellt am:
02.12.2022

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