Nds. Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen klar Logo

Parlamentarischer Europol-Kontrollausschuss tagt in Berlin zu Rechtsextremismus, Big Data und den möglichen Folgen des Brexit

Co-Vorsitzender Pistorius: „Wir brauchen einen klaren Fokus auf Extremismus und eine ausreichende Finanzierung für Europol, um die wachsenden Herausforderungen bewältigen zu können“


Gestern und heute tagte in Berlin der parlamentarische Kontrollausschuss von Europol, die JPSG (Joint Parliamentary Scrutiny Group). Die Sitzung wurde von dem Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, in seiner Funktion als Co-Vorsitzender des Gremiums für den Bundesrat, geleitet. Der Bundestag wurde durch die Niedersächsische Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag (SPD) vertreten.

Bei der Sitzung wurden wesentliche inhaltliche und strukturelle Fragen hinsichtlich der Arbeit von Europol thematisiert. Nach der Sitzung sagte Minister Pistorius: „Wir haben in einer sehr konzentrierten Sitzung zwei Tage lang über die wichtigsten Fragen zu den Aufgaben, der inhaltlichen Schwerpunktsetzung und der Finanzierung von Europol in den kommenden Jahren diskutiert. Europol nimmt gerade in Zeiten einer immer digitaleren Kriminalität eine Schlüsselrolle bei der Kriminalitätsbekämpfung ein. Das gilt verstärkt vor dem Hintergrund der Folgen der Corona-Pandemie. Auch den Kampf gegen die massiv gewachsene Bedrohung, die von einem zunehmend europaweit zusammenarbeitenden Rechtsextremismus ausgeht, haben wir thematisiert. All diese Aufgaben kosten Geld. Wir haben daher auch die notwendige Erhöhung der finanziellen Mittel für Europol thematisiert. Eine wichtige Frage war darüber hinaus, wie wir Großbritannien als wichtigen Partner für die Zusammenarbeit mit Europol erhalten können.“

Zu den Schwerpunktthemen der Sitzung kurze Statements von Minister Pistorius:

1. Europol braucht eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung

Pistorius: „Für eine verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung müssen bei den aktuell anstehenden Verhandlungen der Mitgliedsstaaten, der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden. Die in der derzeitigen Planung vorgesehenen Mittel sehen trotz stetig neuer Herausforderungen etwa durch die Folgen der Corona-Pandemie oder Cybercrime bisher keinen Mittelaufwuchs, sondern lediglich einen Inflationsausgleich vor. Das reicht nicht aus. Europol und die innere Sicherheit in Europa benötigen eine höhere Finanzierung. Ansonsten können wir uns viele wichtige Projekte zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus sowie zu Cybercrime bald nicht mehr leisten. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer hat heute im Rahmen seines Vortrags den Ausbau von Europol und eine entsprechende Aufstockung der Mittel angemahnt, hier sind wir uns sehr einig.“

2. Der europaweite Kampf gegen Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus ist eine Kernaufgabe für Europol

Pistorius: „Rechtsextremisten vernetzen und radikalisieren sich grenzüberschreitend in der EU und darüber hinaus über das Internet und die Sozialen Medien. Dies setzt neue, moderne und vor allem EU-weite Ermittlungsmethoden voraus. Dafür müssen wir Europol stärken. Dafür braucht es aber auch eine koordinierte Strategie der EU Mitgliedstaaten. Vor allem braucht es aber eine einheitliche Definition von Rechtsextremismus, mit der Europol arbeiten kann. Aktuell können Rechtsextreme vor dem Hintergrund unterschiedlicher Definitionen in den EU Staaten Rückzugsräume entsprechend der nationalen Gesetzeslage schaffen, dieses Problem müssen wir lösen. Diese einheitliche Definition von Rechtsextremismus ist auch nötig, damit wir ein realistisches Lagebild bekommen. Eine verzerrte, auf unterschiedlichen Definitionen beruhende Lageeinschätzung birgt das Risiko, dass die Gefahr unterschätzt wird und dadurch die falschen Schlussfolgerungen gezogen und die falschen Strategien gewählt werden. Gleichzeitig müssen wir gerade in diesem Bereich eine bessere Abstimmung polizeilicher und nachrichtendienstlicher Terrorismusbekämpfung über Europol erreichen. Insgesamt gilt aber auch: Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist nicht allein eine Aufgabe der Polizei und Sicherheitsbehörden. Es ist eine Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten in Europa.“

3. Europol braucht eine sichere Rechtsgrundlage beim Datenschutz

Pistorius: „Europol ist für eine effektive Ermittlungsarbeit essentiell auf die Nutzung einer Vielzahl von Datensätzen angewiesen. Internationale Kriminelle jeder Art nutzen immer intensiver die Möglichkeiten des Internets, des Darknets und der Sozialen Medien und hinterlassen nur online ihre Spuren. Damit Europol hier effektiv und vor allem auf sicherer Rechtsgrundlage nach den Vorgaben des Europäischen Datenschutzbeauftragten arbeiten kann, braucht es eine Klärung zum Mandat von Europol im Bereich des Datenschutzes. Darum schlage ich vor, dass die EU-Kommission um eine Klärung dieses Mandats gebeten wird.“

4. Zusammenarbeit von Europol mit Großbritannien auch nach dem Brexit essentiell

Pistorius: „Die weitere Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ist auch nach dem Brexit von entscheidender Bedeutung für beide Seiten. Wir brauchen daher sehr bald den tragfähigen Abschluss einer Vereinbarung zur zukünftigen Zusammenarbeit von Europol mit Großbritannien, damit die Zusammenarbeit auch nach dem Brexit möglichst nahtlos fortgesetzt werden kann. Ein Abbruch oder eine Unterbrechung der Zusammenarbeit wäre eine große Gefahr für die Sicherheit in der EU und in Großbritannien. Dies haben auch die Diskussionen bei der Sitzung des Europol Kontrollgremiums der Parlamente in der EU heute und gestern gezeigt. Darum haben wir uns in der Troika darauf verständigt, dass wir uns parallel zu den Verhandlungen mit Großbritannien über das Austrittsabkommen Gedanken darüber machen, wie es nach dem 1. Januar 2021 weitergehen kann. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Die Zeit wird knapp.“

  Bildrechte: Deutscher Bundestag (DBT) / Ute Grabowsky
(v.l.n.r.) Bernhard Witthaut, Susanne Mittag und Boris Pistorius
  Bildrechte: Deutscher Bundestag (DBT) / Ute Grabowsky
Tagung des parlamentarischen Europol-Kontrollausschuss
  Bildrechte: Deutscher Bundestag (DBT) / Ute Grabowsky
Tagung des parlamentarischen Europol-Kontrollausschuss
  Bildrechte: Deutscher Bundestag (DBT) / Ute Grabowsky
Innenminister Boris Pistorius
  Bildrechte: Deutscher Bundestag (DBT) / Ute Grabowsky
Innenminister Boris Pistorius

Artikel-Informationen

erstellt am:
29.09.2020

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln