Nds. Landesregierung erkennt die verfassungsrechtliche und sicherheitspolitische Bedeutung der Deutschen Marine an
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.04.2013; Fragestunde Nr. 39
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Bernd-Carsten Hiebing, Ulf Thiele und Karl-Heinz Bley (CDU)
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Der Spitzenkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2013, Peer Steinbrück, hatte Medienberichten zufolge während einer Fachkonferenz der SPD-Bundestagsfraktion zur gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur gesagt: „(…) Besser wäre es doch, wenn sich Deutschland mit seinen Anrainern an Nord- und Ostsee zusammentun würde, um gemeinsam eine Marine zu betreiben (…)“ (Zitiert nach Jeversches Wochenblatt, 18. März 2013). Damit griff Steinbrück eine Idee aus dem Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2013 auf: „Wir wollen, dass die begonnene Reform der Bundeswehr zu einer weiteren Europäisierung der Streitkräfte im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Verteidigungsplanung führt“ (SPD-Bundestagswahlprogramm, Seite 96).
Für seine Äußerungen wurde Steinbrück u. a. vom deutschen Reservistenverband kritisiert. In einem Kommentar auf der Verbandshomepage heißt es: „Wer die Deutsche Marine europäisieren will, gibt einerseits einen großen Teil unserer Souveränität auf und gefährdet andererseits die Sicherheit unserer maritimen Handelswege - und damit unseren Wohlstand“ (www.reservistenverband.de). Verteidigungspolitiker kritisierten, dass neben einer Schwächung der im Rahmen der Operation Atalanta entsandten Truppen eine zusätzliche Bedrohung für die zuletzt im Rahmen der Bundeswehrreform gesicherten Standorte der Deutschen Marine in Wilhelmshaven und Nordholz entstehen könnte.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie viele Marinesoldaten sind in Niedersachsen stationiert?
2. Welche wirtschaftlichen Folgen wären durch eine Schließung niedersächsischer Marinestandorte zu erwarten?
3. Wird die niedersächsische Landesregierung gegen SPD-Pläne der deutschen Marine intervenieren, wenn der in der Einleitung genannte Textbaustein auf dem außerordentlichen Parteitag der SPD in Augsburg am 14. April 2013 verabschiedet wird?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Die Deutsche Marine ist eine Teilstreitkraft und ein militärischer Organisationsbereich der Bundeswehr. Das Bundesministerium der Verteidigung stellt fest:
„Die Einsatzorientierung und Einsatzbefähigung der Marine steht unverändert im Vordergrund. (…) Zugleich behält die Marine ihre Verantwortung für die maritime Sicherheit Deutschlands. Sie leistet diese Beiträge sowohl streitkräftegemeinsam als auch in einem multinationalen Rahmen. Die Marine intensiviert die Zusammenarbeit mit Partnern, insbesondere im europäischen Rahmen.“ (Broschüre „Die Neuausrichtung der Bundeswehr“, März 2012, Kap. 4.5).
Die damit aufgezeigte sicherheitspolitische Notwendigkeit der Deutschen Marine wird von der Niedersächsischen Landesregierung in keiner Weise in Frage gestellt, sondern vielmehr bekräftigt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
In Niedersachsen sind in Dienststellen der Marine derzeit insgesamt 7.260 militärische und 3.066 zivile Dienstposten abgebildet. Die beiden wichtigsten Standorte sind Wilhelmshaven mit u. a. der Einsatzflottille 2 und Nordholz mit dem Marinefliegerkommando.
In den oben genannten Zahlen nicht berücksichtigt sind sogenannte „Marineuniformträger“, die streitkräftegemeinsame Aufgaben in anderen Standorten erfüllen, und Dienstposten für Reservedienstleistende.
Zu 2.:
Eine Schließung der niedersächsischen Marinestandorte würde zu erheblichen nachteiligen wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Küstenregionen im Bereich Wilhelmshaven und Nordholz führen. Die Marine ist an beiden Standorten ein wichtiger regionaler Wirtschaftsfaktor. Mit einer Schließung wäre der Wegfall von beträchtlicher Kaufkraft durch die dort bediensteten Marine-Angehörigen verbunden, was sich in Form sinkenden Konsums deutlich auf die örtliche Wirtschaft auswirken würde. Ebenso würden Aufträge und Dienstleistungen der Marine an örtliche Unternehmen und Betriebe entfallen, was zu negativen Folgen bei den betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen und Handwerksbetriebe führen würde. Die Wirtschaftsstruktur in beiden Bereichen würde sich im Ergebnis ganz erheblich verschlechtern. Zudem wäre ein beträchtlicher Leerstand an Wohnungen und Wohnhäusern sowie an nicht mehr benötigten bundeseigenen Liegenschaften zu erwarten.
Zu 3.:
Die Niedersächsische Landesregierung erkennt die verfassungsrechtliche und sicherheitspolitische Bedeutung der Deutschen Marine an und bekennt sich zu den niedersächsischen Marinestandorten. Weiterer Handlungsbedarf besteht zurzeit nicht.