Lockerung der Residenzpflicht
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 29.08.2013; Fragestunde Nr. 46
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Jan-Christoph Oetjen und Christian Dürr (FDP).
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Asylbewerberinnen und Asylbewerber können sich seit dem 1. März 2012 in Niedersachsen frei bewegen. Die schwarz-gelbe Regierung stimmte damals einer entsprechenden Verordnung zu. Davor durften Asylsuchende, deren Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen war gemäß § 56 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), den Bezirk ihrer Ausländerbehörde nicht oder nur mit Erlaubnis verlassen.
Nachdem die FDP-Fraktion im Jahr 2011 die Lockerung der Residenzpflicht gefordert hat, haben im Frühjahr 2013 die Freie Hansestadt Bremen und das Land Niedersachsen von der Ermächtigung in § 58 Abs. 6 AsylVfG Gebrauch gemacht und Rechtsverordnungen erlassen, mit denen es Asylbewerberinnen und Asylbewerbern erlaubt wird, sich während ihrer Asylverfahren vorübergehend in dem Gebiet des jeweils anderen Landes aufzuhalten.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie beurteilt die Landesregierung die bislang gemachten Erfahrungen mit der landesweit neu geregelten Residenzpflicht?
2. Welche Auswirkung hat die Lockerung auf Beschäftigungsverhältnisse von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern?
3. Beabsichtigt die Landesregierung, weitere Staatsverträge mit anderen Bundesländern bezüglich der Lockerung der Residenzpflicht zu schließen, oder kann eine bundesweite Freizügigkeit erreicht werden?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Die Niedersächsische Landesregierung erachtet es als wichtige Aufgabe, die Lebenssituation von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen und -bewerbern zu verbessern.
Unmittelbar nach dem Regierungswechsel wurde die Asylbewerberaufenthalts-Verordnung (AsylAVO) geändert und den Begünstigten der vorübergehende erlaubnisfreie Aufenthalt in der Freien Hansestadt Bremen ermöglicht. Bremen hat eine inhaltsgleiche Verordnung erlassen. Damit haben Niedersachsen und Bremen unter den Bundesländern eine Vorreiterrolle übernommen und als erste Bundesländer länderübergreifende Verordnungen erlassen.
Darüber hinaus wird sich die Landesregierung auf Bundesebene für die Aufhebung der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts (Residenzpflicht) von Asylbegehrenden einsetzen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Wie in den Vorbemerkungen erwähnt, dürfen sich Asylbewerberinnen und -bewerber, die nicht mehr verpflichtet sind, sich in Aufnahmeeinrichtungen aufzuhalten, seit dem 24. April 2013 ohne spezielle Erlaubnis vorübergehend in den Gebieten des Landes Niedersachsen und der Freien Hansestadt Bremen aufhalten. Diese Erweiterung hat den von der AsylAVO begünstigten Personen in sozialer und familiärer sowie in wirtschaftlicher Hinsicht eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Der Landesregierung liegen - und dies entspricht der Intention der Neuregelung - keine statistischen Erkenntnisse vor, in welchem Umfang die Begünstigten diese Freiheiten nutzen. Es ist gerade Sinn der AsylAVO, den Asylbewerberinnen und -bewerbern die Wahl des vorübergehenden Aufenthalts ohne behördliche Einzelfallentscheidungen zu gewähren. Damit entfallen aber auch statistische Erfassungsmöglichkeiten. Gleichfalls liegen keine Erkenntnisse vor, die die Lockerung der Aufenthaltsbeschränkung in Frage stellen könnten.
Zu 2.:
Mit der Lockerung der räumlichen Beschränkung haben Asylbewerberinnen und -bewerber aus Niedersachsen und Bremen verbesserte Möglichkeiten, sich bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern innerhalb Niedersachsens und der Freien Hansestadt Bremen um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu bemühen. Anreise und Aufenthalt, beispielsweise zum Zweck einer Vorsprache oder eines Vorstellungsgesprächs, bedürfen nunmehr keiner speziellen Erlaubnis. Für den Fall der Arbeitssuche bzw. Arbeitsaufnahme in einem anderen Bundesland besteht weiterhin die Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Erlaubnis nach den Vorgaben des § 58 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AsylVfG.
Zu 3.:
Im Zuge der Verhandlungen mit Bremen wurde auch Hamburg wegen seiner geografischen Gegebenheiten ein Vorschlag für den Abschluss einer länderübergreifenden Vereinbarung unterbreitet. Diese Initiative ist bisher nicht auf eine positive Resonanz gestoßen. Um eine bundesweit einheitliche Regelung zu erreichen, wird sich die Niedersächsische Landesregierung wie bereits dargestellt im Zuge der nächsten Änderung des AsylVfG für eine bundesweite Lösung einsetzen. Weitere Vereinbarungen mit den angrenzenden Bundesländern werden geprüft.
Es soll jedoch zunächst abgewartet werden, inwieweit die angestrebte bundesweite Regelung umgesetzt werden kann.
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erstellt am:
04.09.2013