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Landesaufnahmebehörde Niedersachsen Standort Bramsche-Hesepe

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 28.09.2012; Fragestunde Nr. 47


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Enno Hagenah und Filiz Polat (GRÜNE)

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Der Leiter der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen Standort Bramsche spricht in einem Interview in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 15. September 2012 von eigenen Erfahrungen über illegale Beschäftigung der Bewohnerinnen und Bewohner. So wisse er von Fällen, in denen „12 000 Euro an Schleuser geflossen“ seien. „Unserer Erfahrung nach und auch den Aussagen der Menschen zufolge müssen sie nun zusehen, dieses Geld, das sie investiert haben, wieder hereinzuholen, und gehen vielfach illegaler Beschäftigung nach“, so der Leiter im Interview selbst. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen verweist in seiner Presseinformation vom 17. September 2012 als Reaktion auf das Interview in der Neuen Osnabrücker Zeitung darauf, dass „Flüchtlinge vor dem Hintergrund der menschenunwürdigen Leistungen für Asylsuchende (40 % unter Hartz IV) zumindest bis Juli 2012 begehrte Subjekte von Unternehmen gewesen sein könnten, die die Notlage dieser Menschen ausgenutzt und Asylsuchende ausgebeutet haben“. Der Flüchtlingsrat wirft die Frage auf, über welche Informationen der Leiter verfüge, die belegen, dass Ausbeutung und Menschenhandel im Umfeld „seines Arbeitsplatzes offenbar ‚üblich’“ seien.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche konkreten Informationen über illegale Beschäftigung und Menschenhandel liegen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen Standort Bramsche vor?

2. Welche Maßnahmen wurden vonseiten der Leitung ergriffen, um Menschenhandel und illegale Beschäftigung zu melden?

3. Wann und wie oft ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit vonseiten der Leitung eingeschaltet worden?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Das Land Niedersachsen ist gesetzlich zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat das Land die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) mit den Standorten Bramsche, Braunschweig und Friedland errichtet. Die LAB NI wird multifunktional als Aufnahmeeinrichtung, Gemeinschaftsunterkunft und Ausreiseeinrichtung im Sinne des Asylverfahrensgesetzes und des Aufenthaltsgesetzes genutzt, wobei in der Gemeinschaftsunterkunft am Standort Bramsche mit einer Regelkapazität von bis zu 600 Betten die Förderung der freiwilligen Ausreise einen Schwerpunkt der Arbeit bildet.

Der Leiter des Standortes Bramsche hat sich in einem Interview der „Neuen Osnabrücker Zeitung" zur Belegungssituation in seiner Einrichtung und zu den Motiven der gegenwärtig insbesondere aus dem Balkanraum in hoher Zahl visumfrei einreisenden Asylsuchenden geäußert.

Den gegen den Leiter des Standortes Bramsche erhobenen Vorwurf des Rechtspopulismus weise ich im Namen der Landesregierung entschieden zurück. Der Standortleiter ist seit vielen Jahren in verantwortungsvoller Funktion im Bereich der Flüchtlingsaufnahme tätig. Er genießt in der Fachaufsicht, bei der Leitung der Landesaufnahmebehörde und auch bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hohen Respekt und große Anerkennung. Dies gilt über die Landesgrenzen hinaus insbesondere für sein langjähriges Engagement zur Förderung der freiwilligen Ausreise. Seine Feststellungen zur Belegungssituation und zu den Ursachen der erhöhten Asylzugänge sind zutreffend und von daher auch nicht zu kritisieren. Unabhängig von dem allgemeinen Anstieg der Zahl der Asylantragsteller in den vergangenen Jahren, beispielweise durch die Ereignisse in Afghanistan, im Irak und in Syrien, wird seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bundesweit ein sprunghafter Anstieg von Asylantragstellern vornehmlich aus jenen Balkanländern verzeichnet, die Visafreiheit genießen (z.B. Serbien und Mazedonien). Die Zahlen der in jüngster Zeit in Niedersachsen von Asylsuchenden aus Serbien, Mazedonien, Kosovo, Montenegro und Bosnien-Herzegowina gestellten Asylanträge belegen dies überdeutlich:

Monat

Asylanträge

Monat

Asylanträge

Juli 2011

53

August 2011

48

Juli 2012

117

August 2012

181

Steigerung zum Vorjahr in %

+ 221%

+ 377 %

Der Verlauf des September 2012 lässt bundesweit eine Verdreifachung der Zugangszahlen im Vergleich zum Vorjahresmonat erwarten. Auf diese Entwicklung hat der Leiter des Standortes Bramsche in enger Abstimmung mit der Behördenleitung der Landeaufnahmebehörde zu Recht hingewiesen. Diese Besorgnisse als „Nährboden für Rechtspopulismus" abzutun, verkennt die Probleme, die durch den starken Anstieg der Zuwanderung entstehen und um deren Lösung die Verwaltung täglich bemüht ist. Eine wie auch immer geartete Einflussnahme des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Aussagen des Leiters erfolgte nicht.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1.:

Der Leitung des Standortes Bramsche sind durch Mitteilung verschiedener Dienstellen (z.B. Zoll, Polizeidienststellen) immer wieder Verdachtsfälle der illegalen Beschäftigung mitgeteilt worden. Im Jahr 2010 waren dies 20, in 2011 insgesamt 42 und im Jahr 2012 bis September schon 25 Verdachtsfälle der illegalen Beschäftigung. Vielfach waren dies unerlaubt eingereiste Personen, die erst nachdem die zuständigen Behörden Kenntnis von ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet erhalten haben, einen Asylantrag gestellt haben, um auf diese Weise ihren Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren.

Konkrete Erkenntnisse über Menschenhandel im Zusammenhang mit der Landesaufnahmebehörde am Standort Bramsche liegen der dortigen Standortleitung nicht vor.

Zu Frage 2.:

Im Jahr 2010 wurde in Bramsche auf Initiative der Standortleitung ein „Runder Tisch Schwarzarbeit" unter Beteiligung der örtlich zuständigen Polizeidienststellen (Polizeiinspektion Osnabrück, Polizeikommissariat Bramsche), der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (Hauptzollamt Osnabrück) und des Fachaufsichtsreferats eingerichtet. Der von der Bundesfinanzveraltung entwickelte „Leitfaden über die Grundsätze der Zusammenarbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung mit den Ausländerbehörden in den Ländern" ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit dieses Gremiums. Die Zusammenarbeit mit den Polizeidienstellen der Landespolizei und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist nach Auskunft der Landesaufnahmebehörde hervorragend, auch wenn sich in einer Vielzahl von Verdachtsfällen der gerichtsfeste Nachweis der Schwarzarbeit oder illegalen Beschäftigung nicht führen lässt.

In diesem Kontext spielte das Thema Menschenhandel bisher keine Rolle.

Zu Frage 3.:

Der „Runde Tisch Schwarzarbeit" tagt mindestens einmal jährlich, aus besonderen Anlässen auch häufiger. Statistiken darüber, in wie vielen Einzelfällen durch die LAB NI am Standort Bramsche der Finanzkontrolle Schwarzarbeit einzelne Verdachtsfälle gemeldet wurden, liegen nicht vor.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.10.2012

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