Kosten für die Stichwahlen der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten
Kosten für die Stichwahlen der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 01.11.2013; Fragestunde Nr. 10
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten
Bernd-Carsten Hiebing, Angelika Jahns und Mechthild Ross-Luttmann (CDU)
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Das Niedersächsische Kommunalwahlgesetz sieht seit dem 26. September 2013 die Durchführung von Stichwahlen bei der Wahl kommunaler Hauptverwaltungsbeamter vor, wenn im ersten Wahlgang kein Bewerber mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnte.
Die Begründung des Gesetzentwurfes (Drs. 17/25 neu) führt aus, dass dadurch die Demokratie gestärkt würde. Die Kosten bei den Kommunen für die Durchführung von Stichwahlen seien nicht bezifferbar.
Am 6. Oktober 2013 fanden im Nachgang zu den Wahlen von kommunalen Hauptverwaltungsbeamten am 22. September 2013 mehrere Stichwahlen statt.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Mit wie vielen Stimmen wurden in den Stichwahlen vom 6. Oktober 2013 die neuen Hauptverwaltungsbeamten gewählt, und wie viele Stimmen hatten diese und die weiteren Bewerber zuvor in den Wahlen vom 22. September 2013 erhalten?
2. Wie hoch sind die Kosten der einzelnen Kommunen für die Stichwahlen vom 6. Oktober 2013 gewesen?
3. Aufgrund welcher politikwissenschaftlichen Theorie ist vor dem Hintergrund der Antworten auf die Fragen 1 und 2 eine Stärkung der Demokratie festzustellen?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Mit Gesetz vom 19. Juni 2013 (Nds. GVBl. S. 160) ist in Niedersachsen die Stichwahl eingeführt und damit die früher geltende Rechtslage wieder hergestellt worden. In keinem anderen Bundesland reicht bei Direktwahlen die einfache Mehrheit in einem einzigen Wahlgang aus. Auch die Bundesländer Thüringen und Nordrhein-Westfalen, die noch vor Niedersachsen die Stichwahlen abgeschafft hatten, haben diese Entscheidung in den Jahren 2010 bzw. 2011 rückgängig gemacht und die Stichwahlregelungen wieder eingeführt.
Damit ist jetzt wieder in allen Bundesländern bei den Direktwahlen der hauptamtlichen Hauptverwaltungsbeamtinnen und –beamten eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erforderlich. Bei Nichterreichen dieses Quorums ist bundesweit – mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Sachsen, wo eine Neuwahl festgelegt wird – wie in Niedersachsen eine Stichwahl vorgesehen.
Die Kosten für die Stichwahl bei einer Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten hängen im Wesentlichen von der Größe der jeweiligen Kommune (Zahl der Wahlberechtigten, Zahl der zu errichtenden Wahlräume und der zu berufenden Mitglieder der Wahlvorstände), der Briefwahl-Beteiligung sowie der technischen und personellen Ausstattung etc. ab.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Landesregierung geht davon aus, dass die Frage entgegen ihres Wortlautes nicht ausschließlich auf die Wahl der Hauptverwaltungsbeamten beschränkt sein soll und schließt deshalb zur Vollständigkeit nachstehend auch die Angaben zu den in den Stichwahlen gewählten Hauptverwaltungsbeamtinnen in die nachfolgende Beantwortung mit ein.
A) Die am 6. Oktober 2013 gewählten neuen Hauptverwaltungsbeamten wurden mit folgender Stimmenanzahl gewählt:
Wahlsieger |
Stimmen |
|
Flecken Adelebsen |
Frase, Holger |
2.118 |
LK Hameln-Pyrmont |
Bartels, Tjark |
32.906 |
Landeshauptstadt Hannover |
Schostok, Stefan |
101.801 |
SG Hollenstedt |
Albers, Heiner |
2.273 |
Stadt Jever |
Albers, Jan Edo |
3.288 |
SG Marklohe |
Friemelt, Volker |
1.864 |
LK Northeim |
Wickmann, Michael |
23.095 |
Stadt Osnabrück |
Griesert, Wolfgang |
28.899 |
Stadt Sulingen |
Rauschkolb, Dirk |
2.784 |
Außerdem wurden am 6. Oktober 2013 die folgenden neuen Hauptverwaltungsbeamtinnen mit folgender Stimmenanzahl gewählt:
Wahlsiegerinnen |
Stimmen |
|
Stadt Ronnenberg |
Harms, Stephanie |
4.474 |
Gem. Seevetal |
Oertzen, Martina |
8.867 |
B) Bei den Direktwahlen am 22. September 2013 erreichten die unter A) genannten Wahlsiegerinnen und Wahlsieger sowie die mit ihnen angetretenen Bewerberinnen und Bewerber folgende Stimmenanzahl (die Zahlen beruhen auf den Meldungen der vorläufigen Ergebnisse der Direktwahl an die Landeswahlleiterin bzw. auf der Bekanntgabe der endgültigen Wahlergebnisse, soweit diese der Landeswahlleiterin übermittelt wurden):
Flecken Adelebsen:
Stimmen |
|
Frase, Holger |
2.068 |
Vetter, Elke |
1.058 |
Dr. Hasselmann, Norbert |
1.021 |
Otte, Klaas |
173 |
Landkreis Hameln-Pyrmont:
Name |
Stimmen |
Bartels, Tjark |
34.347 |
Schünemann, Uwe |
31.628 |
Schulte, Torsten |
13.638 |
Schmidtchen, Hermann |
5.042 |
Landeshauptstadt Hannover:
Name |
Stimmen |
Schostok, Stefan |
131.989 |
Waldraff, Matthias |
91.322 |
Schlieckau, Lothar |
29.705 |
Kaminski, Maren |
17.163 |
Samtgemeinde Hollenstedt:
Name |
Stimmen |
Wille, Mike |
2.926 |
Albers, Heiner |
2.783 |
Bunkowsky, André |
1.107 |
Stadt Jever:
Stimmen |
|
Schnieder, Frank |
2.037 |
Albers, Jan Edo |
3.632 |
Rüstmann, Dietmar |
2.858 |
Samtgemeinde Marklohe:
Name |
Stimmen |
Dudek, Jörg |
999 |
Friemelt, Volker |
2.286 |
Lempfer, Thorsten |
544 |
Rhein, Joachim |
1.172 |
Landkreis Northeim:
Name |
Stimmen |
Wickmann, Michael |
39.484 |
Dr. von Garmissen, Bernd |
32.039 |
Wolkenhauer, Jörg |
7.876 |
Stadt Osnabrück:
Stimmen |
|
Griesert, Wolfgang |
39.295 |
Bornemann, Birgit |
28.498 |
Klein, Thomas |
10.150 |
Seidler, Robert |
1.889 |
Steiffen, Christian |
2.790 |
Wefel, Kalla |
2.153 |
Stadt Ronnenberg:
Name |
Stimmen |
Kölle, Torsten |
5.241 |
Harms, Stephanie |
4.318 |
Jung, Torsten |
3.552 |
Gemeinde Seevetal:
Name |
Stimmen |
Oertzen, Martina |
12.583 |
Sauck, Ulrich |
8.666 |
Metelski, Peter |
1.347 |
Cramer, Willi |
3.349 |
Stadt Sulingen:
Name |
Stimmen |
Maatz, Frank |
2.482 |
Rauschkolb, Dirk |
2.470 |
Sonnwald, Matthias |
1.680 |
Zu 2.:
Anlässlich der Mündlichen Anfrage hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport die betroffenen Kommunen um kurzfristige Mitteilung über die Höhe der dortigen Kosten für die Stichwahl am 6. Oktober gebeten.
Bei den meisten Kommunen konnten die Kosten in der Kürze der Zeit noch nicht im Einzelnen vollständig ermittelt werden. Zu berücksichtigen sind unter anderem die Entschädigungen für die Ausübung von Wahlehrenämtern („Erfrischungsgelder“), Druck- und Portokosten (für Bekanntmachungen, Briefwahlunterlagen, Wahlbriefe, Wahlhelferberufung, Stimmzettel, Unterrichtsmaterial etc.), ggf. auch EDV-Kosten und sonstige Kosten sowie Personal- und sonstiger verwaltungsinterner Aufwand.
Folgende (vorläufige) Kosten wurden von den Kommunen bisher ermittelt:
Vorläufige Kosten der |
Hinweise |
|
Flecken Adelebsen |
4.530,00 € |
Personalaufwand in Höhe von 2.400 € kommt hinzu |
LK Hameln-Pyrmont |
90.000,00 € |
Vorläufige Schätzung, da die Abrechnung mit den Gemeinden noch aussteht |
Stadt Hannover |
210.000,00 € |
Vorläufige überschlägige (Grob-)Übersicht nach den Kosten-Planungen (ohne Kosten für festes Personal und deren Überstunden) |
SG Hollenstedt |
9.100,00 € |
incl. 4.600 € Personalkosten |
Stadt Jever |
12.000,00 € |
incl. Personalkosten |
SG Marklohe |
4.500,00 € |
|
LK Northeim |
98.200,00 € |
zuzüglich weiterer Personalkosten, die zum Teil kurzfristig nicht ermittelt werden konnten |
Stadt Osnabrück |
87.580,00 € |
incl. ca. 35.000 € Personalkosten |
Stadt Ronnenberg |
17.904,00 € |
|
Gem. Seevetal |
22.300,00 € |
Zunächst nur externe Kosten. Interne Sach- u. Personalkosten kurzfristig nicht bezifferbar. |
Stadt Sulingen |
3.300,00 € |
ohne zusätzliche Personalkosten |
Zu 3.:
Ein Politik-theoretischer Zusammenhang zwischen dem Anfall von Wahldurchführungskosten und der Stärkung der Demokratie besteht nach hiesigen Erkenntnissen nicht.
Die Wiedereinführung der Stichwahl beruht im Wesentlichen auf der Gegenthese zu den Gründen, die im Jahr 2010 für deren Abschaffung maßgeblich waren.