Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamtinnen und -beamten
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.04.2013; Fragestunde Nr. 23
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns und Thomas Adasch (CDU)
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Im Landesjournal Niedersachsen der März-Ausgabe der Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist auf Seite 6 ein Gespräch zwischen der GdP und dem Innenminister zu lesen. Dort antwortet Minister Pistorius auf die Frage, ob er mit dem rot-grünen Koalitionsvertrag zufrieden sei, wie folgt:
„Ja. Natürlich ist es in der Politik so, dass man Kompromisse schließen muss, wenn man alleine nicht regieren kann. Insofern gibt es strittige Punkte, wie z. B. die Kennzeichnung der Polizeibeamten, die unser Koalitionspartner fordert.“
Im Wahlprogramm der SPD Niedersachsen für die Landtagswahl 2013 heißt es auf Seite 48: „Eine SPD-Landesregierung wird … mit den Gewerkschaften und den Berufsvertretungen einen Weg prüfen, ob und in welcher Form in Niedersachsen eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte eingeführt werden soll.“
In der Koalitionsvereinbarung der neuen Landesregierung ist auf Seite 17 geschrieben: „Nach dem Vorbild der anderen Bundesländer wird eine individualisierte, anonymisierte Kennzeichnung der Polizei bei geschlossenen Einsätzen angestrebt.“
Wir fragen die Landesregierung:
1. Ist eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte innerhalb der Landesregierung strittig, wie Minister Pistorius gegenüber der GdP äußert?
2. Würde die Landesregierung nach ergebnislosen Gesprächen mit Gewerkschaften und Personalvertretungen über eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht auf die Einführung einer solchen verzichten?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Die Polizei in Niedersachsen arbeitet bürgernah und bürgerorientiert. Es liegt in ihrem Interesse und es ist ihr Anliegen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei durch Offenheit und Transparenz des Handelns zu stärken. Das hierauf ausgerichtete Tragen von Namensschildern ist ausdrücklich erwünscht und hat sich in der täglichen Praxis bewährt; es wird als Ausdruck bürgernaher Polizeiarbeit verstanden. Im Übrigen sind Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte im Sinne von bürgerorientierter Polizeiarbeit grundsätzlich verpflichtet, auf Wunsch eines Betroffenen je nach Einsatzlage den Dienstausweis vorzuweisen bzw. den Namen und die Dienststelle zu nennen, wenn dadurch die Vornahme von Amtshandlungen nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Offenheit und Transparenz sind somit Teil der Kommunikationskultur der Polizei Niedersachsen.
Die Einführung einer „individualisierten, anonymisierten Kennzeichnungspflicht“ ist nicht für die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten des sogenannten polizeilichen Einzeldienstes im täglichen Dienst vorgesehen.
Sie wird ausschließlich auf die Kennzeichnung für Einsatzeinheiten bei geschlossenen Einsätzen, so z.B. für Bereitschaftspolizeieinheiten oder Einheiten der Landeseinsatzorganisation, geprüft. Bei der Kennzeichnungspflicht gilt es auch, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten zu beachten. Die Gefahr falscher Anschuldigungen und des Missbrauchs gegen Einsatzkräfte ist daher in die Gesamtabwägung mit einzubeziehen.
Zur Frage einer individuellen, anonymisierten Kennzeichnungspflicht prüft die Landesregierung derzeit alle wesentlichen Aspekte. Dazu gehört neben einer bundesweiten Sachstandsanfrage die Berücksichtigung aller Argumente des Koalitionspartners sowie der Gewerkschaften und der Berufsvertretungen.
Zeitnah findet ein Sondierungsgespräch mit den Polizeigewerkschaften und Berufsvertretungen sowie den Personalvertretungen statt. Dabei sollen die verschiedenen Ansichten und Rahmenbedingungen mit dem Ziel, einen tragfähigen Konsens zu entwickeln, erörtert werden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Nein, im Übrigen nehme ich auf die Vorbemerkungen Bezug.
Zu 2.:
Der Dialog mit den Gewerkschaften, Berufsvertretungen und den Personalvertretungen setzt auf die Bereitschaft, Kompromisse und Lösungen zu finden. Die Ergebnisse dieser Gespräche beeinflussen maßgeblich die Entscheidung und sind aus diesem Grund abzuwarten.