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Innenminister Pistorius nach Sonder-IMK in Brüssel: „Wir haben eine vollkommen neue Sicherheitslage in Europa. Wir müssen daher unsere militärische und zivile Verteidigung viel stärker in den Blick nehmen. Das geht nur gemeinsam.“

Im Rahmen einer Sonder-Innenministerkonferenz in Brüssel haben sich die Innenministerinnen und -minister sowie die Innensenatorin und -senatoren der Länder sowie Bundesinnenministerin Nancy Faeser gestern und heute (23.3.2022 und 24.3.2022) zu den Schwerpunktthemen Polizeiliche Zusammenarbeit, Migration sowie Katastrophenschutz ausgetauscht. Im Fokus der Diskussionen standen dabei die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, insbesondere auf die verschiedenen Bereiche der inneren Sicherheit. Bereits vor Beginn der gemeinsamen Konferenz führte der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport und Sprecher der SPD-geführten Innenressorts, Boris Pistorius, gemeinsam, mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser, dem Bayerischen Staatsminister des Innern und IMK-Vorsitzenden, Joachim Herrmann, sowie dem Hessischen Minister des Innern und für Sport sowie Sprecher der unionsgeführten Innenressorts, Peter Beuth, ein Gespräch zu den Vertriebenen aus der Ukraine mit der Kommissarin für Inneres der EU-Kommission, Ylva Johannson.

Zum Abschluss der IMK sagte Minister Pistorius: „Bund und Länder stehen an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Menschen, die das Land aufgrund Putins brutalem Krieg verlassen müssen, erhalten bei uns Schutz und Unterstützung. Hier bin ich mir mit meinen Kolleginnen und Kollegen einig. Wir brauchen aber auch eine faire Verteilung innerhalb der EU. Erforderlich sind jetzt schnellstmöglich mehr Transportangebote an der ukrainischen Grenze – gerade in Länder, die bislang weniger Menschen aufgenommen haben. Das habe ich auch gemeinsam mit der Bundesinnenministerin bei unserem Gespräch mit Innenkommissarin Ylva Johansson sehr deutlich gemacht.“

Minister Pistorius setzte sich im Rahmen der Konferenz nochmals für seine seit vielen Jahren erhobene Forderung nach einer Stärkung und Weiterentwicklung von Europol zu einem Europäischen Kriminalamt – einer Art europäisches FBI – mit eigenen operativen Befugnissen ein.

Pistorius: „Die EU steht zur Bewältigung der Auswirkungen des Ukrainekrieges in langer nicht dagewesener Weise zusammen. Wir müssen diesen starken Zusammenhalt nutzen und auch im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung noch stärker zusammenrücken. Europol leistet bereits heute – zum Beispiel im Bereich der Cyberkriminalität – einen entscheidenden Beitrag, könnte aber noch mehr, wenn wir es ließen. Konkret brauchen wir mehr Mittel und mehr Personal für die Organisation. Darüber hinaus müssen wir Europol perspektivisch auch mit eigenen operativen Ermittlungskompetenzen ausstatten. Kriminelle agieren grenzüberschreitend im Schengenraum. Da ist es offensichtlich, dass wir auch eine echte gemeinsame europäische Polizei brauchen, die Kriminelle über Ländergrenzen hinweg verfolgen kann.“

Am Rande des Treffens legte Minister Pistorius außerdem einen Vorschlag für einen „Bund-Länder-Pakt für den Zivil- und Katastrophenschutz“ vor (das Dokument hängt dieser Presseinformation als PDF an). Darin macht er konkrete Vorschläge, wie sich Deutschland vor dem Hintergrund einer zukünftig immer mehrdimensionaleren Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit aufstellen muss.

Minister Pistorius : „Diese Gefährdung resultiert aus dem Nebeneinander von Klimawandel, verschiedenen internationalen Konfliktlagen, der Bedrohung im Cyberraum und einer höheren Vulnerabilität moderner Industrie- und Wissensgesellschaften. Auf diese veränderte Situation angemessen zu reagieren, verlangt, nicht in Extreme zu verfallen, sondern Verantwortungsbewusstsein, Entschlossenheit und Zuversicht zu beweisen. Wir haben in Deutschland die Möglichkeiten und Kenntnisse, wie auf eine anspruchsvolle äußere und innere Gefährdungslage zu reagieren ist – wir müssen diese aber auch nutzen!“

Darum fordert Minister Pistorius eine deutliche Aufwertung des Zivil- und Katastrophenschutzes – politisch und funktional ebenso wie personell und finanziell: „Das vorgesehene Sondervermögen von 100 Mrd. EUR für die Bundeswehr ist eine vollkommen richtige Entscheidung, die ich sehr unterstütze. Sie müssen aber in zusätzlichen Mitteln für den Zivil- und Katastrophenschutz ihre Entsprechung finden. Dafür sollte ein Betrag von etwa 10 Mrd. EUR vorgesehen werden. Beide Bereiche, äußere und innere Verteidigung, sind zwei Seiten derselben Medaille und konkurrieren nicht miteinander, sondern müssen sich optimal ergänzen.“

In dem Papier benennt Minister Pistorius diverse Ansätze und konkret umsetzbare Maßnahmen für einen Ebenen übergreifenden Finanz- und Aktionsplan für den Zivil- und Katastrophenschutz. Dazu gehört insbesondere die effektivere Warnung der Bevölkerung, eine Erweiterung des Sirenen-Förderprogramms, eine Nationale Reserve Notstrom, die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung sowie der Aufbau von Entwicklungs- und Schulungsinfrastruktur für den Zivilschutz und die Zivile Verteidigung durch ein nationales Entwicklungs- und Erprobungszentrum. Zudem schlägt der Minister den Ausbau der Strukturen für den flächendeckenden physischen Schutz der Bevölkerung durch Schutzräume bzw. alternative Schutzmöglichkeiten vor. Ein weiterer Punkt sind diverse Kampagnen und Schulungsmaßnahmen, um die Menschen resilienter angesichts der neuen Bedrohungslage zu machen.

An den Gesprächen im Kreis der IMK nahmen neben Johannson auch die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, und der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, teil. Weitere hochrangige Gesprächspartner im Kreis der IMK waren der stellvertretende Europol-Direktor Jürgen Ebner, die führende Beraterin des EU-Koordinators für Terrorismusbekämpfung, Christiane Höhn, sowie der Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für die Förderung der europäischen Lebensweise, Margaritis Schinas. Darüber hinaus waren Fabrice Leggeri, Direktor der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache FRONTEX, und der Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarčič, weitere Gesprächspartner.


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