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Geld statt Gutscheine für Asylbewerberinnen und -bewerber

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30.05.2013; Fragestunde Nr. 1


Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (GRÜNE)

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Das Innenministerium hat per Erlass verfügt, dass Kommunen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern künftig keine Gutscheine mehr ausgeben müssen, mit denen die Flüchtlinge in ausgewählten Läden Essen und Trinken, Kleidung und Hausrat erwerben konnten. Nun ist es den Kommunen freigestellt, den Flüchtlingen Bargeld an die Hand zu geben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Landkreise haben die Umstellung von der Abgabe von Wertgutscheinen auf die Auszahlung von Bargeld bislang vollzogen?

2. Liegen Absichtserklärungen aus den übrigen Landkreisen vor?

3. Wie bewertet die Landesregierung in einer ersten Bilanz die Umstellung?

Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Die neue Landesregierung hat in der Ausländer- und Flüchtlingspolitik einen Paradigmenwechsel vollzogen und bereits in den ersten hundert Tagen neue Akzente gesetzt.

Ein herausragendes Ziel dieser neuen Politik war und ist es, mehr Humanität in der Flüchtlings- und Asylpolitik zu schaffen. So ist in der Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – Landesverband Niedersachsen – und Bündnis 90/Die Grünen – Landesverband Niedersachsen – unter anderem ausdrücklich vereinbart worden, auf Landesebene die diskriminierende Wertgutscheinpraxis zu beenden und durch Bargeldauszahlung zu ersetzen.

Die Landesregierung hat sofort nach der Regierungsübernahme landeseigene Erlasse, Anwendungshinweise und die dazugehörige Verwaltungspraxis auf diese Ziele hin überprüft und daran ausgerichtet, soweit die bundesrechtlichen Vorgaben Handlungsspielräume zugelassen haben.

Nach § 3 Abs. 2 S. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) – einem Bundesgesetz – sind bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen zu gewähren.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hatte die niedersächsischen Leistungsbehörden mit Erlass vom 14.05.2007 – 41.22 – 12235 – 8.4.3 – auf das vorrangige Sachleistungsprinzip hingewiesen. Dabei wurde Folgendes ausgeführt: „Soweit sich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles das Sachleistungsprinzip nicht umsetzen lässt, kann anstelle der vorrangig zu gewährenden Sachleistungen auf andere Leistungsformen zurückgegriffen werden, soweit dies nach den Umständen erforderlich ist.

Andere Leistungsformen sind Wertgutscheine, andere vergleichbare unbare Abrechnungen oder Geldleistungen. Ist die Ausgabe von Sachleistungen nicht möglich oder aber mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden, ist zu prüfen, ob auf Wertgutscheine oder andere unbare Abrechnungen zurückgegriffen werden kann. Die Gewährung von Geldleistungen stellt weiterhin die ultima ratio dar, die – wie bisher – nur in Ausnahmefällen zulässig ist.“

Aufgrund dieses fachaufsichtlichen Hinweises zur Rechtsanwendung erfolgte die Bedarfsdeckung des physischen Existenzminimums in Niedersachsen grundsätzlich durch die Ausgabe von Wertgutscheinen. Geldleistungen wurden lediglich in begründeten Ausnahmefällen gewährt.

Die Landesregierung hat nunmehr die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen, um die Wertgutscheinpraxis zu beenden und durch Bargeldauszahlungen zu ersetzen.

Den zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten wurde mit Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 27.02.2013 – also gut eine Woche nach Regierungsübernahme – mitgeteilt, dass es ihnen künftig überlassen bleibt, bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten selbst zu bestimmen, in welcher Form die Leistungen ausgegeben werden.

Eine verbindliche Vorgabe an die Kommunen nur noch Geldleistungen auszuzahlen, ist auf Grund der bundesgesetzlichen Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz nicht möglich. Der bestehende gesetzliche Spielraum ist durch die Freistellung hinsichtlich der Entscheidung, welche Art der Leistung zu gewähren ist, ausgeschöpft worden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1.:

In Niedersachsen sind die Landkreise, die Region Hannover und die kreisfreien Städte als Leistungsbehörden für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständig.

Folgende Leistungsbehörden (43 von 48) haben die Umstellung auf die Gewährung von Geldleistungen beschlossen und werden diese spätestens zum Zahlmonat Juli 2013 vollzogen haben:

Landkreise Ammerland, Aurich, Cloppenburg, Cuxhaven, Diepholz, Emsland, Friesland, Gifhorn, Goslar, Göttingen, Grafschaft Bentheim, Hameln-Pyrmont, Heidekreis, Helmstedt, Holzminden, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Nienburg/Weser, Northeim, Oldenburg, Osnabrück, Osterholz, Osterode am Harz, Peine, Rotenburg (Wümme), Schaumburg, Stade, Uelzen, Verden, Wesermarsch, Wittmund, Wolfenbüttel, Region Hannover, Landeshauptstadt Hannover, Städte Braunschweig, Delmenhorst, Emden, Göttingen, Oldenburg, Osnabrück, Salzgitter, Wilhelmshaven, Wolfsburg

Zu Frage 2.:

In den Landkreisen Celle, Harburg, Hildesheim und Leer werden die entsprechenden kommunalen Gremien in den nächsten Wochen über die Umstellung entscheiden.

Zu Frage 3.:

Die Landesregierung begrüßt es ausdrücklich, dass die Leistungsbehörden ihren Entscheidungsspielraum genutzt und die Zahlung von Bargeld realisiert bzw. veranlasst haben.

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erstellt am:
31.05.2013

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