Erkenntnisse NSU in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.11.2012; Fragestunde Nr. 38
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Kreszentia Flauger und Pia-Beate Zimmermann (LINKE)
Die Abgeordneten hatten gefragt:
In einem Beitrag des Onlineportals „blick nach rechts“ vom Juli 2012 wird darüber berichtet, dass der hannoversche Unterstützer des neonazistischen Terrortrios NSU, Holger Gerlach, diesem nicht nur mit der Beschaffung von Ausweisen half, sondern dazu auch ein befreundetes Paar aus Hannover nutzte. Die Neonazistin Beate Zschäpe benutzte als eine Aliasidentität demnach die Krankenkassenkarte von „Silvia Rossberg“ aus Hannover, mit welcher Zschäpe in Halle/Saale zu einem Zahnarzt ging. Rossberg soll laut dem Beitrag des Onlineportals „blick nach rechts“ der Mädchenname der Ehefrau eines ehemaligen militanten Neonazis aus dem Bereich der „Kameradschaft 77“ mit Kontakten zu „Blood and Honour“ und dem Rockermilieu sein. Holger Gerlach soll mit dieser Person befreundet gewesen sein. Nach uns vorliegenden Informationen handelt es sich bei dieser Person um Herrn Alexander Sch. In dem Beitrag heißt es, dass Gerlach gegenüber der Polizei behauptete, der Freundin die Krankenkassenkarte etwa 2006 für 300 Euro „abgequatscht“ zu haben, weil Beate Zschäpe schwer krank war und zum Arzt musste. Das Neonazitrio soll über Rossbergs aktuellen Wohnort ständig informiert gewesen sein.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Bestätigt die Landesregierung die in dem genannten Beitrag enthaltenen Informationen, und wie bewertet sie diese?
2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über das erwähnte Ehepaar insbesondere hinsichtlich der Unterstützung des neonazistischen Terrortrios NSU?
3. Welche weiteren Erkenntnisse hat die Landesregierung über aus Niedersachsen stammende Unterstützung für das neonazistische Terrortrio NSU, welche über die Person Holger Gerlachs hinausgehen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Die lückenlose Aufklärung der Taten der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) und die umfassende Analyse von Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen/Gewalttätern sowie möglicherweise weiteren Tötungsdelikten, Waffen- und Sprengstoffdelikten, Banküberfällen und anderen Verbrechen haben für die niedersächsische Landesregierung höchste Priorität. Ich habe nach Aufdeckung der NSU den Präsidenten des Landespräsidiums für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz und den Präsidenten der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde unter anderem damit beauftragt, alle noch vorhandenen oder rekonstruierbaren Erkenntnisse über den in Niedersachsen ansässigen Beschuldigten Holger G., über weitere Personen und Strukturen, die gegebenenfalls mit der NSU im Kontakt standen, sowie über mögliche Kontakte und Verbindungen zur NPD zusammenzutragen und zu bewerten. Darüber hinaus sind sämtliche Maßnahmen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden sowie die Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden, die damaligen Entscheidungsprozesse, Zuständigkeiten und Beteiligungen zu untersuchen.
Die Untersuchungen sind abgeschlossen. Die dazu vom Verfassungsschutz und Landeskriminalamt als Verschlusssache GEHEIM klassifizierten Berichte liegen mir vor.
Der Generalbundesanwalt hat am 11.11.2011 ein Ermittlungsverfahren gegen Beate Zschäpe und andere wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Strafgesetzbuch (StGB), Mordes gemäß § 211 StGB sowie anderer Straftaten eingeleitet und das Bundeskriminalamt mit den Ermittlungen beauftragt. Vor dem Hintergrund der aktuell noch durch die Bundesanwaltschaft geführten strafprozessualen Ermittlungen ist es der Niedersächsischen Landesregierung unter Beachtung der strafprozessualen Vorschriften zur Auskunftserteilung (§§ 474 ff. Strafprozessordnung) nicht möglich, in dem laufenden Verfahren Auskunft zu beteiligten Personen und deren möglichen Kontakten zu geben.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung auf der Grundlage der Berichterstattung des Landeskriminalamtes Niedersachsen wie folgt:
Zu Fragen 1. bis 3.:
Siehe Vorbemerkungen.