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erstellt am:
14.06.2025
zuletzt aktualisiert am:
19.06.2025
Heute (13.06.2024) endete die dreitägige, 223. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenministerinnen und -minister sowie Innensenatoren und -senatorinnen der Länder (IMK) in Bremerhaven. Die Tagesordnung umfasste eine Vielzahl von Themengebieten der Inneren Sicherheit, der Migrationspolitik und des Bevölkerungsschutzes. Im Rahmen der Konferenz wurde die ehemalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser aus den Reihen der IMK verabschiedet, ihr Nachfolger Alexander Dobrindt nahm erstmals im neuen Amt teil.
Die IMK hat unter anderem beschlossen, die elektronische Aufenthaltsüberwachung (sogenannte Fußfessel) in Fällen von häuslicher Gewalt sowohl auf Bundes- wie auch auf Länderebene gesetzlich zu verankern und die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Hessen, die die technische Umsetzung der Aufenthaltsüberwachung zentral steuert, nachhaltig zu verstärken.
Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, erklärt dazu: „Ich bin dem IMK Vorsitzenden Ulrich Mäurer sehr dankbar dafür, dass er die Themen häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen bei dieser Konferenz so deutlich in den Mittelpunkt gestellt hat. Noch immer erleben viel zu viele Frauen in Deutschland Gewalt, besonders häufig durch die eigenen Partner oder Ex-Partner. Hass und Gewalt gegen Frauen nehmen in den vergangenen Jahren immer weiter zu. Nach Angaben des BKA verzeichnen wir in Deutschland nahezu täglich einen Femizid. Diese Entwicklung, diese Zahlen können und dürfen wir als Gesellschaft niemals hinnehmen!
Zusätzlich zu unseren umfangreichen Bemühungen und Maßnahmen zum Schutz von betroffenen Frauen schaffen wir in Niedersachsen deshalb die Rechtsgrundlage für die elektronische Fußfessel nach dem Vorbild des Spanischen Modells im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. Viele andere Länder haben im Rahmen der IMK angekündigt, sich ebenfalls auf diesen Weg zu begeben. Auch die Koalition aus Union und SPD im Bund hat die zeitnahe Verankerung der Fußfessel im Gewaltschutzgesetz angekündigt. Ganz wichtig ist es in diesem Zusammenhang, parallel zur Gesetzgebung auch die technischen Voraussetzungen bei der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Hessen zu schaffen. Denn wir müssen davon ausgehen, dass wir die Fußfessel in Zukunft deutlich häufiger einsetzen werden als bisher. Ich bin froh, dass es bei diesem so wichtigen Thema einen breiten Konsens gibt.“
Auch und insbesondere vor dem Hintergrund der schrecklichen Messertat im Hamburger Hauptbahnhof vom 23. Mai dieses Jahres, bei der 18 Menschen durch eine psychisch kranke Täterin zum Teil schwer verletzt worden sind, war sich die IMK einig, dass die Maßnahmen im Umgang mit Gefährdungsrisiken im Kontext psychischer Erkrankungen weiter zu intensivieren sind.
Daniela Behrens: „Wir brauchen mit Blick auf potentiell gefährliche Personen mit psychischen Erkrankungen eine bessere behördenübergreifende sowie länderübergreifende Zusammenarbeit. Insbesondere der Datenaustausch zwischen den Gesundheits- und Sicherheitsbehörden muss gestärkt werden, um das Risiko solcher Taten für die Zukunft bestmöglich zu reduzieren. Unsere Polizei, aber auch die relevanten Stellen in den Kommunen müssen darüber informiert werden, wenn Personen, von denen möglicherweise eine Gefahr ausgeht, aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen werden. In Niedersachsen stehen wir dazu bereits in einem sehr engen Dialog mit dem zuständigen Gesundheitsministerium zur Überarbeitung des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG). Gleichzeitig werden wir uns gemeinsam mit den anderen Ländern noch einmal sehr genau anschauen, wo es bei den polizeilichen Informationssystemen bei der Speicherung von Informationen zu psychisch bedingten Gefährdungspotentialen noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.“
Ein weiteres Thema, das im Rahmen der Innenministerkonferenz eine maßgebliche Rolle gespielt hat, ist der Umgang mit der AfD und die Debatte über ein mögliches Parteiverbotsverfahren.
Dazu erklärt Ministerin Behrens: „Unstrittig ist aus meiner Sicht, dass die AfD keine Partei wie jede andere ist. Sie vertritt mindestens in großen Teilen rechtsextremistische Positionen und hetzt unablässig gegen Geflüchtete und Migranten. Menschen mit Migrationshintergrund betrachtet sie als Deutsche zweiter Klasse und fantasiert unverhohlen und offen über die sogenannte ‚Remigration‘ von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern aus der Mitte unserer Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass sich unser Rechtsstaat im Umgang mit dieser Partei als wehrhaft erweist. Ich halte es deshalb auch für falsch, die Einleitung eines Verbotsverfahrens kategorisch auszuschließen. Entscheidend ist aber, dass die hohen verfassungsrechtlichen Vorgaben beim Verbot einer Partei erfüllt werden können. Ein solches Verfahren darf nur dann eingeleitet werden, wenn es am Ende auch erfolgreich abgeschlossen werden kann. Andernfalls droht die große Gefahr, dass es den gegenteiligen Effekt erzielt und sich als Konjunkturpaket für die AfD erweist.
Auch beim Thema Umgang mit AfD-Mitgliedern im Staatsdienst waren wir uns einig: Wenn das Gericht die Einstufung des Bundesamtes für Verfassungsschutz bestätigt, müssen wir uns auf einen bundesweit einheitlichen Kurs festlegen. Bei der IMK haben wir uns miteinander verständigt, dass Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst und Dienstrecht, Waffenbesitz und Sicherheitsüberprüfungen intensiv geprüft werden. Dazu richten wir eine Arbeitsgruppe ein. Klar ist für mich, dass Rechtsextremisten als Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst nichts zu suchen haben. Dennoch wird man das auch in Zukunft immer im Einzelfall nachweisen müssen. In Niedersachsen verschärfen wir jetzt das Disziplinargesetz, damit wir Menschen, die mit extremistischem Verhalten auffällig geworden sind, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstoßen, schneller als bisher aus dem öffentlichen Dienst entfernen können.“
Zu weiteren Beschlüssen der IMK erklärt Innenministerin Behrens im Einzelnen:
Beschlüsse zum Themenbereich Migration
„Bund und Länder sind sich einig, dass die Begrenzung und Reduzierung der irregulären Migration zentrale innenpolitische Aufgaben bleiben. Dabei sind in den vergangenen Monaten bereits deutliche Fortschritte erzielt worden. Die Zahl der Asylsuchenden ist merklich zurückgegangen und befindet in diesem Jahr auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Im gesamten ersten Quartal 2025 kamen 2.953 Schutzsuchende nach Niedersachsen, 2024 waren es noch 4.371 Personen. Dieser Trend hat sich in den Monaten April und Mai noch einmal verstärkt. Diese niedrigen Zahlen spiegeln sich auch in der Auslastung unserer Kapazitäten in der Landesaufnahmebehörde wider: von den derzeit rund 10.250 Plätzen sind aktuell lediglich rund 3.800 belegt. Gründe für diese positive Entwicklung sind unter anderem auch die Maßnahmen, die Nancy Faeser in ihrer Amtszeit als Bundesinnenministerin gemeinsam mit den Ländern auf den Weg gebracht hat. Sie war es auch, die die bisher einzige Abschiebemaßnahme von schweren Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan auf den Weg gebracht hat. Die Innenministerinnen und -Minister der Länder sind sich vollkommen einig, dass es möglichst zeitnah weitere und perspektivisch regelmäßige Abschiebungsflüge für diese Personen nach Afghanistan geben muss. Dies gilt gleichermaßen für die Aufnahme von Abschiebungen nach Syrien.“
Niedersachsens Forderung nach einer Zivilschutzstrategie des Bundes
„Wir erleben mitten in Europa eine militärische Auseinandersetzung mit Russland. Und wir müssen uns darauf einstellen, dass Russland in naher Zukunft bereit sein könnte, einen Mitgliedsstaat der NATO anzugreifen. Das bedeutet, dass wir uns im militärischen Bereich, aber auch bei den Themen Zivilschutz und zivile Verteidigung neu und besser aufstellen müssen. Dafür brauchen wir eine abgestimmte Strategie zwischen Bund und Ländern. Dazu gehört zwingend auch die Aktualisierung des Ausstattungskonzepts für den Zivilschutz, das noch aus dem Jahr 2007 stammt. Mit Blick auf den Katastrophenschutz ist Niedersachsen sehr gut aufgestellt. Wir sind in den vergangenen Jahren mit unserem ad-hoc Programm in Vorleistung gegangen.
Wir haben unsere Katastrophenschutzeinheiten mit Einsatzfahrzeugen und -geräten verstärkt. Diesen Weg wollen und werden wir im Katastrophenschutz auch konsequent weitergehen. Für den Bereich des Zivilschutzes ist jedoch verfassungsgemäß der Bund zuständig. Die Länder haben den Antrag aus Niedersachsen für eine Zivilschutzstrategie deshalb einstimmig beschlossen und die klare Erwartungshaltung an den Bund geäußert, jetzt auch beim zivilen Teil der Zeitenwende ins Handeln zu kommen.“
Niedersachsens Antrag zur Verbesserung der Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
„Die Bekämpfung von Kinder- und Jugendpornografie hat in Niedersachsen seit Jahren auf allen Ebenen einen extrem hohen Stellenwert. Dafür sprechen auch die Ermittlungserfolge unserer Polizei im Verbund mit anderen Bundesländern sowie den Behörden anderer Staaten. Die technischen und personellen Ermittlungskapazitäten der Polizei sind in diesem Bereich in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt worden. Um die Unmengen an Beweismitteln sichten und analysieren zu können, setzen wir neben einer Erhöhung des Personalansatzes auf viel Personal künstliche Intelligenz zur „Vorsortierung“ und Kategorisierung des sichergestellten Datenmaterials und bauen derzeit in einem gemeinsamen Projekt mit dem Justizministerium eine ‚Beweismittelcloud‘ auf. Ziel ist es, Beweismittel zentral zu speichern, aufzubereiten und zu analysieren. In diesem Bereich sind wir jedoch auch auf eine gute Zusammenarbeit und die Gesetzgebung des Bundes angewiesen. Ich hoffe sehr, dass mit der neuen Bundesregierung endlich und zeitnah eine europarechtskonforme Umsetzung der Speicherung von IP-Adressen und Portnummern kommt.
Doch auch an anderen Stellen gibt es Handlungsbedarf: Ein Beispiel ist die Zentralstelle des Bundeskriminalamtes für die Bekämpfung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen. Sie arbeitet unter anderem mit der gemeinnützigen Organisation „National Center for Missing and Exploited Children“ (NCMEC) aus den USA zusammen. Derzeit sind die Strafverfolgungsbehörden zur Bekämpfung der Kinder- und Jugendpornografie auf die Hinweismeldungen des NCMEC angewiesen. Für mich ist dieser Zustand gerade auch vor dem Hintergrund der politischen Lage in den USA nur schwer erträglich.
Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass die IMK unserem Antrag gefolgt ist, mit dem wir den Bund auffordern, die Errichtung eines europäischen Zentrums zur Zusammenarbeit mit den Telekommunikationsanbietern zur Aufdeckung, Meldung und Entfernung von Missbrauchsfällen zu unterstützen. Mit Blick auf die Zentralstelle des BKA soll die Automatisierung und Beschleunigung der Entgegennahme von Hinweisen sowie die gerichtsverwertbare Sicherung, Analyse und Löschung von Missbrauchsabbildungen im Internet deutlich vorangetrieben werden. Für die Umsetzung der Entwicklung solcher automatisierten Lösungen muss die Zentralstelle des Bundeskriminalamts aus Sicht der Länder zwingend gestärkt werden.“
Beschluss zum Thema Gewalt im Fußball
„Die Länder sind sich einig, dass beim Thema Gewalt im Stadion etwas passieren muss und dass der DFB, die DFL und die Veranstalter ihre Verantwortung für die Stadionsicherheit mehr annehmen müssen. Nach wie vor haben wir in unseren Fußballstadien bei den Hochrisikospielen eine schwierige Lage. Wir können es nicht tolerieren, dass eine gewaltbereite Minderheit das ganze Spiel dominiert und den Fußball zum Anlass nimmt, um Gewalt auszuüben und Straftaten zu begehen. Deswegen geht es mir darum, dass die Vereine ihren Job machen und für Sicherheit im Stadion sorgen. Dafür braucht es intensivere Einlasskontrollen und bessere Sicherheits- und Kameratechnik. Außerdem müssen die gewaltbereiten Chaoten identifiziert und mit Stadionverboten belegt werden. Zu diesem Zweck fordert die IMK die Einrichtung einer zentralen, unabhängigen Stadionverbotskommission.“Artikel-Informationen
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14.06.2025
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19.06.2025