Beantwortung der Mündl. Anfrage der GRÜNEN zum Familiennachzug bei syrischen Flüchtlingen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15. April 2016; Fragestunde Nr. 9
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Filiz Polat (GRÜNE) wie folgt:
Vorbemerkung der Abgeordneten
Syrische Flüchtlinge, die Familienmitglieder nach Deutschland nachholen möchten, haben mit großen Schwierigkeiten bei der Visumbeschaffung zu kämpfen. Insbesondere die langen, dem Vernehmen nach 16 Monate dauernden Wartezeiten auf einen Termin bei den deutschen Vertretungen in der Türkei und im Libanon zur Visumantragsstellung führen zu langjährigen Familientrennungen. Hinzu kommen Probleme mit der Legalisierung von Papieren oder dem uneinheitlichen Umgang mit Flüchtlingen, die keine Pässe bei den syrischen Behörden besorgen können. Während in manchen Fällen Ausnahmen von der Passpflicht gemacht werden, sofern die Identität durch anderweitige Dokumente nachgewiesen werden kann, wird in anderen Fällen die Erteilung eines Visums verweigert. Auch der Umgang mit dem E-Mail-Verfahren ist nicht in allen Fällen einheitlich.
Zur Erleichterung des Familiennachzugs syrischer Flüchtlinge hatte das niedersächsische Innenministerium am 15. Juni 2015 auf Bitten von Bundesinnenministerium und Auswärtigem Amt seine Globalzustimmung zur Visumserteilung nach § 29 Abs. 2 Satz 2 AufenthG an nachzugsberechtigte syrische Flüchtlinge erteilt. Damit sollten wesentliche Erleichterungen und eine Beschleunigung der Visumerteilung an Ehegatten und minderjährige ledige Kinder erreicht werden. Darüber hinaus hatte das niedersächsische Innenministerium die Ausländerbehörden in einem Erlass vom 15. Juni 2015 gebeten, von der Möglichkeit der Vorabzustimmung nach § 31 Abs. 3 AufenthV in den Fällen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AufenthG Gebrauch zu machen.
Der nachzugsberechtige Personenkreis nach § 29 Abs. 2 Satz 2 AufenthG umfasst auch Angehörige subsidiär Schutzberechtigter. Seit dem Inkrafttreten des auf Bundesebene beschlossenen Asylpakets II am 17. März 2016 ist der Familiennachzug für Personen ausgesetzt, die lediglich internationalen subsidiären Schutz erhalten. Darüber hinaus werden durch die Wiedereinführung von Einzelverfahren zum 1. Januar 2016 syrische Flüchtlinge vermehrt nur noch als subsidiär schutzberechtigt anerkannt und fallen somit unter die Aussetzung des Familiennachzugs.
Vorbemerkung der Landesregierung
Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern hatten in einem gemeinsamen und an alle Innenressorts der Länder gerichteten Schreiben vom 4. Mai 2015 darauf hingewiesen, dass (zum damaligen Zeitpunkt) über 100.000 Menschen aus Syrien in Deutschland Zuflucht vor dem Konflikt gefunden hätten und bewerteten dies als beispiellosen Beitrag von Bund und Ländern zur Linderung des Flüchtlingselends.
Gleichzeitig wurden Probleme beim Familiennachzug zu hier lebenden syrischen Flüchtlingen eingeräumt, da trotz Personalverstärkungen und enormer organisatorischer Anstrengungen die Termine in den Visastellen oft auf Monate ausgebucht seien. Die große Hilfs- und Aufnahmebereitschaft, die die Syrer in Deutschland kennenlernten, sollten sich aber auch beim Familiennachzug zeigen. Daher sollte kein Familienangehöriger aus Syrien länger auf die Erfüllung seines Rechtsanspruchs auf Familienzusammenführung warten als unbedingt nötig.
Es wurde angekündigt, dass der Bund sein Verfahren vereinfachen werde und bei der Überprüfung der Familienverhältnisse künftig keinen Nachweis durch legalisierte Urkunden mehr fordern, sondern eine Glaubhaftmachung als ausreichend ansehen werde. Daneben sollte die Flüchtlingseigenschaft des in Deutschland lebenden Angehörigen künftig durch einen automatisierten Abgleich mit dem Ausländerzentralregister (AZR) überprüft werden.
Die Länder wurden gebeten, zur weiteren Verfahrenserleichterung folgende Maßnahmen umzusetzen:
- Vor dem Hintergrund, dass die Visumerteilung zur Familienzusammenführung der vorherigen Zustimmung der örtlichen Ausländerbehörde bedarf (§ 31 Aufenthaltsverordnung), sollte diese einzelfallbezogene Zustimmung durch eine globale (pauschale) Zustimmung der oberste Landesbehörden auf der Grundlage von § 32 Aufenthaltsverordnung ersetzt werden. Hierdurch würde eine Beteiligung der Ausländerbehörden gänzlich entfallen.
- Bis zur vollständigen Umsetzung des vereinfachten Verfahrens beim Bund und bis zum Vorliegen der Globalzustimmung der obersten Landesbehörden könnten und sollten die Ausländerbehörden von der Möglichkeit Gebrauch machen, der Visumerteilung bereits vorab zuzustimmen (sog. Vorabzustimmung gemäß § 31 Abs. 3 Aufenthaltsverordnung). Dabei sollte beim Nachweis der familiären Beziehungen im Regelfall ebenfalls eine Glaubhaftmachung (anstatt urkundlicher Nachweise) ausreichen.
Niedersachsen folgte diesen Bitten des Bundes, indem das Ministerium für Inneres und Sport am 15. Juni 2015 seine Globalzustimmung zum Zwecke des Familiennachzuges zu syrischen Flüchtlingen für die Visumerteilung an Ehegatten und minderjährige ledige Kinder des in § 29 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz beschriebenen Personenkreises erteilte. Dieser Personenkreis umfasst Asylberechtigte, nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte und Resettlement-Flüchtlinge, soweit der für den Familiennachzug erforderliche Antrag innerhalb von drei Monaten nach unanfechtbarer Flüchtlingsanerkennung bzw. bei Resettlement-Flüchtlingen nach Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis gestellt wurde. Daneben wurden die Ausländerbehörden gebeten, von der Möglichkeit der Vorabzustimmung verstärkt Gebrauch zu machen.
In der Folgezeit wurde seitens des Auswärtigen Amtes die angesprochene automatisierte Datenabfrage beim AZR eingeführt und ein spezielles Webportal zum Familiennachzug zu syrischen Schutzberechtigten eingerichtet (https://familyreunion-syria.diplo.de/). Dort und in mehrsprachig verfügbaren Flyern stellt das Auswärtige Amt weitere Informationen und die nötigen Verfahrensschritte dar.
Im Zuge der Umsetzung des sog. Asylpakets II durch das am 17. März 2016 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren wurde der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Asylgesetz bis zum 16. März 2018 ausgesetzt; subsidiär Schutzberechtigte, die vor dem 18. März 2016 eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, sind hiervon nicht betroffen (§ 104 Abs. 13 Aufenthaltsgesetz).
1. Besteht die Globalzustimmung zur Visumerteilung für andere nach § 29 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachzugsberechtigte syrische Flüchtlinge weiterhin?
Ja.
2. Welche weiteren Maßnahmen wurden ergriffen, um die Verfahren zum Familiennachzug dieses Personenkreises zu erleichtern?
Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Visumverfahren - mit Ausnahme der erforderlichen Zustimmung der Ausländerbehörde bzw. der obersten Landesbehörde - in der Verantwortung des Bundes (deutsche Auslandsvertretungen und Auswärtiges Amt) liegt.
3. Wie viele Personen konnten bisher das erleichterte Verfahren nutzen?
Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.