Beantwortung der Mündl. Anfrage der GRÜNEN zum Asylbewerberleistungsgesetz
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 19. Februar 2016; Fragestunde Nr. 3
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (Grüne) wie folgt:
Vorbemerkung der Abgeordneten
Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht vor, dass Flüchtlinge ihr eigenes Vermögen aufbrauchen müssen, bevor sie staatliche Leistungen beziehen können. Dabei gilt ein gesetzlicher Freibetrag von 200 Euro pro Kopf. In diesem Zusammenhang erklärt Aydan Özoguz (Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, SPD), dass Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, vor der Hilfegewährung grundsätzlich ihr Einkommen und Vermögen aufbrauchen müssen (Spiegel-Online vom 21. Januar 2016; http://gruenlink.de/13mf).
Laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung vom 1. Februar 2016 (http://gruenlink.de/13ly) können deutsche Polizisten Flüchtlingen bei der Einreise Bargeld und andere Wertgegenstände wie Goldschmuck abnehmen. Unter den Bundesländern sei diese Regelung allerdings umstritten und werde sehr unterschiedlich gehandhabt. Dem Sprecher des bayerischen Sozialministeriums zufolge würden Asylsuchende im Normalfall befragt und durchsucht. Barvermögen und Wertsachen, die den Wert von 750 Euro übersteigen, könnten sichergestellt werden. In Baden-Württemberg liegt der Selbstbehalt laut dem Bericht mit 350 Euro noch niedriger (Spiegel-Online vom 21. Januar 2016; http://gruenlink.de/13mf).
Laut dem niedersächsischen Innenminister, Boris Pistorius, gebe es für eine Leibesvisitation allerdings keine Rechtsgrundlage. Dennoch würden auch in Niedersachsen „die einschlägigen Regelungen des bundeseinheitlich geltenden Asylbewerberleistungsgesetzes befolgt“.
Die meisten Bundesländer sehen dies ähnlich und verzichten auf regelhafte Bargeldkontrollen bei der Registrierung in den Erstaufnahmen. Hier wird erst nach Asylantragstellung in den Sozialleistungsstellen nach Vermögenswerten gefragt.
Vorbemerkung der Landesregierung
Leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Geduldete, ausreisepflichte Personen und Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, deren Aufenthalt zunächst nur von vorübergehender Dauer ist (§ 1 AsylbLG).
In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes werden gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG alle notwendigen Bedarfe durch Sachleistungen gedeckt. Darüber hinaus wird bis auf weiteres das sogenannte „Taschengeld“ zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs in bar ausgezahlt.
Nach § 7 Abs. 1 AsylbLG sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, vor Eintritt von Leistungen aufzubrauchen. Geldleistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs sind demnach erst zu erbringen, wenn das Vermögen, insbesondere Geldvermögen, verbraucht ist. Den Leistungsberechtigten steht gemäß § 7 Abs. 5 AsylbLG pro Person ein Freibetrag in Höhe von 200 € zur Verfügung, der nicht auf Leistungen nach dem AsylbLG angerechnet wird.
1. Welche Informationen hat die Landesregierung bezüglich der Praxis des Vermögenseinzugs von Flüchtlingen bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland?
In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes werden die Flüchtlinge, bevor sie Leistungen erhalten, während des Registrierungsverfahrens gefragt, ob und wieviel Bargeld sie bei sich tragen. Sollte mehr als der genannte Freibetrag in Höhe von 200 € pro Person vorhanden sein, wird dieser Betrag auf die zu gewährenden Leistungen angerechnet.
2. Werden für den Einzug von Vermögenswerten von Flüchtlingen niedersächsische Landesbeamte und/oder die Bundespolizei eingesetzt?
In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes werden ausschließlich Landesbeamte und Tarifbeschäftigte eingesetzt. Ein Einzug von Vermögenswerten im Sinne einer Sicherstellung oder Beschlagnahme findet nicht statt, gegebenenfalls erfolgt eine Anrechnung des vorhandenen Vermögens auf die zu gewährenden Leistungen.
3. Wie schätzt die Landesregierung die rechtliche Lage des Vermögenseinzugs noch vor der Asylantragstellung ein?
Die Leistungsgewährung in Niedersachsen erfolgt nach bundeseinheitlichen Regelungen auf der Grundlage des AsylbLG. § 7 Abs. 1 AsylbLG bestimmt, dass wie im Sozialhilferecht die Leistungen nach dem AsylbLG subsidiär sind, d.h. immer nur nachrangig unterstützend gezahlt werden. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG folgt, dass vor Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG grundsätzlich vorhandenes Einkommen und Vermögen der nach dieser Vorschrift zu berücksichtigen Personen aufzubrauchen ist. Die Regelung knüpft insoweit nicht an die Asylantragsstellung, sondern an den Leistungsbezug an.