Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zur Sicherheit bei Fußballspielen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17. Dezember 2015; Fragestunde Nr. 72
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling und Jan-Christoph Oetjen (FDP) wie folgt:
Vorbemerkung der Abgeordneten
Am Freitag, den 6. November 2015, fand in der osnatel-Arena in Osnabrück das Drittligaspiel zwischen dem VfL Osnabrück und dem Halleschen FC statt. Das Spiel fand unter Flutlicht statt und war gut besucht. Während des Spiels wurden im Gästeblock pyrotechnische Gegenstände gezündet. Zudem gelang es nach Auskunft der Polizei ein paar Gästefans, in den Heimbereich der Westkurve zu gelangen und dort eine Fahne zu entwenden. Bei Versuchen der Polizei, diese Fahne zurückzuholen, kam es am Ausgang des Gästeblocks zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen Polizei und HFC-Fans, in deren Verlauf Gegenstände auf Polizisten geworfen wurden. Der Fankurvenbeirat des Halleschen FC behauptet hierzu, dass eine solche Fahne weder entwendet noch gefunden wurde.
Von allen im Gästeblock befindlichen Anhängern des HFC wurden deshalb bis nach Mitternacht Personalien aufgenommen. Die Anhänger durften das Stadion bis dahin nicht verlassen, obwohl die Partie schon Stunden vorher beendet war.
Zugleich wurde die Polizei im Bereich der Oststraße von einer Gruppe angegriffen, die der Anhängerschaft des VfL Osnabrück zuzurechnen ist.
Um die Angreifer zu identifizieren, wurde in der Nähe des Stadions die Gaststätte „Stanleybet“ in der Bremer Straße umstellt. Die Besucher der Gaststätte durften die Einrichtung erst überhaupt nicht und nach 3:00 Uhr nachts erst nach Vorlage ihres Personalausweises sowie der Aufnahme von Lichtbildern verlassen.
Vorbemerkung der Landesregierung
Am Freitag, 6. November 2015, fand im Rahmen des 16. Spieltages der 3. Liga die Begegnung zwischen dem VfL Osnabrück und Hallescher FC in der osnatelArena in Osnabrück statt. Die einsatzführende Polizeiinspektion Osnabrück (PI OS) setzte neben eigenen Beamtinnen und Beamten eine Einsatzhunderschaft der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen ein. Während und unmittelbar nach dem Spiel kam es durch Anhänger der Gästemannschaft zu einer Vielzahl von Störungen und Straftaten. Aus diesem Anlass erfolgten nach Spielende im Ausgangsbereich auf der Westseite des Stadions Identitätsfeststellungen (IdF) von insgesamt 188 Gastanhängern. Neben der Durchführung dieser Maßnahmen mussten die Beamtinnen und Beamten der hier eingesetzten Einsatzhundertschaft auch ständige Angriffe aus dem zu überprüfenden Personenkreis abwehren.
Während dieser Zeit hielten sich heimische Anhänger in einer Gaststätte an der Bremer Straße auf. Der rückwärtige Bereich der Liegenschaft dieser Gaststätte grenzt direkt an den Bereich des Stadionausganges „Gäste-West“. Daher war es erforderlich, sowohl eine Einwirkungsmöglichkeit gewaltbereiter heimischer Anhänger auf die polizeilichen Maßnahmen am Stadionausgang „Gäste-West“ als auch eine Eskalation zwischen den Anhängern der beiden Lager zu verhindern. Dazu wurde mit acht kurzfristig alarmierten Beamten aus dem Einsatz- und Streifendienst inklusive Diensthundeführern mit Diensthunden eine Sperrmaßnahme an der Bremer Straße/Oststraße eingerichtet. Die hier eingesetzten Beamten wurden gegen 22.15 Uhr von ca. 30 - 50 aus der Gaststätte stürmenden Personen unter Flaschen- und Gläserwürfen massiv angegriffen. Dieser überraschende Angriff konnte nur durch den Einsatz von Reizstoffen, Schlagstöcken sowie den Diensthunden abgewehrt werden. Daraufhin zogen sich die Angreifer wieder in die Gaststätte zurück. Bei dem Angriff wurde ein Polizeibeamter von einer Glasflasche am Kopf getroffen, dadurch erheblich verletzt und war danach mehr als zwei Wochen nicht dienstfähig.
Aufgrund dieser Vorfälle wurden seitens der PI OS gegen 22.40 Uhr zusätzliche Unterstützungskräfte aus Hannover angefordert. Die bereits eingesetzte Einsatzhundertschaft war nach wie vor durch die erforderlichen Identitätsfeststellungen der Gastanhänger gebunden.
Nach dem Angriff wurde durch einen Szenenkundigen Beamten (SKB) der PI OS mit einem namentlich bekannten Rädelsführer vor der Gaststätte Kontakt aufgenommen. In diesem Gespräch wurde an die an dem Angriff beteiligten Personen appelliert, sich zwecks IdF aus der Gaststätte zu begeben, diesem Appell kamen die an dem Angriff Beteiligten jedoch nicht nach.
Im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts eines schweren Landfriedensbruchs wurde durch die Einsatzleitung um 23.02 Uhr die IdF aller sich in der Gaststätte aufhaltenden Personen angeordnet. Diese Maßnahme musste um 23.42 Uhr unterbrochen werden, da zwei bekannte Rädelsführer am Ausgang der Gaststätte erschienen und einen Angriff auf die Polizeikräfte ankündigten, da man die Maßnahmen der Polizei nicht länger dulden würde. Zeitgleich erschienen am Ausgang der Gaststätte vermehrt bekannte Störer. Um einen Angriff zu verhindern, wurden sämtliche vor Ort verfügbaren Einsatzkräfte am Ausgang der Gaststätte zusammengezogen. Da diese Kräfte für eine Weiterführung der Maßnahmen der IdF nicht ausgereicht hätten, wurden diese bis zum Eintreffen der Unterstützungskräfte aus Hannover ausgesetzt.
Nach deren Eintreffen wurde unverzüglich eine „Bearbeitungsstraße“ eingerichtet, die Maßnahmen um 00.23 Uhr fortgesetzt und nach Durchführung von insgesamt 138 IdF um ca. 03.30 Uhr abgeschlossen.
1. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit betont, bei ihren Maßnahmen stets auf die Verhältnismäßigkeit zu achten und zwischen friedlichen und gewalttätigen Fans strikt trennen zu wollen. Warum wurden trotz dieser Maxime bei o. g. Partie nahezu alle Besucher des Gästeblocks sowie der Kneipe „Stanleybet“ von der Polizei stundenlang (bis sieben Stunden nach Abpfiff des Spiels) festgehalten, fotografiert und ihre Ausweisdokumente erfasst?
Der Landesregierung ist bekannt, dass von Betroffenen der Maßnahmen Strafanzeigen gegen die Einsatzleitung erstattet worden sind.
Vor Ausgang dieser laufenden Ermittlungsverfahren ist eine abschließende Bewertung nicht möglich.
Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.
2. Der Fanbeirat des HFC erhebt Vorwürfe gegen die Polizei, was den Einsatz von Pfefferspray und Gewalt bei o. g. Spiel angeht. Bewertet die Landesregierung den Einsatz der Polizei beim Flutlichtspiel als zweckmäßig und, wenn ja, aus welchen Gründen?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.
3. In der Berichterstattung der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 10. November 2015 werden der Einsatzleitung „Schikane“ und „Willkür“ in Bezug auf die Maßnahmen nach der Partie Osnabrück gegen Halle vorgeworfen. Wie steht die Landesregierung zu den Vorwürfen, und welche Schritte zur Aufarbeitung des Einsatzes wurden eingeleitet?
Zur Bearbeitung der bisher 52 eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Anhänger aus Halle, aus Osnabrück sowie Angehörige des Ordnungsdienstes wurde in der PI OS eine Ermittlungsgruppe eingesetzt. Darüber hinaus haben Nachbereitungen des Einsatzes durch die PI OS sowohl mit den eingesetzten Kräften als auch mit Vertretern des Vereins und der Stadt Osnabrück stattgefunden.
Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.