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Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zur Residenzpflicht

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22. Januar 2016; Fragestunde Nr. 5

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Sylvia Bruns, Hillgriet Eilers, Björn Försterling, Dr. Marco Genthe, Christian Grascha, Hermann Grupe, Dr. Gero Hocker, Gabriela König, Horst Kort-lang, Jan-Christoph Oetjen und Almuth von Below-Neufeldt (FDP) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Ministerpräsident Weil hat sich in der Presse vom 6. Januar dahin gehend geäußert, dass er die Wiedereinführung der Residenzpflicht erwäge, die Niedersachsen 2011 abgeschafft hat (Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 6. Januar 2016).

Auch auf Bundesebene wurde dieser Vorschlag bereits von Regierungsvertretern geäußert. Laut dpa-Meldung vom 11. Januar 2016 sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier, er sei zuversichtlich, dass die Große Koalition eine Einschränkung der freien Wahl des Wohnsitzes für Asylbewerber vereinbaren werde. „Wir müssen verhindern, dass diejenigen, die Arbeit finden, in die Städte gehen, und dass diejenigen, die keine finden, auch in die Städte gehen“, sagte Altmeier im „ARD-Morgenmagazin“ vom 11. Januar 2016. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hatten sich zuvor für eine Wohnsitzauflage ausgesprochen.

Die Wohnsitzpflicht, also die Verpflichtung, seinen Wohnsitz an einem bestimmten Wohnort zu nehmen, existiert jedoch bereits.

Vorbemerkung der Landesregierung

Eine Residenzpflicht im rechtlichen Sinne gibt es nicht. Das Asyl- und Aufenthaltsrecht unterscheidet zwischen – erstens – der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts und – zweitens – der Verpflichtung, seinen Wohnsitz in einem bestimmten örtlichen Bereich zu nehmen, also der sog. Wohnsitzauflage.

Zum ersten Punkt: Die räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbietet es Asylbewerberinnen und -bewerbern, einen bestimmten räumlichen Bereich wie eine Stadt, einen Landkreis oder ein Bundesland auch nur vorübergehend zu verlassen. Eine Zuwiderhandlung stellt eine Ordnungswidrigkeit, im Wiederholungsfall sogar eine Straftat dar. Die Koalition hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung dafür ausgesprochen, sich auf Bundesebene für die Aufhebung dieser Regelung einzusetzen. Dabei sind wir mit dem bundesweiten Asylkompromiss von 2014 ein großes Stück vorangekommen. Mit dem sog. „Rechtsstellungsverbesserungsgesetz“ wurde die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach dreimonatigem Aufenthalt weitgehend faktisch abgeschafft. Dies war schon damals eine wichtige Forderung der Landesregierung, und dazu steht die Landesregierung auch heute.

Der zweite Punkt, also die Wohnsitzauflage, ist davon zu unterscheiden. Danach sind Asylsuchende verpflichtet, ihren Wohnsitz nach Entlassung aus der Erstaufnahmeeinrichtung in der ihnen zugewiesenen Kommune zu nehmen. Nach geltendem Recht unterliegen Asylsuchende dieser Wohnsitzverpflichtung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen.

Grundsätzlich kann es auch sinnvoll sein, Flüchtlinge nicht nur während ihres Asylverfahrens, sondern auch nach dessen erfolgreichem Abschluss Vorgaben hinsichtlich ihres Wohnortes zu machen. Grund dafür könnte vor allem auch die folgende vom Ministerpräsidenten angesprochene Problematik sein: Ballungsräume haben für viele Flüchtlinge erkennbar eine hohe Attraktivität. Diese Ballungsräume weisen heute schon in vielen Fällen einen angespannten Wohnungsmarkt auf, auch die Aufnahmesysteme dort stehen erkennbar unter besonderem Druck. Die weitere Entwicklung ist unübersehbar.

Die Diskussion über die konkrete Ausgestaltung einer möglichen Wohnsitzauflage steht innerhalb der Landesregierung noch am Anfang. Die Landesregierung ist selbstverständlich bereit, ihre Position zu gegebener Zeit dem Landtag darzulegen. Im Übrigen hat auch die Bundesregierung angekündigt, sich mit dem Thema Wohnsitzzuweisung für anerkannte Flüchtlinge näher zu befassen. Auch diese Entwicklungen werden bei der weiteren Diskussion berücksichtigt.

1. Wie weit sind die Pläne der Landesregierung, bezogen auf eine Wiedereinführung der Residenzpflicht?

Entfällt, siehe Vorbemerkung.

2. Hält die Landesregierung die Einführung einer Wohnsitzauflage für Personen, die subsidiären Schutz genießen, oder anerkannte Asylbewerber für rechtlich zulässig?

Die Landesregierung wartet insoweit zunächst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ab, der in einem Vorabentscheidungsverfahren (verbundene Rechtssachen C-443/14 und C-444/14) vom Bundesverwaltungsgericht angerufen worden ist.

3. Befürwortet die Landesregierung die Einführung von Wohnsitzauflagen für eine dieser Gruppen?

Siehe Vorbemerkung.

Presseinformation

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erstellt am:
22.01.2016

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