Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zum Panzerbataillon 414
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 5. Juni 2015; Fragestunde Nr. 54
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Jörg Bode (FDP) wie folgt:
Vorbemerkung der Abgeordneten
Im November 2014 wohnte Innenminister Pistorius dem Abschied der 7. britischen Panzerbrigade in Bergen bei. Mit dem Abschied der britischen Panzerbrigade verbindet sich die Aktivierung des bisher inaktiven Panzerbataillons 414 in Bergen. Diese Aktivierung bedeutet für den Übungsplatz Bergen einen Aufwuchs um bis zu 700 Soldaten der Panzertruppe, 44 Kampfpanzer Typ Leopard A6+ oder A7 und weitere Fahrzeuge (z. B. Bergepanzer und Unimogs), die einen vollbeweglichen Verband auszeichnen. Der Bürgermeister der Stadt Bergen, Herr Rainer Prokop, bezeichnete die Aktivierung des Panzerbataillons 414 trotz der weiter vorhandenen Problemlage, die mit dem Truppenabzug der Briten verbunden ist, für die Stadt Bergen als „Lichtblick am Horizont“ (https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/Britische-Brigade-sagt-Bergen-goodbye,panzerbrigade102.html).
Die Landesregierung hat 2013 erklärt, dass Niedersachsen das Bundeswehrland Nummer eins ist und sie dieses begrüßt (Drucksache 17/390). „Es gehört aus Sicht der Landesregierung deutlich in das öffentliche Bewusstsein gerückt, welche Leistungen die Bundeswehr für die Freiheit und Sicherheit unseres Landes und den Schutz der Bürgerinnen und Bürger seit nun knapp sechs Jahrzehnten erbringt“, führt sie dort aus. Und weiter: „Die Bundeswehr hat als Teil der Exekutive für Niedersachsen verfassungsrechtlich, sicherheits-, arbeitsmarkt- und wirtschaftsstrukturpolitisch eine landespolitisch hohe Bedeutung.“
Vorbemerkung der Landesregierung
Am 26. Oktober 2011 hat der Bundesminister der Verteidigung im Zuge der laufenden Bundeswehrreform die Stationierungsentscheidung bekannt gegeben. Niedersachsen wird auch nach der Neuausrichtung ein wichtiges Stationierungsland der Bundeswehr bleiben. Nach Einnahme der neuen Struktur werden in Niedersachsen noch ca. 40.800 militärische zuzüglich ziviler Dienstposten vorhanden sein. Damit steht Niedersachsen in absoluten Zahlen an erster Stelle der Länder. Die Landesregierung begrüßt dieses.
Im Rahmen der kontinuierlichen Modernisierung der Bundeswehr hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung mit Schreiben vom 27. Februar 2015 die Landesregierung über die Stationierung des neu aufzustellenden Panzerbataillons 414 in Bergen/Hohne nach Abzug der britischen Streitkräfte informiert. Zur Vorbereitung der Aufstellung soll zum Juli dieses Jahres ein Aufstellungsstab seine Arbeit in Bergen/Hohne aufnehmen. Angaben zur geplanten Anzahl der Dienstposten sind hier nicht bekannt.
Dies vorausgeschickt beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
1. Welche arbeitsmarkt- und wirtschaftsstrukturpolitische Bedeutung misst die Landesregierung der Aktivierung des Panzerbataillons 414 in Bergen mit rund 700 Dienstposten bei?
Die strukturschwache Heide-Region wird durch den Abzug der britischen Streitkräfte insgesamt voraussichtlich rund 10.000 Einwohner und jährlich 65 Millionen Euro an Kaufkraft verlieren. Zusätzlich verlieren rund 500 Zivilbeschäftigte ihre Anstellung. Die Folgen begrenzen sich räumlich nicht nur auf die direkt betroffenen Orte, sondern sie wirken sich auf die gesamte Region der beiden betroffenen Landkreise Celle und Heidekreis aus. Deshalb misst die Landesregierung der Aktivierung des Panzerbataillons 414 in Bergen eine hohe arbeitsmarkt- und wirtschaftsstrukturpolitische Bedeutung bei. Die Bundeswehr hat bereits in vielen Regionen Niedersachsens eine wichtige strukturpolitische Bedeutung. Sie sorgt für direkte und indirekte Beschäftigung und ist nicht zuletzt als Auftraggeber selbst Bestandteil der regionalen Wirtschaft. Denn viele klein- und mittelständische Betriebe schaffen und sichern mit Aufträgen der Bundeswehr weitere Arbeitsplätze vor Ort. Die Aktivierung des Panzerbataillons 414 wird nach Überzeugung der Landesregierung dazu beitragen, die Kaufkraft- und Arbeitsplatzverluste der betroffenen Heide-Region durch den Abzug der britischen Streitkräfte, teilweise zu kompensieren.
2. Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung der Auffassung ist, „dass die Bundeswehr mit ihren besonderen technischen und personellen Fähigkeiten - die so nur von ihr kurzfristig zur Unterstützung zur Bewältigung von Naturkatastrophen und anderer großer Schadenslagen bereit gestellt werden können - auch künftig unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Bevölkerungsschutzes ist“ (Drucksache 17/390): Was bedeutet die Indienststellung des Panzerbataillons 414 für den Katastrophenschutz in Niedersachsen?
Eine umfassende nationale Sicherheitsvorsorge kann nur gelingen, wenn alle verantwortlichen staatlichen Institutionen und Kräfte Deutschlands unter Beachtung ihrer verfassungsrechtlich vorgegebenen Zuständigkeiten und Kompetenzen vorausschauend und ressortübergreifend handeln. Aus diesem Grund begrüßt die Landesregierung das enge Zusammenwirken der Bundeswehr in Niedersachsen mit ihrem territorialen Netzwerk aus Landeskommando sowie Kreis- und Bezirksverbindungskommandos und Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräften mit den jeweiligen Katastrophenschutzbehörden.
Die umfassende Neuausrichtung der Bundeswehr wird seit 2001 auf breiter Basis in die Praxis umgesetzt. Teilaspekt hiervon ist die Ausgestaltung der zivil-militärischen Zusammenarbeit. Sie ist wichtige Voraussetzung für den optimalen Einsatz von Truppenteilen und Dienststellen der Bundeswehr zur Unterstützung ziviler Behörden im Rahmen der Bewältigung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen nach dem Subsidiaritätsprinzip.
In diesem Zusammenhang gilt es besonders zu berücksichtigen, dass die Streitkräfte nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes im Rahmen der Hilfeleistung bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen immer nur subsidiär tätig werden. Bei Katastrophenfällen entscheidet der Hauptverwaltungsbeamte, welche Einsatzmittel (Personal und Material) zur Bewältigung der Schadenslage erforderlich sind. Wird die Hilfe der Bundeswehr als erforderlich erachtet, wird der für die Katastrophenschutzbehörde zuständige Verbindungsoffizier in den Katastrophenschutzstab berufen. Dieser berät den Hauptverwaltungsbeamten und stellt das Bindeglied zur Bundeswehr dar.
Die Bundeswehr leistet im Inland einen wichtigen Beitrag zur gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge. Dazu setzt sie weiterhin auf ein bewährtes flächendeckendes, an der föderalen Struktur Deutschlands ausgerichtetes und zum Teil durch Reservistinnen und Reservisten getragenes Netzwerk, um die zuständigen zivilen Dienststellen zu beraten und zu unterstützen.
Mit der Stationierung des Panzerbataillons 414 in Bergen wird eine wichtige Fähigkeit der Bundeswehr in Niedersachsen gestärkt. Dieses Bataillon könnte im zivil-militärischen Kontext ihren Einsatz finden. Dementsprechend wird zudem die Stationierung der mit dem Bataillon verbundenen Dienstposten, zu einer Förderung der Verfügbarkeit von Personal für den subsidiären Einsatz bei Katastrophenlagen führen, sofern die zivilen Reserven erschöpft oder nicht verfügbar sind.
Das Land Niedersachsen ist der Bundeswehr für die in den vergangenen Jahren geleistete Hilfe bei der Bewältigung von Katastrophen und Großschadenslagen zu Dank verpflichtet. Es konnte sich in der Vergangenheit in derartigen Fällen stets auf die Bundeswehr verlassen und ist in Anbetracht des gezeigten Engagements aller Beteiligten davon überzeugt, dass dieses auch in der Zukunft gewährleistet sein wird.
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Bundeswehr mit ihren besonderen technischen und personellen Fähigkeiten - die so nur von ihr kurzfristig zur Unterstützung zur Bewältigung von Naturkatastrophen und anderer großer Schadenslagen bereit gestellt werden können - auch künftig unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Bevölkerungsschutzes ist.
3. Vor dem Hintergrund der Leistungen der Bundeswehr für Freiheit und Sicherheit unseres Landes und des damit verbundenen Schutzes der Bürgerinnen und Bürger: Welchen Standpunkt nimmt die Landesregierung gegenüber der Forderung nach Abschaffung der Bundeswehr, wie sie z. B. durch Frau Margot Käßmann (Botschafterin der evangelischen Kirche für das Lutherjahr 2017) am 10. August 2014 gefordert wurde, ein?
Die Landesregierung nimmt die Aussagen zur Forderung der Abschaffung der Bundeswehr von Frau Margot Käßmann zur Kenntnis. Die Landesregierung teilt diese Meinung jedoch nicht.