Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zu Medical Task Forces
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.07.2014; Fragestunde Nr. 41 - Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündl. Anfr. der Abgeordneten der Fraktion der FDP
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Mit der Neuordnung des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurden vonseiten des Bundes sogenannte Medical Task Forces eingeführt (MTF). Eine Medizinische Task Force ist eine taktische Einheit mit Spezialfähigkeiten oder besonderem Verstärkungspotenzial zur Unterstützung regulärer Einheiten des Katastrophenschutzes und Sanitätsdienstes einschließlich der Möglichkeit zur Dekontamination Verletzter. Ziel der MTF ist, dass sie im Fall des Einsatzes in der Versorgungsstufe 3 und 4 problemlos überregional zusammenführbar und einsetzbar ist. Hierfür stellt der Bund entsprechende Fahrzeuge zur Verfügung, die zugleich zur Ergänzung des Katastrophenschutzes genutzt werden können. In Niedersachsen sind die sechs MTFs den jeweiligen Polizeidirektionen zugeordnet.
Aktuell weichen jedoch Ausstattung, Auslieferung der Fahrzeuge und auch deren Einsatzfähigkeit bundes- wie landesweit voneinander ab, so dass im Einsatzfall erhebliche Friktionen die Folge sein können.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie stellt sich der aktuelle Stand hinsichtlich der technischen Ausstattung, der Auslieferung der Fahrzeuge, des Ausbildungsstandes der vorgesehenen Helfer und der Einsatzfähigkeit in den jeweiligen MTFs dar?
2. Wie bewertet die Landesregierung die technische Ausstattung, die Auslieferung der Fahrzeuge, den Ausbildungsstand der vorgesehen Helfer und die Einsatzfähigkeit der jeweiligen MTFs?
3. Ist die Alarmierungs- und Einsatzfähigkeit aller sechs in Niedersachsen stationierten MTFs gegeben? Falls nein, wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass kurzfristig die Alarmierungs- und Einsatzfähigkeit hergestellt und in Zukunft gewährleistet wird?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Der Bund hat im Rahmen der Gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge nach Artikel 73 Abs. 1 Nr. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz für den Schutz der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall.
Gemäß den Vorschriften des Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetzes - ZSKG (§ 12 ZSKG) ergänzt der Bund den Katastrophenschutz der Länder in den Aufgabenbereichen Brandschutz, Betreuung, ABC- und Sanitätswesen.
Dazu wurde auf Basis der Neuen Strategie des Bundes zum Schutz der Bevölkerung ein neues Ausstattungskonzept für den Zivil- und ergänzenden Katastrophenschutz entwickelt. Das neue Ausstattungskonzept des Bundes wurde von der IMK am 27.07.07 zustimmend zur Kenntnis genommen. Es entspricht den Anforderungen an einen effektiven ergänzenden Katastrophenschutz und setzt sich aus Kernelementen für besondere Gefahrenlagen und der Unterstützungskomponente zusammen, die die Kernkomponente des Bundes fachlich schlagkräftiger macht und zugleich die quantitativen Strukturen des Ehrenamtes stärken und erhalten soll.
Ziel ist insbesondere die schwerpunktmäßige Ergänzung des Katastrophenschutzes der Länder für Sonderlagen, insbesondere ABC-Gefahren und Massenanfall von Verletzten. Dazu wurde in der Konzeption des Bundes vor allem die Medizinische Task Force (MTF) als einsatztaktischer Verband als Basiskomponente entwickelt. In einer MTF sind nach aktuellem Stand etwa 110 Helferinnen und Helfer sowie 21 Einsatzfahrzeuge eingesetzt. Niedersachsen erhält sechs MTFs, die vom Bund gestellt werden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Das neue Ausstattungssoll des ergänzenden Katastrophenschutzes, das ab dem 31.12.2009 gilt, sieht bundesweit 5.046 Einsatzfahrzeuge sowie Ausstattung vor. Davon erhält Niedersachsen 502 Fahrzeuge. Im Bestand befinden sich aktuell 392 Fahrzeuge, die sich aber zum Teil auch aus bestehenden Fahrzeugen der alten Konzeption rekrutieren und auf Grund ihrer Laufzeit noch nicht durch Fahrzeuge der neuesten Generation ausgetauscht wurden, so z. B. im Bereich der Notfallkrankentransportwagen.
Wann mit der Einsatzfähigkeit der MTF gerechnet werden kann, hängt von der Beschaffungsplanung des Bundes ab. Die geforderte Qualifikation der Helferinnen und Helfer ist bisher nur im begrenzten Umfang gegeben - die entsprechenden Ausbildungen laufen seit 2011 u. a. im Bereich der Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter.
Auf Grund der bis dato weiterhin offenen Auslieferungen des Bundes ist in Niedersachsen keine der sechs MTF einsatzbereit. Wann die Einsatzbereitschaft hergestellt sein wird, kann von hier nicht abschließend beantwortet werden, da die Beschaffungsdurchführung und Auslieferungsplanung Angelegenheit des Bundes ist.
Zu 2.:
Bund und Länder haben mit dem Konzept zur Umsetzung der Neuen Strategien zum Schutz der Bevölkerung im Jahr 2007 ein tragfähiges Ausstattungskonzept für einen modernen und leistungsfähigen Zivil- und Katastrophenschutz geschaffen. An diesem Konzept hält die Landesregierung fest. Im Zuge der Umsetzung dieses Konzeptes hat sich der Bund verpflichtet, den Ländern Fahrzeuge und Ausrüstung für die Einheiten im Zivilschutz sowie für den ergänzenden Katastrophenschutz der Länder zur Verfügung zu stellen.
Im Rahmen dieses Konzeptes hat der Bund den Ländern zugesichert jährlich rund 57 Millionen Euro für Fahrzeugbeschaffungen, Materialausrüstung- und Erhaltung sowie Ausbildung im Zivilschutz bereit zu stellen. Die Länder haben sich im Gegenzug bereit erklärt, die durch den teilweisen Rückzug des Bundes aus dem Zivilschutz entstehenden Lücken, mit eigenen Mitteln zu schließen. Niedersachsen bringt sich hier jährlich mit 2 Mio. Euro ein.
Diese gemeinsamen finanziellen Anstrengungen stellen die Grundlage für das angestrebte Ziel eines nachhaltig ausgestalteten leistungsfähigen Zivil- und Katastrophenschutzes dar.
Tatsächlich sind es auf Seiten des Bundes für 2014 – wie auch schon in den Vorjahren - nur rund 50 Mio. Euro. Dadurch stehen deutlich weniger Mittel für Neubeschaffungen zur Verfügung. Damit werden die Neu- und Ersatzbeschaffungen nicht bis zum ursprünglich avisierten Ziel im Jahr 2020 abgeschlossen werden können.
Der Bund hat bisher darauf verwiesen, seine Verpflichtungen einhalten zu wollen. Dies dürfte jedoch bei einer Fortschreibung des reduzierten Mittelansatzes rechnerisch nicht möglich sein.
Niedersachsen hat sich in der IMK im letzten wie auch in diesem Jahr dafür stark gemacht, dass der Bund dafür Sorge tragen solle, dass die zugesagten Mittel in vollem Umfang für die Fahrzeugausstattung bereitgestellt werden und ein tragfähiges Konzept vorgelegt werde, wie dringend erforderliche Ersatzbeschaffungen zeitnah realisiert werden können.
Auf der letzten IMK wurde verabredet, dass die Finanzierungsfragen bei der Zusammenarbeit von Bund und Ländern durch eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene mit dem Ziel einer Gesamteinigung behandelt werden soll. Niedersachsen wird in dieser Arbeitgruppe vertreten sein.
Zu 3.:
Das Prinzip der MTF beruht auf der lageangepassten, überregionalen Zusammenführung fachlich unterschiedlicher Teileinheiten bei der Bewältigung katastrophenmedizinischer Schadenslagen. Insgesamt werden bundesweit 61 - für Niedersachsen 6 - MTF-Einheiten aufgestellt. Die Ausstattung wird durch den Bund geregelt. Für die Aufstellung ist das jeweilige Bundesland zuständig. So hängt, wie oben beschrieben, die Einsatzfähigkeit der MTF von der Beschaffungsplanung des Bundes ab.
Die Alarmierung der Einheiten wird durch die verfügungsberechtigten Stellen, in Niedersachsen sind dies die Polizeidirektionen, geregelt und sichergestellt. In Niedersachsen ist noch keine MTF voll ausgestattet und demzufolge auch noch nicht einsatzfähig. Mit der sukzessiven Auslieferung der benötigten Einsatzfahrzeuge und der Ausbildung der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, werden auch die Alarmierungsverfahren auf regionaler Ebene aktiviert.