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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zur „Vorausschauenden Polizeiarbeit

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18. Dezember 2014; Fragestunde Nr. 48

Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten

Thomas Adasch (CDU)

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Die Wochenzeitung Die Zeit berichtete in ihrer Ausgabe vom 1. Oktober 2014 unter der Überschrift „Predictive Policing - Dein Freund und Sammler“ über eine neuartige Prognosesoftware, die eine vorausschauende Polizeiarbeit oder „Predictive Policing“ ermögliche. Hierzu heißt es in dem Artikel: „Predictive Policing soll die Arbeit des Analysten unterstützen, weil Einbruchsserien, basierend auf ihren spezifischen Mustern, schneller erkannt werden. Ein sinnvolles Vorgehen ist, das Beuteschema der Straftäter zu analysieren. Sind die Opfer bevorzugt alleinstehende Rentner, oder üben sie einen bestimmten Beruf, etwa den des Juweliers, aus? Wohnen sie in Reihenhäusern, ländlichen Villen oder urbanen Gebieten? Hat man ein archetypisches Opfer definiert, kommt es zu einem Abgleich mit den aggregierten statistischen Daten eines geografischen Informationssystems, das die Frage beantwortet, wo potenzielle Opfer besonders häufig anzutreffen sind. Das System markiert die geografische Region, die am stärksten gefährdet ist - eben den Hotspot. Die Polizei wird daraufhin ihre Einsätze so planen, dass die Polizeipräsenz in den betroffenen Gebieten erhöht wird. Mehr polizeiliche Anwesenheit soll Einbrecher stören und Straftaten verhindern oder erlauben, schneller am Tatort zu sein, falls ein Einbruch in der betroffenen Gegend verübt wird. Damit erhöht sich gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, Täter in flagranti zu stellen.“

Nach der Aussage der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (LT NRW Drs. 16/6823) soll in Nordrhein-Westfalen eine solche Prognosesoftware eingesetzt werden. Außerdem ist bekannt, dass diese Methode in Bayern getestet wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung diese Methode zur Bekämpfung der Kriminalität (einschließlich der rechtlichen Zulässigkeit in Niedersachsen)?

2. Wie hoch wären die Ausgaben für die Anschaffung und Pflege der beschriebenen Prognosesoftware?

3. Erwägt die Landesregierung den Einsatz einer solchen Software?

Innenminister Boris Pistorius beantwortet namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Das sogenannte „Predictive Policing“ (Vorhersagenbasierte Polizeiarbeit) wird allgemein definiert als das Heranziehen verschiedener Datenquellen, anhand deren Analyse Straftaten antizipiert und verhindert bzw. angemessene polizeiliche Reaktionen ermöglicht werden sollen. Eine Verknüpfung mit Geodaten ermöglicht die kleinräumige Darstellung der Gebiete mit potenziell erhöhtem Risiko. Dabei ist die Verknüpfung verschiedener Daten und dem Raum für die polizeiliche Analyse nicht neu. Während vormals Kriminalitätsphänomene per Hand auf Karten dargestellt wurden, werden seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt Geoinformationssysteme (GIS) für diese Aufgabe eingesetzt. Mittlerweile werden die Möglichkeiten des „Crime Mapping “ durch GIS weltweit und auch in Niedersachsen als mögliches Instrument der Lagedarstellung zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten in Betracht gezogen.

Der Mehrwert von „Predictive Policing“ ist nicht abschließend geklärt. Daher sind nationale und internationalen Erfahrungen sowie die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zunächst abzuwarten und auszuwerten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Ein Prognoseinstrument im Sinne eines „Predictive Policing“ kann zu einem noch effizienteren Einsatz polizeilicher Ressourcen beitragen und zu einer weiteren Reduzierung von Kriminalität mit einhergehender Erhöhung des Sicherheitsempfindens der Bevölkerung führen. Insofern wird die Landesregierung die Entwicklung des „Predictive Policing“ aufmerksam begleiten und vor einem möglichen Einsatz gründlich prüfen.

Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.

Zu 2.:

Die Anschaffung einer spezifischen Prognose-Software steht bei der Polizei des Landes Niedersachsen derzeit nicht an. Aussagen zu möglichen Kosten können daher gegenwärtig nicht getroffen werden.

Zu 3.:

Die Zentrale Polizeidirektion Niedersachsen, das Landeskriminalamt Niedersachsen und die Polizeidirektion Braunschweig haben in den vergangenen Monaten gemeinsam mit der Firma IBM und dem Karlsruhe Service Research Institute ein Projekt zur Erprobung eines Verfahrens zum Thema „Predictive Policing“ durchgeführt. Das Ziel dieses Projekts bestand darin, möglichst treffgenaue Vorhersagen für Straftaten zu generieren. Im Fokus stand die Entwicklung eines Vorhersagemodells, das unter Einbeziehung ausschließlich nicht-personenbezogener Daten Eintrittswahrscheinlichkeiten für Wohnungseinbruchdiebstähle kleinräumig (kleiner als 250x250m) für den Zeitraum von einer Woche errechnete. Genutzt wurden hierfür zurückliegende Einbruchsdaten für die Stadt Hannover, anhand derer Prognosen für Zeiträume in der Vergangenheit erstellt wurden und die Treffgenauigkeit der erstellten Prognosen überprüft werden konnten. Derzeit werden die Ergebnisse inhaltlich-fachlich und technisch geprüft und bewertet. Nach abschließender Prüfung ist zu entscheiden, ob der Einsatz in der niedersächsischen Polizei im Rahmen eines Modellversuchs stattfinden soll.

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erstellt am:
18.12.2014

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