Beantwortung der mdl. Anfrage der CDU zu den Aufgaben der Landesbeauftragten für regionale Landesentwicklung
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.05.2014; Fragestunde Nr. 33
Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten
Gudrun Pieper, Ernst-Ingolf Angermann, Lutz Winkelmann, Thomas Adasch, Otto Deppmeyer, Petra Joumaah, Rainer Fredermann und Angelika Jahns (CDU).
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Die britische Regierung in London hat entschieden, dass bis spätestens Ende 2015 alle britischen Soldatinnen und Soldaten aus Niedersachsen abgezogen werden. Diese waren oder sind in Bad Fallingbostel, Bergen, Munster, Fassberg, Celle, Hameln und Rinteln ein prägender Bestandteil der örtlichen Gemeinschaft. Neben der erheblichen Bedeutung für die lokale Wirtschaft haben die zahlreichen persönlichen Kontakte die Verbindung zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich gefördert. Zahlreiche persönliche Kontakte bezeugen dies. Der Abzug ist daher ein Verlust für die Menschen und die Wirtschaft.
Verstärkt werden die wirtschaftlichen Folgen des Abzuges für Niedersachsen noch durch die Schließungen und Verkleinerungen zahlreicher Bundeswehrstandorte in Niedersachsen.
Die betroffenen Kommunen werden dadurch mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Die CDU-geführte Landesregierung hat in der letzten Legislaturperiode mit dem Projekt KonRek begonnen, den Kommunen bei der Konversion der Flächen und Wirtschaftsstruktur und bei der Regionalentwicklung zu helfen.
Am 25. März 2014 fand in Bergen eine Veranstaltung zum Britenabzug mit der neuen Landesbeauftragten Jutta Schiecke statt. In dieser Veranstaltung sagte sie laut Böhme-Zeitung vom 27. März 2014, sie könne sich vorstellen, dass bei Auftragsbewertung für die EU-Fördermittel Konversionsprojekten „Sonderpunkte“ zugeschrieben werden könnten. Die Landesbeauftragte mochte hierzu aber keine Garantie abgeben und wird zitiert mit den Worten: „Ich hoffe, man hört mich in Hannover.“
Wir fragen die Landesregierung:
1. Plant die Landesregierung gegenwärtig bei der Konzeption der neuen EU-Fördermittelprogramme die Vergabe von „Sonderpunkten“ für Konversionsprojekte?
2. Wieso hofft die Landesbeauftragte Jutta Schiecke nur, man höre sie in Hannover mit ihrem Anliegen, wo die Landesbeauftragten doch ausdrücklich als Sprachrohr der Regionen in Hannover eingerichtet wurden?
3. Welche zusätzlichen Hilfen finanzieller oder anderer Art wurden von der Landesregierung für die durch die Truppenreduktion besonders betroffenen Kommunen seit März 2013 veranlasst?
Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:
Die Niedersächsische Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für die von der Konversion betroffenen Kommunen bewusst und lässt sie in diesem schwierigen Prozess nicht allein. Sie engagiert sich deshalb vielfältig und leistet umfangreiche Unterstützung. So hat die Landesregierung den „Aktionsplan des Landes Niedersachsen zur Unterstützung der vom Abzug der britischen Streitkräfte und der von den jüngsten Stationierungsentscheidungen der Bundeswehr betroffenen Kommunen“ verabschiedet, das Förderprogramm für die Finanzierung von Bestandsaufnahmen, Umnutzungsgutachten, Rahmenplänen und integrierten Entwicklungskonzepten in Höhe von 700.000 Euro beschlossen und das Projekt „Konversion und Regionalentwicklung in den Landkreisen Celle und Heidekreis“ (KonRek) in Höhe von 180.000 Euro aus Mitteln der regionalisierten Landesentwicklung finanziert. Weiterhin hat die Landesregierung den interministeriellen Arbeitskreis „Konversion“ (IMAK) zum Abzug der britischen Streitkräfte und von Bundeswehrstandort-Schließungen betroffenen Kommunen eingerichtet. Über das Konversionsbüro und den Konversionsbeauftragten im Ministerium für Inneres und Sport sowie die Ämter für regionale Landesentwicklung, die von den Landesbeauftragten für regionale Landesentwicklung geleitet werden, steht die Landesregierung mit den betroffenen Kommunen in Kontakt, um den Konversionsprozess zu begleiten.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die EU-Strukturfondsförderung 2014 - 2020 ist an den strategischen Zielen „Europa 2020“ ausgerichtet. Weder in den Verordnungstexten noch im vorgenannten Positionspapier der Kommissionsdienststellen ist die Beseitigung von Konversionsfolgen als strategisches Ziel benannt.
In der vom Bund bei der Kommission Ende Februar 2014 eingereichten Partnerschaftsvereinbarung zwischen der Kommission und dem Bund ist zum Ziel 6 „Erhalt und Schutz der Umwelt sowie Förderung der Ressourceneffizienz“ folgender Satz enthalten: „In Abhängigkeit der regionalen Ausgangssituation planen Länder Investitionen in die Revitalisierung von Brach- und Konversionsflächen oder für die Nachnutzung urbaner Schlüsselräume mit denen Engpässe in der regionalen Entwicklung überwunden werden sollen, um einen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu leisten.“ Das Ergebnis der Kommissionsprüfung liegt noch nicht vor.
Sollte es bezüglich der Konversionsflächen bei der bekannten Fassung der Partnerschaftsvereinbarung bleiben, ist im Einzelfall eine Unterstützung kommunaler Projekte, die auch Konversionsflächen betreffen, nach dem derzeitigen Stand des niedersächsischen Entwurfes für ein operationelles Multifondsprogramm (EFRE, ESF) möglich. Die Sanierung verschmutzter Brachflächen ist dabei als ein spezifisches Ziel der Prioritätsachse 4 (Nachhaltige Stadtentwicklung) vorgesehen.
Ob und in welchen Umfang Förderungen im Einzelfall möglich sein werden, kann erst nach Genehmigung der operationellen Programme und der darauf basierenden Förderrichtlinien endgültig entschieden werden. Damit gekoppelt ist auch die Frage zur Verteilung von „Sonderpunkten“ bei der Förderung von Projekten mit besonderer regionaler Bedeutung.
Zu 2.:
Der vorliegende Fall zeigt, dass die Kommunikation zwischen den Kommunen vor Ort und den Landesbeauftragten für regionale Landesentwicklung als „Sprachrohr“ der Landesregierung in der Fläche gelebt wird. Frau Schiecke, sowie alle drei anderen Landesbeauftragten nehmen die Belange und Wünsche der Kommunen auf und bringen sie als Mitglieder des interministeriellen Arbeitskreises „Konversion“ direkt ein.
Zu 3.:
Die für die von Konversion betroffenen Standortkommunen in Frage kommenden Fördermöglichkeiten sind in dem oben genannten Aktionsplan aufgelistet. Daneben sind Förderprogramme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr verfügbar.
Für Konversionsflächen besonders geeignet ist das Förderprogramm „Stadtumbau West“ des Bund-Länder-Programms zur Städtebauförderung. Aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel für Städtebauförderung wurde im Rahmen der Bauministerkonferenz der Bund aufgefordert, diese Mittel für 2013 und 2014 zu erhöhen.
Im Rahmen der Brachflächen- und Altlasten-Förderrichtlinie gewährt das Land zur Förderung der Wiedernutzung brachliegender Flächen aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus eigenen Mitteln Zuwendungen für Vorhaben zur Wiederherstellung des physischen Umfelds einschließlich der Sanierung von verschmutzten Geländen und Flächen und der Neuerschließung von brachliegenden Flächen. Eine solche – erfolgreiche – Förderung von Sanierungsmaßnahmen in Konversionsgebieten betrifft den Standort Achim. Hier hat das Land die Sanierung einer ehemaligen Kaserne im Dezember 2013 mit insgesamt 581.399,82 Euro gefördert.
Zudem gewährt das Land Zuwendungen für Maßnahmen nach der Förderrichtlinie „Altlasten-Gewässerschutz“, mit denen von Altlasten ausgehende Gewässerverunreinigungen saniert, die Gewässergüte erhalten oder verbessert oder Verdachtsmomente in Bezug auf altlastenverdächtigen Flächen aufgeklärt werden. Aktuell erhält der Landkreis Gifhorn entsprechende Fördermittel zur Durchführung sog. orientierender Untersuchungen (Aufklärung von Verdachtsmomenten in Bezug auf altlastenverdächtigen Flächen) auf dem Truppenübungsplatz Ehra-Lessien in Höhe von insgesamt 169.106,62 Euro. Für die laufende Untersuchung wurden bereits Zuwendungen in Höhe von 133.945,56 Euro an den Landkreis ausgezahlt.
Darüber hinaus stehen alle Beteiligten in ständigem Kontakt mit den betroffenen Kommunen. Beratungsgespräche haben durch den Konversionsbeauftragten, das Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg als Bewilligungsbehörde für die in den Vorbemerkungen genannte Zuwendungsrichtlinie, die Investitions- und Förderbank Niedersachsen und auch Vertreter der Ressorts stattgefunden.