Beantwortung der Dringl. Anfrage der Fraktion der FDP zum Konzept der Landesregierung für die Flüchtlingsunterbringung im Winter
Sondersitzung des Nds. Landtages am 10. September 2015; TOP 6 a) Dringliche Anfragen
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Dringliche Anfrage der Fraktion der FDP wie folgt:
Vorbemerkung der Fraktion
Artikel 16 a Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleistet das Asylrecht in Deutschland. Dieses Jahr werden laut Schätzungen des Bundesministeriums des Inneren ca. 800 000 Menschen davon Gebrauch machen. In Niedersachsen müssen laut Innenministerium jede Woche 1.500 Flüchtlinge aufgenommen werden. Dies stellt die Landeserstaufnahmeeinrichtungen vor eine enorme Belastungsprobe.
So ist beispielsweise die Erstaufnahmestelle in Bramsche absolut überbelegt. Seit Mitte Mai 2014 wird der Standort Bramsche neben den Standorten Braunschweig und GDL Friedland als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende genutzt. Außerdem dient die Einrichtung bei Bedarf auch neben dem Standort GDL Friedland als bundesweite Aufnahmeeinrichtung für Personen, die im Rahmen besonderer Aufnahmeaktionen, z. B. Resettlement, Gewährung vorübergehenden Schutzes, nach Deutschland einreisen.
Vor den Gebäuden in Bramsche, die ursprünglich als Unterkünfte angedacht waren, stehen bereits seit Längerem Container und Zelte. Allerdings werden z. B. in Bramsche auch durch das Bundesverwaltungsamt Gebäude genutzt, um Akten zu verwahren, und nicht, um Flüchtlinge aufzunehmen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
Vorbemerkung der Landesregierung
Das Bundesverwaltungsamt und das Bundesministerium des Inneren haben zugestimmt, die derzeit noch für Aktenunterbringung von Spätaussiedlern genutzten Gebäude der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen, Standort Bramsche, zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Im Moment wird intensiv mit allen Beteiligten die schnellstmögliche Verlagerung der Akten geprüft.
1. Wie viele Asylbewerber sind an welchen Standorten derzeit in nicht winterfesten Zelten untergebracht?
Derzeit verfügt die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen über 10.723 Unterbringungsplätze. Davon sind 1.340 Plätze nicht winterfest. Der Standort Braunschweig hat derzeit 220 nicht winterfeste Zeltplätze und nutzt 300 nicht winterfeste Zelte in der Außenstelle Otterndorf. Der Standort Friedland verfügt über 120 Notplätze in einer nicht beheizbaren Tennishalle in der Außenstelle im Hotel Rosenthaler Hof in Duderstadt. Und der Standort Bramsche verfügt über 700 Plätze in nicht winterfesten Zelten.
2. Welches Konzept verfolgt die Landesregierung, um alle Asylsuchenden noch vor dem anstehenden Winter in beheizbare Unterkünfte zu verlegen?
Die Landesregierung verfolgt wie schon in den vergangenen Monaten auch weiterhin das Ziel, die nicht winterfesten Plätze schnellstmöglich zu ersetzen. Hierzu werden weiterhin Container genutzt, weitere Notunterkünfte in feststehenden Gebäuden wie Kasernen errichtet und weitere Standorte für Erstaufnahmeeinrichtungen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen eingerichtet. Hinzu kommt der Ersatz von Zelten durch sogenannte Mobile Homes, wie er aktuell für das Jugenddorf in Otterndorf geprüft wird.
3. Wie will die Landesregierung die notwenige medizinische Untersuchung gewährleisten, z. B. bei ansteckenden Krankheiten?
Die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) erfolgt zum einen durch die Erstuntersuchungen nach Aufnahme der Flüchtlinge sowie durch die medizinische Versorgung während des Aufenthaltes in akuten Krankheitsfällen.
Die Erstuntersuchung in den EAE erfolgt auf Grundlage des § 62 AsylVfG. Die Untersuchung umfasst neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung bei allen Personen, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, eine Blutentnahme und die serologische Untersuchung des Blutes auf Masern-, Röteln- und Varizellen-Antikörper. Zum Ausschluss einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose erfolgt nach Maßgabe des § 36 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz bei Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, eine Röntgenuntersuchung.
Hintergrund dieser Untersuchung ist, dass Personen, die in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht sind, mitunter auch wegen der engen Wohnbedingungen und der eingeschränkten Möglichkeiten zu individueller Abgrenzung grundsätzlich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Die Gesundheitsuntersuchung dient daher in erster Linie dem Ausschluss von übertragbaren Krankheiten mit dem Ziel, andere in der Einrichtung lebende Personen sowie die Betreuenden und Bediensteten vor Infektionen und den hierdurch drohenden Gefahren zu schützen.
Im Hinblick auf den hohen Zugang in den Erstaufnahmeeinrichtungen ist derzeit nicht mehr gewährleistet, dass die Untersuchung zeitnah nach der Aufnahme erfolgt. Die Kapazitäten in den jeweiligen beauftragten Krankenhäusern für die Einrichtungen in Bramsche und Friedland sowie des Gesundheitsamtes in Braunschweig für die Erstuntersuchungen der Flüchtlinge nach § 62 AsylVfG sind überschritten, so dass die Untersuchungen regelmäßig erst nach einer längeren Wartezeit erfolgen. Es sind bereits zusätzliche Krankenhäuser beauftragt worden, um die Untersuchungskapazitäten zu erhöhen. Darüber hinaus werden weitere Möglichkeiten – z. B. die Beteiligung der Hilfsorganisationen – geprüft.
Für die die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge während ihres Aufenthalts in den Erstaufnahmeeinrichtungen stehen rund um die Uhr besetzte Sanitätsstationen für die Akut- und Erstversorgung zur Verfügung. Zudem halten Ärzte werktags stundenweise Sprechstunden vor Ort ab. Soweit erforderlich, werden die Flüchtlinge darüber hinaus weiteren örtlichen Ärzten und Krankenhäusern vorgestellt. Bewohnerinnen und Bewohner, die an ansteckenden Krankheiten erkrankt sind, werden isoliert untergebracht.