Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
Rede des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann in der 897. Sitzung des Bundesrates am 15.06.2012 zum Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
bei dem heutigen Gesetzesantrag geht es um die geforderten Sprachkenntnisse von Familienmitgliedern der Spätaussiedler.
Bisher ist der strikte Nachweis von Grundkenntnissen der deutschen Sprache Voraussetzung für die Einreise in das Bundesgebiet.
Nur für den Fall, dass eine Behinderung im Sinne des Sozialgesetzbuches vorliegt, kann gegenwärtig von den geforderten Grundkenntnissen der deutschen Sprache abgesehen werden.
Ich möchte betonen:
Unser Vorschlag für eine Neuregelung des Nachzugs von Familienmitgliedern der Spätaussiedler hält im Kern am Spracherfordernis fest.
Denn die Erfahrung zeigt: Die Integration von Spätaussiedlern gelingt dann am Besten, wenn diese schon bei ihrer Einreise über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen.
In den vergangenen Monaten sind mir allerdings zahlreiche Fälle und Petitionen vorgetragen worden, die deutlich machen: In Einzelfällen ist ein striktes Festhalten an den geforderten Deutschkenntnissen – als Voraussetzung für die Familienzusammenführung – aus humanitären Gründen nicht vertretbar.
Für das Land Niedersachsen ist es nicht hinnehmbar, dass Spätaussiedlerfamilien nur deswegen getrennt bleiben oder werden, weil ein Familienmitglied aus besonderen Gründen nicht in der Lage ist, die geforderten Deutschkenntnisse vor Einreise zu erwerben.
Die erweiterte Härtefallregelung, die wir vorschlagen, soll es bei körperlicher, seelischer oder geistiger Krankheit, Alter oder Gebrechlichkeit sowie bei Lernschwäche oder Bildungsferne ermöglichen, vom Nachweis der geforderten Deutschkenntnisse abzusehen.
Eine solche Neuregelung wäre im Übrigen vergleichbar mit den bereits bestehenden Regelungen für den Familiennachzug von Ausländern, wie sie das Aufenthaltsgesetz vorsieht.
Wir rechnen damit, dass in den kommenden drei Jahren bundesweit bis zu 1000 Familienangehörige von der beabsichtigten Änderung im Vertriebenenrecht profitieren werden.
Die vorgeschlagene Neuregelung ist nicht mehr und nicht weniger als eine Ausnahmeklausel – aber sie hat einen wichtigen humanitären Mehrwert!
Sie dient dazu, unbillige Härten abzustellen und dauerhafte Familientrennungen zu vermeiden.
In diesem Sinne werbe ich für den Gesetzesantrag und bitte – auch im Namen der betroffenen Spataussiedlerfamilien – um Ihre Unterstützung.
Vielen Dank!