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Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

BERLIN. Rede des Niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann im Bundesrat am 23.09.2011


Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen und Hamburg soll die sog. Optionspflicht abgeschafft werden. Diese wurde 1999 mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes eingeführt.

Demnach erwirbt ein hierzulande geborenes Kind ausländischer Eltern seit dem Jahr 2000 automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. (Voraussetzung ist, dass ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland sowie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat.) Mit Erreichen der Volljährigkeit, d.h. frühestens im Jahr 2018, müssen sich die Kinder zwischen der deutschen und einer fortbestehenden ausländischen Staatsangehörigkeit entscheiden.

Unter denselben Voraussetzungen stand auch ausländischen Kindern die deutsche Staatsangehörigkeit zu, die am 1. Januar 2000 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten (§ 40 b StAG). Diese Gruppe fällt jetzt aktuell unter die Optionspflicht.

Beide Vorschriften durchbrechen das Abstammungsprinzip, das für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht prägend ist. Deshalb waren sie seinerzeit politisch heftig umstritten. Die jetzige Optionspflicht stellt eine Kompromisslösung dar.

Der Gesetzesantrag will diese Kompromisslösung aufkündigen. Welche Gründe werden dafür ins Feld geführt?

Die 1. These lautet:

Die Optionspflicht schade der Integration:

Dahinter steht die Behauptung, der Doppelpass fördere die Integration.

Unstreitig ist: Die Integration der dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebenden Zuwanderer ist für die Zukunft unseres Landes von größter Bedeutung. Kein Staat kann es sich auf Dauer leisten, dass ein zahlenmäßig bedeutender Teil seiner Bürger über Generationen hinweg außerhalb der staatlichen Gemeinschaft steht.

Der erleichterte Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft war daher ein richtiger Schritt. So wurden die Einbürgerungsvoraussetzungen erheblich gelockert. Seit dem Jahr 2000 hat jeder

Ausländer bereits nach 8 Jahren (vormals 15 Jahre) dauerhaften und rechtmäßigen Aufenthalts grds. einen Einbürgerungsanspruch.

Parallel dazu hat der Staat das Integrationsangebot umfassend erweitert und ausgebaut. Integrationskurse werden angeboten, um Deutsch zu lernen und sich mit der Rechts- und Gesellschaftsordnung vertraut zu machen. Wer die Kurse erfolgreich besucht, hat schon einen Einbürgerungsanspruch nach 7 Jahren.

Aber: Die Einbürgerung ist der Schlussstein für eine gelungene Integration. Daher ist es falsch, den deutschen Pass als Mittel für eine bessere Integration anzusehen. Sprache, Bildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt, dass sind die Integrationsrichtwerte, nicht die Frage der Staatsangehörigkeit!

Als 2. These wird angeführt:

Die Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit führe zu schweren Gewissenskonflikten bei den Betroffenen.

Was ist davon zu halten?

Die Verleihung einer Staatsbürgerschaft hat nicht nur Symbolwert. Sie ist mit Pflichten, aber auch umfassenden Rechten verknüpft. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist für viele attraktiv, weil Deutschland als demokratischer Rechts- und Sozialstaat Vorbild ist. Daher können wir von einem volljährigen Ausländer verlangen, sich zu entscheiden. Unsere Staatsangehörigkeit ist keine Billigware!

Die Hinnahme von Mehrstaatigkeit kann Loyalitätskonflikte bewirken, denn: Niemand kann seine staatsbürgerlichen Pflichten in gleicher Weise zwei oder mehr Staaten gegenüber erfüllen. Dies gilt z. B. für die Straf- und Steuerhoheit.

Streichen wir die Optionsregelung, so verschärfen wir das gesellschaftliche Konfliktpotential. Das ist integrationspolitisch ist der falsche Weg!

These 3 lautet:

Die Optionsregelung sei zu bürokratisch. Sie ist ein „Verwaltungsmonstrum“.

Dies mag so sein. Wir können hierzu noch keine belastbare Aussage treffen. Erst ab Januar 2008 sind die von der Optionspflicht Betroffenen mit Vollendung des 18. Lebensjahres verpflichtet, sich zu erklären.

Derzeit werden auf Bundesebene wesentliche Daten zum Optionsverfahren erhoben. Wie viele Verfahren gibt es überhaupt? Wie ist das Entscheidungsverhalten? Hierzu sind die Länder aufgefordert, Anfang 2012 Daten zu übermitteln.

Ferner befragt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Betroffene zu ihrem Entscheidungsverhalten. So kann auch dann erst belastbar beurteilt werden, ob die Behauptung von Gewissenskonflikten überhaupt zutrifft.

Bevor wir über die Abschaffung der Optionspflicht reden, sollten wir uns wenigstens die Zeit nehmen, um die Fakten genau zu analysieren.

Die Verleihung unserer Staatsbürgerschaft hat einen besonderen Stellenwert. Von Einbürgerungsbewerbern können wir daher verlangen, dass sie ein klares Bekenntnis abgeben, ohne Wenn und Aber!

Niedersachsen wird daher den Gesetzesantrag – wie schon in der Vergangenheit – klar ablehnen.

Presseinformation

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erstellt am:
28.09.2011

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