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Kampf gegen Kinderpornografie – Internationale Fahndungen und Aktionen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 14.04.2011; Mdl. Anfr. 22


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniela Behrens (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordnete hatte gefragt:

In der 102. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages am 17. März 2011 wurden unter dem Titel „Kriminalitätsstatistik 2010: Weniger Straftaten, höhere Aufklärung - Warum erkennt das die Opposition nicht an?“ die Leistungen der Polizei thematisiert. Dabei hatte ich Fragen zum Themenkomplex Bekämpfung von Kinderpornografie gestellt. Die Beantwortung des Ministers für Inneres und Sport war dabei lückenhaft.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Im Kampf gegen Kinderpornografie im Netz kommt es auf die internationale Zusammenarbeit an, denn die Täter agieren in der Regel über Ländergrenzen hinweg und in vernetzten Strukturen. Wie viele Polizistinnen und Polizisten in Niedersachsen arbeiten in solchen vernetzten Teams?
  2. Welche Erfahrungen hat man mit und in diesen internationalen Ermittlungen gemacht, und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
  3. Welche Fahndungserfolge hat man in den vergangenen drei Jahren im Rahmen der Bekämpfung der Kinderpornografie zu verzeichnen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Alle Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sind besonders schwere, verabscheuungswürdige Taten. Diese Delikte richten sich gegen junge Menschen, die zumeist schutzlos und besonders schutzbedürftig sind. Kinderpornografie ist gesellschaftlich zu ächten, da in vielen Fällen traumatisierte Kinder als Opfer zurückbleiben.

Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden werden praktisch alle Datendienste des Internets, die zum Versenden von Bild- bzw. Videodateien geeignet sind, in unterschiedlicher Intensität zur Verbreitung kinderpornografischen Materials genutzt. Neuerdings wird auf private Bereiche in sozialen Netzwerken (Chatrooms, Foren pp.) gesetzt, um Aufnahmen kostenlos zu tauschen. Somit ist eine sofortige weltumspannende Verbreitung dieses sozialschädlichen Materials über Ländergrenzen hinweg in Echtzeit möglich. Erschwert wird die Verfolgung derartiger Delikte durch vernetzte Strukturen auf der Täterseite und das Bereitstellen der Webseiten auf im Ausland installierten Servern. Bevorzugt werden in diesem Rahmen insbesondere Staaten mit geringer Kontrollintensität oder in denen keine dem deutschen Recht vergleichbare Gesetzgebung existiert oder die Regelungen nicht konsequent überwacht und durchgesetzt werden.

Vor diesem Hintergrund verdient die weltweite Bekämpfung der Kinderpornografie eine große Aufmerksamkeit. Institutionen wie die Vereinten Nationen (UN), die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (IKPO)/Interpol, die Europäische Union mit Europol, Eurojust und das dezentrale Europäische Justizielle Netz (EJN) sowie als nationale Zentralstelle für Kinderpornografie das Bundeskriminalamt mit den zentralen Ansprechstellen für Kinderpornografie in den Bundesländern bilden ein weltweites Netzwerk zur internationalen und nationalen Bekämpfung dieser Kriminalitätsform. Ein ständiger Informationsaustausch in strategischer und operativer Hinsicht trägt maßgeblich zum polizeilichen Erfolg bei.

In Niedersachsen wurde frühzeitig und konsequent auf die Entwicklung im Bereich der Kinder-pornografie reagiert. Zunächst wurde die Organisationseinheit „Anlassunabhängige Recherche in Datennetzen“ im Landeskriminalamt eingerichtet, deren Aufgabe als einen Arbeitsschwerpunkt die Bekämpfung der Kinderpornografie beinhaltet.

In der Folge wurden die Kompetenzen des Landeskriminalamtes zur Bekämpfung in den Kriminalitätsbereichen Internetkriminalität und Kinderpornografie durch Bündelung, Personalaufstockung und Einrichtung der Zentralstelle Internetkriminalität unter Anbindung der Ansprechstelle Kinderpornografie weiter intensiviert. Herausragende Einzelfälle der Kinderpornografie werden von der Zentralstelle Internetkriminalität in eigener Ermittlungszuständigkeit bearbeitet. Komplettiert wird der polizeiliche Kompetenzstrang für die Bekämpfung dieser Kriminalitätsform durch Fachkräfte der örtlichen Flächendienststellen und durch Datenverarbeitungsgruppen im Landeskriminalamt und den Flächenbehörden, die für die technische Beweissicherung und forensische Untersuchungen zuständig sind.

Darüber hinaus ist die gute Zusammenarbeit mit der Justiz zu nennen. Hierbei sind insbesondere die Generalstaatsanwaltschaft Celle als die für Niedersachsen zuständige Kontaktstelle des EJN und die Zentralstelle der Staatsanwaltschaft Hannover für die Bekämpfung gewaltdarstellender, pornografischer und sonst jugendgefährdender Schriften/Medien hervorzuheben.

Kinderpornografie kann jedoch nicht allein von den Strafverfolgungsbehörden bekämpft werden. Es besteht breiter Konsens, dass es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Im Zusammenwirken mit Wirtschaft, Wissenschaft und Interessenverbänden der Opfer des sexuellen Missbrauchs hat die Landesregierung 2009 „White IT – das Bündnis gegen Kinderpornografie“ gegründet und fortentwickelt.

Ziel von White IT ist die ganzheitliche Entwicklung eines Konzepts, wie dem Phänomen „Kinder-pornografie im Internet“ begegnet werden kann. Eine kriminologische Studie der Leibniz-Universität über Verbreitungsformen der Kinderpornografie im Internet wie Tauschbörsen (Peer-to-Peer-Netzwerke) oder kommerzielle Märkte gehören ebenso zu den Konzeptgrundlagen wie die Entwicklung neuer Programme zur Erkennung von kinderpornografischen Bild- und Filmmaterial.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, sind Einsatzkräfte sowohl im Spezialbereich wie im LKA als auch in Fachkommissariaten in der Fläche tätig. Die Anzahl der jeweils in entsprechenden Fällen eingesetzten Beamten ist vom Umfang und der Qualität eines Verfahrens abhängig, das individuell einer besonderen Betrachtung unterzogen werden muss.

Zu 2.:

Im Rahmen internationaler Ermittlungen arbeiten Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter und örtliche Fachdienststellen eng und wirkungsvoll zusammen. Die Koordination der Ermittlungsführung im Zusammenwirken mit anderen Nationen liegt grundsätzlich beim Bundeskriminalamt. Die bisher in Einzelfällen gewonnenen Erfahrungen in transnationalen Verfahren sind als gut zu bewerten.

Außerhalb von Verfahren gestaltet sich die internationale Zusammenarbeit ebenfalls äußerst kooperativ. So nahmen niedersächsische Angehörige der Zentralstelle Internetkriminalität 2010 an einer internationalen Konferenz in Budapest teil und stellten dort niedersächsische Bekämpfungsansätze gegen Kinderpornografie dem internationalen Auditorium vor. Darüber hinaus stellte Niedersachsen ein zur Strafverfolgung von Kinderpornografie geeignetes, selbst entwickeltes Protokollierungs- und Auswertungstool mehreren Staaten zur Verfügung.

An der Operation „Rescue“ von Europol war Niedersachsen nicht beteiligt. Deshalb war der Landesregierung diese Ermittlungsmaßnahme nicht bekannt geworden.

Zu 3.:

Die durch die niedersächsische Landespolizei erzielten Fahndungserfolge im Bereich der Kinderpornografie sind umfänglich. Das lässt sich auch an der hohen Aufklärungsquote im Zusammenhang mit der Verbreitung von Kinderpornografie ablesen, die der Polizeilichen Kriminalstatistik der Jahre 2008 bis 2010 zu entnehmen ist.

Dennoch ist jeder Fall der Kinderpornografie, der nicht aufgeklärt werden kann, ein Fall zuviel. Insbesondere dann, wenn durch eine Tataufklärung möglicherweise eine Fortsetzung des Kindesmissbrauchs verhindert werden kann. Insofern besteht die zwingende Erforderlichkeit relevante Daten zu sichern. Nur bei Zuordnung von IP-Adressen, die mitunter den einzigen Ermittlungsansatz darstellen, kann unverzüglich einer weiteren Verbreitung kinderpornografischen Materials entgegengewirkt werden.

Zur Bilanz der Fahndungserfolge sind an dieser Stelle beispielhaft zwei Verfahren aus dem Jahr 2010 zu nennen. Im ersten Verfahren führten die Ermittlungsmaßnahmen der Zentralstelle Internetkriminalität in Absprache mit der Polizeiinspektion Osnabrück im Oktober zur Identifizierung des Täters und des Opfers einer kinderpornografischen Serie und späteren Verhaftung des Beschuldigten in Bayern. In einem zweiten Verfahren trugen entscheidende Hinweise der „Anlassunabhängigen Recherche in Datennetzen“ der Zentralstelle Internetkriminalität ebenfalls im Oktober entscheidend zur Festnahme eines Beschuldigten in Österreich bei, der im Verdacht steht, über eine Million Bild- und Videodateien kinderpornografischen Inhalts auf seinem Rechner gespeichert zu haben. Darüber hinaus wurde in diesem Kontext ein sexueller Missbrauch durch diesen Täter an den Kindern einer damaligen Lebensgefährtin ermittelt.




Presseinformation

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erstellt am:
15.04.2011

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