Laserpointerattacken auf deutsche Flugzeuge
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 14.04.2011; Mdl. Anfr. 5
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Nach Meldungen der Deutschen Flugsicherung nehmen die Attacken mit Lasern auf Flugzeuge in Deutschland stetig zu. Wurden 2009 noch 117 Fälle in Deutschland registriert, waren es im vergangenen Jahr bereits 388.
Die Täter verwenden Hochleistungslaser und versuchen damit, von einem Ort in der Umgebung des Flughafens die Piloten zu blenden. Wird das Auge eines Piloten von einem Laserstrahl getroffen, kann es zu einer etwa fünfminütigen Erblindung kommen. Langzeitschäden am Auge sind nicht ausgeschlossen.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 28. März 2011 sind vor allem die Großflughäfen in Frankfurt am Main, Berlin und Köln/Bonn betroffen. Doch gebe es auch gemeldete Attacken in Emden und Osnabrück. Ein Pilot berichtet in der Süddeutschen Zeitung, dass der Blendeffekt enorm sei, auch wenn der Laserstrahl lediglich die Frontscheibe treffe. Die Bonner Strahlenschutzkommission warne bereits seit einiger Zeit vor den Hochleistungslasern. Der Verkauf solcher Geräte sei zwar verboten, der Besitz jedoch nicht. Über entsprechende Internetseiten sei der Erwerb problemlos möglich.
Wie der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 30. März 2011 zu entnehmen war, hat am 29. März 2011 ein 43-jähriger Mann den Piloten einer Propellermaschine am Flughafen Münster/Osnabrück mit einem Hochleistungslaser geblendet. Strafrechtlich ist eine solche Attacke als gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr zu werten.
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie viele registrierte Angriffe mit Hochleistungslasern hat es bislang auf Flugzeuge in Nieder-sachsen gegeben?
- Welche Möglichkeiten haben die Strafverfolgungsbehörden, entsprechende Fälle aufzuklären bzw. Täter zu ermitteln?
- Wie beurteilt die Landesregierung die Forderung der Pilotenvereinigung Cockpit, Hochleis-tungslaser in den Anwendungsbereich des Waffengesetzes aufzunehmen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
„Unter dem Begriff Laser (Englisch für: Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation) ist allgemein eine Strahlungsquelle zu verstehen, deren physikalischer Effekt es ist, künstlich gerichtete Lichtstrahlen zu erzeugen. Der Begriff Laser wird sowohl für den Verstärkungseffekt als auch für die Strahlquelle verwendet. Das Inverkehrbringen von Lasern, zum Beispiel in Laserpointern, richtet sich nach den Bestimmungen des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes. Grundsätzlich müssen diese Produkte so beschaffen sein, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung Sicherheit und Gesundheit von Verwendern oder Dritten nicht gefährdet werden.
Der Missbrauch von Laserpointern zur Attackierung von Luftfahrzeugen wird strafrechtlich sank-tioniert. Wer einen Laserpointer gegen Luftfahrtzeuge einsetzt, kann sich nach § 315 StGB (Ge-fährlicher Eingriff in den Luftverkehr), § 316 c StGB (Angriff auf den Luftverkehr) sowie nach den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten strafbar machen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden unter anderem Straftaten nach § 315 StGB erfasst, diese sind jedoch hinsichtlich des Tatmittels „Laserpointer“ nicht selektierbar, so dass ein Lagebild über registrierte Fälle und eine zahlenmäßige Entwicklung derartiger Straftaten mithilfe der PKS nicht dargestellt werden kann.
Bis zum Jahr 2009 unterlagen die Fälle von Angriffen durch Laser(-pointer) auf Luftfahrzeuge keiner behördlichen Meldepflicht. Diese wurde im Oktober 2009 eingeführt. Seither sind alle deutschen Luftfahrtunternehmen verpflichtet, Angriffe mittels Laserpointer auf Luftfahrzeuge und Flugzeugbesatzungen an das Bundeskriminalamt zu melden. Für ausländische Luftfahrtunter-nehmen gilt diese Regelung jedoch nicht.
Nach einem der Landesregierung vorliegenden Bericht des Bundeskriminalamtes (Stand: Oktober 2009) wurden dort von Januar bis Oktober 2009 bundesweit 96 Fälle von Angriffen auf Luftfahr-zeuge bekannt, davon ein Fall aus Niedersachsen. Der Bericht für das Jahr 2010 liegt noch nicht vor.
Im Jahr 2010 sind in Niedersachsen anhand der Einzelmeldungen der niedersächsischen Polizei-dienststellen 14 Fälle von Laserattacken gegen Luftfahrzeuge bekannt geworden, wobei im Zuge erster Ermittlungen vor Ort in zwei Fällen Tatverdächtige festgestellt wurden. Mit Stand vom 06.04.2011 sind bislang für das Jahr 2011 in Niedersachsen sechs derartige Vorfälle - und eine Täterfeststellung in einem Fall - bekannt geworden.
Die in der Anfrage erwähnte Berichterstattung der Neuen Osnabrücker Zeitung bezieht sich auf einen Vorfall am 29.03.2011, 22.12 Uhr, bei dem ein Pilot eines Verkehrsflugzeuges, das sich im Landeanflug auf den Flughafen Münster / Osnabrück befand, im Luftraum über Osnabrück mit einen Laserpointer geblendet wurde. Zeugenhinweise führten kurze Zeit später zur Ermittlung eines Tatverdächtigen in Georgsmarienhütte. Ein Verfahren wegen § 315 StGB wurde von der Polizei eingeleitet. Der technisch veränderte Laserpointer konnte sichergestellt werden.
Zu 2.:
In Fällen von Laserattacken auf Luftfahrzeuge gestaltet sich die Ermittlung von Tatverdächtigen aus polizeilicher Sicht unter anderem aus folgenden Gründen schwierig:
Es kommt regelmäßig zu einem Zeitverzug zwischen Tatzeit und Mitteilung an die Polizei, da zunächst der Luftfahrzeugführer den Vorfall an den Tower und sodann der Tower den Vorfall an die örtlich zuständige Polizei meldet.
Oftmals vermag der Tatort nicht oder nur grob eingegrenzt werden, da in diesem Zusammenhang - wenn überhaupt - nur auf die Schätzung der Besatzung des Luftfahrzeuges zurückgegriffen werden kann.
Häufig erfolgen die Attacken mittels Laserpointern in der Dunkelheit. Damit reduziert sich auch das Entdeckungsrisiko für Täter.
Das Tatmittel Laserpointer ist aufgrund seiner geringen Ausmaße leicht transportierbar.
Polizeiliche Präventionsmaßnahmen erfolgen zum einen durch Aufklärungsarbeit sowie zum anderen durch eine Präsenzerhöhung in der Umgebung von Flughäfen.
In der Polizeidirektion Hannover wurde im Mai 2010 eine Arbeitsgruppe „Laserattacken auf Luft-fahrzeuge“ eingerichtet. Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind neben den Vertretern der Polizeidirektion Hannover Vertreter der Zentralen Polizeidirektion (Polizeihubschrauberstaffel Niedersachsen), der Bundespolizei, der Deutschen Flugsicherung und der Pilotenvereinigung Cockpit. Ziel der Arbeitsgruppe ist die Erstellung einer Konzeption zur „Verhinderung und Verfolgung von Laserattacken auf Luftfahrzeuge für den internationalen Flughafen Hannover-Langenhagen“. Die Konzeption befindet sich derzeit in der Abstimmung.
Zu 3.:
Laser, wie zum Beispiel die als reines Zeigegerät konzipierten und klassifizierten Laserpointer, unterliegen als solche nicht dem Waffenrecht, da sie keine Waffen im Sinne von § 1 Abs. 2 des Waffengesetzes (WaffG) sind. Werden Laserpointer dagegen an einer Schusswaffe montiert und damit als Zielhilfe verwendet, handelt es sich bei dem Gerät um einen verbotenen Gegenstand im Sinne von Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.4.1 in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 4.1 des WaffG.
Für den gewerblichen Vertrieb von Lasern als Verbraucherprodukte gelten in Deutschland die Vorschriften des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG), es regelt nicht das Verwenden.
Laser werden danach grundsätzlich entsprechend ihrer Leistungsstärke und dem daraus resul-tierenden Gefährdungspotenzial in verschiedene Klassen unterteilt. Die Risikobewertung wird unter Heranziehung der Klassifizierungsregeln für Laser nach DIN EN 60825 durchgeführt. Dabei gilt generell: Je höher die Klassennummer, desto höher das Gefährdungspotenzial des Lasers. An diese Klassifizierung sind für den gewerblichen Vertrieb von Lasern verbindliche Anforderungen geknüpft. Verbraucherprodukte, die Laser sind oder beinhalten, dürfen nur in den Verkehr ge-bracht werden, wenn sie entsprechend der DIN EN 60825 Teil 1 in den Laserklassen 1, 1M, 2 oder 2M, also in einer niedrigen Gefährdungsstufe klassifiziert sind. Gleiches gilt für Laserein-richtungen mit einem beispielsweise aufgrund von Regelungen eines anderen Mitgliedstaates der EU gleichwertigen Sicherheitsniveau. Laser anderer Klassen dürfen dagegen in Deutschland nicht als Verbraucherprodukte gewerblich in den Verkehr gebracht werden. Im Übrigen wird die Anwen-dung dieser Regelungen im Rahmen der Marktüberwachung kontrolliert.
Festzuhalten bleibt, dass Laser mit einem höheren Gefährdungspotenzial als Verbraucherpro-dukte nicht in Verkehr gebracht werden dürfen.
Hinzu kommt, dass Laserattacken auf Luftfahrzeuge vom Gesetzgeber nicht sanktionslos hinge-nommen werden. Wer Flugzeuge mittels eines Laserpointers attackiert, kann sich nach § 315 StGB (Gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr), § 316 c StGB (Angriff auf den Luftverkehr) sowie nach den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten strafbar machen. Der Gesetzgeber knüpft somit erhebliche strafrechtliche Sanktionen an die zweckwidrige Verwendung von Lasern, die zur Attackierung von Luftfahrzeugen mißbraucht werden.
Der Bundesgesetzgeber hat bisher nicht den Ansatz verfolgt, Laser bzw. Laserpointer darüber hinaus unter das Regime des Waffenrechts zu stellen.