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Kommunalfinanzen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.03.2011; Fragestunde Nr. 46


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Manfred Sohn (LINKE); Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Trotz Wirtschaftsaufschwung haben die Kommunen in Deutschland im Jahr 2010 mit 9,8 Milliar­den Euro das größte Haushaltsdefizit in der Geschichte der Bundesrepublik zu verzeichnen. Auch für das Jahr 2011 geben die kommunalen Spitzenverbände keine Entwarnung. Es wird ein Minus von voraussichtlich 9,6 Milliarden Euro erwartet. Die Dramatik der Situation zeigt der Anstieg der kurzfristigen Kassenkredite, die sich deutschlandweit auf rund 40,5 Milliarden Euro belaufen, in Niedersachsen auf rund 5 Milliarden Euro. Das ist jeweils etwa doppelt so viel wie im Jahr 2004.

Daher müssten sich die Kommunen, wie der Autor Andreas Knoch im Beitrag „Die Zeit ist noch nicht reif“ (Der Neue Kämmerer), 1. Februar 2011, Seite 9, schreibt, verstärkt mit alternativen Geldquellen auseinandersetzen.

Danach sei der Anleihemarkt eine solche Quelle, die allerdings in den Dispositionen der Käm­merer noch keine große Rolle spiele. In Niedersachsen habe die Stadt Hannover Ende 2009 eine Anleihe am Kapitalmarkt platziert. Die NORD/LB habe - dem Autor Andreas Knoch zufolge - die Stadt Hannover bei der Emission begleitet. Die Hannoveraner Stadtanleihe notiere mit knapp 40 Basispunkten über der Rendite vergleichbarer Bundesanleihen. Matthias Kreie von der NORD/LB wird in dem genannten Artikel dazu folgendermaßen zitiert: „Die faktische Einstandspflicht der Länder für ihre Kommunen sorgt dafür, dass die Risikoaufschläge von Kommunalanleihen überschaubar bleiben. Eine höhere Prämie ergibt sich somit vorrangig aus der geringeren Liquidität von Stadtanleihen im Vergleich zu Emissionen von Bund und Ländern.“

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Städte in Deutschland haben seit dem Jahr 2005 Anleihen am Kapitalmarkt platziert (bitte jeweils Finanzvolumen, Laufzeit, derzeitige Rendite und begleitendes Kreditinstitut anführen)?
  2. Wie beurteilt sie Möglichkeiten und Grenzen von Kommunalanleihen als eine alternative Geldquelle zur Kommunalfinanzierung?
  3. Worin sieht sie die vom Experten der NORD/LB angegebene „faktische Einstandspflicht der Länder für ihre Kommunen“ bei deren Anleiheemissionen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Anleihen sind eine Art von verzinslichen Wertpapieren, die dem Herausgeber zur langfristigen Fremdfinanzierung und dem Käufer zur Kapitalanlage dienen. Im Ergebnis gewährt der Käufer dem Herausgeber der Anleihen einen Kredit.

Kommunale Anleihen sind allerdings keine neue oder alternative Finanzierungsform. Der Anleihenmarkt hat in der Vergangenheit bei klassischen kommunalen Finanzierungen schlicht keine besondere Rolle gespielt. Im kommunalen Bereich sind Anleihen den Investitionskrediten zuzuordnen, welche nur bei Vorlage der Voraussetzungen gem. §§ 83, 84 und 92 NGO aufgenommen werden dürfen. Danach ist eine Aufnahme von Krediten nur zulässig, wenn eine andere Form der Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.

Die mögliche Höhe der Kreditermächtigung einer Kommune ist in der Haushaltssatzung festzulegen und nach den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft durch die Kommunalaufsichtsbehörde zu genehmigen. Darüber hinaus besteht nach den kommunalhaushaltsrechtlichen Bestimmungen keine Anzeige- oder Genehmigungspflicht, d. h. die konkrete Kreditaufnahme erfolgt in Eigenverantwortung der Kommunen. Damit sind kommunale Anleihen im Rahmen der ausgesprochenen Kreditgenehmigung und im Rahmen der Haushaltssatzung als ein Instrument der Kreditaufnahme grundsätzlich zulässig.

Auf bankenrechtlicher Seite ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Bonn zuständige Aufsichtsbehörde für derartige Geschäfte.

Nähere Kriterien für die Aufnahme von Krediten sind im Runderlass des MI vom 22.10.2008 „Kreditwirtschaft der kommunalen Körperschaften einschließlich ihrer Sonder- und Treuhandvermögen“ geregelt. Weitere Zuständigkeiten und Verfahren für Kreditaufnahmen sind in den internen Richtlinien zur Aufnahme von Krediten nach § 92 Abs. 1 NGO von der Kommune selbst festzulegen und vom Rat zu beschließen. Dabei sind in jedem Fall mögliche Zins- und Haftungsrisiken sowie das Spekulationsverbot zu beachten.

Gem. § 108 Abs. 5 NGO dürfen Kommunen Bankunternehmen/Kreditinstitute nicht errichten. Diese Vorschrift schließt das generelle Verbot zum Betreiben von Bankgeschäften im Sinne von § 1 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) ein. Kommunale Sparkassen sind von dieser Regelung ausdrücklich nicht erfasst.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Zu der Frage, welche Städte in Deutschland seit dem Jahr 2005 Anleihen am Kapitalmarkt platziert haben, liegen der Landesregierung keine näheren Informationen vor.

In Niedersachsen ist neben der in der Anfrage genannten Stadtanleihe der Landeshauptstadt Hannover nur noch die Planung einer Stadtanleihe aus dem Jahr 2010 der Stadt Salzgitter bekannt. Nähere Informationen liegen wegen der fehlenden Anzeige- und Genehmigungspflicht nicht vor.

Zu 2.:

Anleihen sind eine mögliche Form der Kreditaufnahme für Kommunen. Ob eine Anleihe eine Alternative zu einer „normalen“ Kreditfinanzierung darstellt, muss vor Ort von der Kommune im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung insbesondere unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werden.

Zu 3.:

Zu etwaigen besonderen Anforderungen der Banken bei Anleiheemissionen der Kommunen liegen der Landesregierung keine Informationen vor.



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erstellt am:
18.03.2011

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