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Bündnis „White IT“ gegen Kinderpornographie

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.03.2011; Fragestunde Nr. 3


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Roland Riese (FDP); Es gilt das gesprochene Wort!


Die Abgeordneten hatten gefragt:

Das Internet bietet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten der Information und des Datenaustausches große Chancen für Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Möglichkeiten werden aber auch von Kriminellen genutzt - etwa zur anonymen Verbreitung und zum Konsum von Kinderpornographie. Zur Prävention und Eindämmung dieser Gefahr sind Initiativen sinnvoll und begrüßenswert, die einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz unter Einbindung der IT-Wirtschaft verfolgen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wer hat sich dem Bündnis bis heute angeschlossen, und welche Unternehmen oder Verbände haben Interesse daran geäußert?
  2. Welche Erfahrungen hat die Landesregierung bisher mit der Bündnisarbeit gemacht? Sind Veränderungen bzw. Verbesserungen geplant?
  3. Plant die Landesregierung eine Kooperation mit anderen Bundesländern?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Im November 2009 wurde das Bündnis gegen Kinderpornographie – White IT in Berlin auf Initiative des Ministers für Inneres und Sport gegründet. Zu den 20 Gründungsmitgliedern zählen IT-Branchenverbände und IT-Unternehmen, Sozial- und Opferschutzorganisationen, die Wissenschaft

sowie Vertreter der Heilberufe. Die Bündnismitglieder haben ein „Memorandum of Understanding“ unterzeichnet und sich darin verpflichtet, mit Blick auf ihre gesellschaftliche Verantwortung Kinderpornographie im Internet mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen. Inzwischen besteht das Bündnis aus 32 Partnern. Nach der Präsentation von White IT auf der CeBIT 2011 liegen weitere Anfragen namhafter Wirtschaftsunternehmen vor, dem Bündnis beitreten zu können.

Ziel des Bündnisses ist die Entwicklung und Umsetzung einer ganzheitlichen Strategie, die von der Prävention über die Strafverfolgung bis hin zu Hilfen für die Opfer reicht und sich dabei technischer, rechtlicher und politischer Instrumente bedient. Die Bündnisarbeit ist offen gestaltet, so dass sich jeder Partner nach seinen Möglichkeiten einbringen und im Rahmen der bestehenden Bündnisstrukturen mitwirken kann. Das Bündnis gliedert sich in einen Lenkungskreis, die Geschäftsstelle, ein Programm-Management-Board mit vier operativen Themen (Prävention und Opferschutz, Provider und Netze, Client und Server sowie Forensik) und zwei ergänzende Themenfelder (Kommunikation sowie Recht und Politik).

Detaillierte Informationen zum Bündnis White IT sind abrufbar unter www.whiteit.de sowie aktuell bei Facebook http://www.facebook.com/?sk=events#!/pages/Hannover-Germany/WhiteIT/ 158046544249897?sk=wall

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Seit der Gründung sind dem Bündnis folgende Partner beigetreten - in alphabetischer Reihenfolge:

  • Ärztekammer Niedersachsen
  • Avira GmbH
  • Auerbach-Stiftung
  • BITKOM e.V.
  • Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.
  • CBS Interactive GmbH
  • Computacenter AG & Co oHG
  • Cybits AG
  • Deutscher Kinderschutzbund e.V.
  • Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB, DPolG
  • ECO – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.
  • EWE TEL GmbH
  • Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia -Diensteanbieter e.V.
  • Fujitsu Technology Solutions GmbH
  • IBM Deutschland GmbH
  • Innocence in danger e.V.
  • Initiative D21 e.V.
  • Intel Corporation
  • itWatch GmbH
  • Leibniz Universität Hannover
  • Microsoft Deutschland GmbH
  • Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
  • Niedersächsische Landesmedienanstalt
  • Nokia Siemens Networks B.V.
  • ORACLE Deutschland GmbH
  • PlusServer AG
  • Psychotherapeutenkammer Niedersachsen
  • Secude IT Security GmbH
  • Sicheres Netzt Hilft e.V.
  • Software AG
  • Symantec (Deutschland) GmbH
  • Universität Potsdam – Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik

Zu 2.:

Die öffentlichen Diskussionen zum Zugangserschwerungsgesetz im Jahr 2009 haben gezeigt, dass die Bekämpfung kinderpornographischer Inhalte im Internet einen neuen Ansatz erfordert. Von der Politik isoliert erarbeitete Lösungsansätze greifen zu kurz. Vielmehr verspricht ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz, der insbesondere die IT-Wirtschaft und Wissenschaft mit einbezieht, mehr Erfolg. Die Wirtschaft engagiert sich seit Jahren erfolgreich in Kooperationen mit dem Bundeskriminalamt im Kampf gegen Kinderpornographie. Dieses Engagement muss die Politik aufgreifen, vertiefen und mit Lösungsansätzen anderer Akteure, die gegen Kinderpornographie im Internet vorgehen, verknüpfen. Das Bündnis White IT verfolgt konsequent diesen Weg und hat sich zum Ziel gesetzt, eine ganzheitliche Bekämpfungsstrategie zu erarbeiten, die auf einem breiten gesamtgesellschaftlichen Konsens fußt.

Als erste konkrete Maßnahme hat das Bündnis eine kriminologische Grundlagenstudie zum Thema Kinderpornographie beim Kriminalwissenschaftlichen Institut der Leibniz Universität Hannover in Auftrag gegeben. Vergleichbare wissenschaftliche Untersuchungen hat es bisher noch nicht gegeben. Die Studie soll Aufschlüsse zur Herkunft, Verbreitung und zum Umgang mit kinderpornographischem Material im Internet liefern. Zwischenergebnisse der Studie wurden auf dem 1. Symposium des Bündnisses im November 2010 der Öffentlichkeit präsentiert. Voraussichtlich am 2. Mai 2011 wird das Endergebnis in Berlin vorgestellt. Die Studie wird wichtige Erkenntnisse für die Ausrichtung der weiteren Bündnisarbeit liefern, denn nur wenn die Verbreitungswege im Internet genau untersucht sind, lassen sich maßgeschneiderte Bekämpfungs-methoden erarbeiten.

Weitere Maßnahmen des Bündnisses sind die Initiative „jetzt-löschen“, sowie die Präventionskampagne „Sicherheit geben“.

Mit der Initiative www.jetzt-loeschen.de wurde ein sogenannter „Internet-Meldeknopf“ entwickelt, der sich in die gängigen Internet Browser integriert und den Nutzern die Möglichkeit bietet, kostenlos, anonym und unkompliziert Seiten mit strafbarem Inhalt, insbesondere Kinderpornographie sowie sonstige rechtswidrige Seiten (z.B. „posing“) über die Internet-Beschwerdestelle und das weltweite INHOPE-Netzwerk zu melden. Seit dem Start der Maßnahme im März 2010 haben sich rund 150.000 Internetnutzer den Meldeknopf kostenlos auf ihrem Computer installiert.

Als Präventionsansatz führt das Bündnis derzeit die Kampagne „Sicherheit geben“ durch. Eltern sollen sensibilisiert werden, welchen Gefahren ihre Kinder im Internet ausgesetzt sind. Kinder- und Hausärzte sind mit in die Präventionsmaßnahme eingebunden. Seit Mitte 2010 wurden rund 25.000 Plakate an niedersächsische Arztpraxen verteilt, seit Januar 2011 läuft die Aktion bundesweit. Die Kampagne soll ergänzt werden durch die Veröffentlichung von PIXI-Büchern, die derzeit vom Bündnis gemeinsam mit dem Carlsen-Verlag erstellt werden. Die Kindergeschichte wird sich thematisch mit dem Recht des Kindes beschäftigen, über seinen Körper selbst zu bestimmen („Der Körper des Kindes gehört dem Kind!“). Verfolgt wird hierbei das Ziel, durch Aufklärung und präventives Vorgehen, die Herstellung von kinderpornographischem Material zu verhindern oder zumindest deutlich zu erschweren.

Zudem gibt es im Bündnis zahlreiche Projekte und vielversprechende Ansätze zur Entwicklung technischer Hilfsmittel, die eine automatisierte Suche von kinderpornographischem Material im Internet ermöglichen. Ziele sind hierbei, den Strafverfolgungsbehörden die Arbeit zu erleichtern, die Identifizierungsquote und die Nachverfolgung von Tätern und Opfern zu erhöhen und vor allem aktuellen Missbrauch zu unterbinden. Die Arbeit des Bündnisses zeigt insbesondere auf diesem Themenfeld, dass die vorhandenen Ansätze und Techniken in Wirtschaft und Wissenschaft systematisiert und miteinander verknüpft werden müssen, um zügig funktionierende und erfolgreich arbeitende technische Lösungen anbieten zu können.

Die kontinuierlich und stetig wachsende Zahl der Bündnispartner hat eine Neuausrichtung der Bündnisorganisation erforderlich gemacht, die inzwischen beschlossen ist. Eingerichtet wurde ein sogenanntes Programm-Management-Board, das die Themenfelder und zahlreichen Projektideen, die insbesondere aus der Wirtschaft kommen, bündeln und koordinieren soll. Mit diesem Steuerungsinstrument ist das Bündnis White IT zukünftig auch besser in der Lage, zielgerichtet Projektaufträge an einzelne Bündnispartner in Auftrag zu geben.

Zu 3.:

Die Länder und der Bund arbeiten mit dem Bündnis White IT eng zusammen.

Das Bündnis war mehrfach Gegenstand von Innenministerkonferenzen (Dezember 2009 und Mai 2010). Die Innenminister aller Länder begrüßen und unterstützen die Ziele und strategischen Elemente der Initiative „White IT – Bündnis gegen Kinderpornographie“ und sehen in der Beteiligung der relevanten Akteure eine geeignete Möglichkeit, Kinderpornographie im Internet in einem ganzheitlichen Ansatz und damit noch wirksamer zu bekämpfen. Ferner haben sich die Innenminister dafür ausgesprochen, dass der Bund und die Länder die Grundlagenstudie der Leibnizuniversität Hannover unterstützen und sich an der Bündnisarbeit beteiligen.


Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.03.2011
zuletzt aktualisiert am:
22.03.2011

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