Nds. Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen klar Logo

Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei (Teil 1)

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.02.2011; Fragestunde Nr. 50


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christa Reichwaldt und Pia-Beate Zimmermann (LINKE); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Die jetzigen Vorschläge der sogenannten Werthebach-Kommission führen bisherige Tendenzen der Zentralisierung auf Kosten der Länderkompetenzen, Kooperation und Zusammenfügung der Sicherheitsaufgaben und -behörden fort. Im Kern geht es um die „Fusion“ von Bundespolizei und BKA als zwei Säulen einer neuen Bundespolizei, die - so die favorisierte Konstruktion - von einer neu zu schaffenden Abteilung im Bundesinnenministerium geführt werden soll. Intensiviert werden soll die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Zudem ist vorgesehen, den Zoll umzuorganisieren und seine Sondereinheit - Zentrale Unterstützungseinheit Zoll (ZUZ) - der GSG 9 zuzuordnen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der wesentlichen Empfehlung der Kom­mission „Evaluierung Sicherheitsbehörden“ in deren Bericht vom 9. Dezember 2010, wonach Bundeskriminalamt und Bundespolizei in einer Bundesbehörde zusammengeführt werden sollen?
  2. Inwiefern hat die Landesregierung insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken an der beab­sichtigten Polizeireform, und unter welchen Voraussetzungen hält die Landesregierung eine Änderung des Grundgesetzes für erforderlich?
  3. Inwiefern teilt die Landesregierung die Auffassung der Kommission „Evaluierung Sicherheitsbehörden“, wonach Aufgaben der Sonderpolizeien des Bundes seit Jahren zulasten der generell zuständigen Länderpolizeien zugenommen haben (Seite 143, Rn. 5721 f. im o. g. Bericht)?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage

wie folgt:

Die Struktur der Sicherheitsbehörden – d.h. ihre Binnenorganisation, ihr durch den verfassungs-rechtlich vorgegebenen föderalen Gesamtzusammenhang bestimmter äußerer Aufbau sowie die Regelungen über Zuständigkeiten und Aufgabenzuweisungen – ist gerade in Zeiten terroristischer Bedrohung von elementarer Bedeutung. In der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden haben sich die bestehenden Regelungen ganz überwiegend bewährt. Vor diesem Hintergrund sind Eingriffe in die Sicherheitsarchitektur immer hinsichtlich ihrer Folgen für das Gesamtsystem zu hinterfragen und zu legitimieren, insbesondere auch mit Blick auf die in Fragen der Inneren Sicherheit vorrangig verantwortlichen Bundesländer. Im Mittelpunkt muss dabei die Vermeidung von Parallelzuständigkeiten stehen. Bieten in diesem Zusammenhang Strukturveränderungen aber die Chance, durch Zusammenführung von Aufgaben und Kompetenzen nachhaltige Verbesserungen zu erreichen und Schnittstellen sowie Doppelzuständigkeiten abzubauen, so rechtfertigt der Mehrwert der Veränderung den Einschnitt in die Sicherheitsarchitektur.

Der Bericht der „Werthebach-Kommission“ ist erkennbar und anerkennenswert sehr aufwändig erstellt und berücksichtigt grundsätzlich auch verfassungsrechtliche wie historische Zusammenhänge einschließlich des Wandels der deutschen und europäischen Verflechtung durch das Schengener Abkommen mit ihren Folgen für die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung der Polizeien des Bundes.

Grundlegende Mängel in der vorhandenen Sicherheitsarchitektur sind bislang weder bekannt noch behauptet; Optimierungsansätze in einem Umfang, der einen grundlegenden Eingriff in die Architektur rechtfertigt, sind dem Bericht der „Werthebach-Kommission“ mit Blick auf den am Ende favorisierten Vorschlag nicht zu entnehmen.

Von grundlegender Bedeutung erscheint insgesamt die Betrachtung der verfassungsrechtlichen Zusammenhänge und die Einbettung gerade auch der Polizeien des Bundes im Grundgesetz.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Landesregierung lehnt eine vollständige Fusion von BKA und Bundespolizei zu einer Behörde ab. Inwieweit aus den Empfehlungen der Kommission („Zwischenschritte“) unterstützenswerte Ansätze abzuleiten sind, hängt vom Ergebnis der im BMI eingesetzten Projektgruppe ab.

Zu 2.:

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Zusammenfassung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt in einer Behörde beziehen sich auf die Vorschriften des Grundgesetzes über die Bundesverwaltung. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1998 entschieden, dass die Bundespolizei, die auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG eingerichtet ist, ihren Charakter als Sonderpolizei für die Sicherung der Grenzen des Bundes und zur Abwehr bestimmter Gefahrenlagen nicht verlieren darf. Die Aufgaben des Bundeskriminalamts als Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminalpolizei sind funktional bestimmt und berühren alle Bereiche der Gefahrenabwehr und der Kriminalitätsbekämpfung. Auch organisatorisch bestehen zwischen der Bundespolizei mit ihren nachgeordneten Dienststellen und dem Bundeskriminalamt, das über keinen Unterbau verfügt, verfassungsrechtlich begründete Unterschiede, die nicht verwischt werden dürfen.

Zu 3.:

Niedersachsen hat keine polizeilichen Zuständigkeiten oder Aufgaben an den Bund abgegeben.

Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.




Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.02.2011

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln