Ausländerrecht in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2010; Fragestunde Nr. 31
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes ist dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Die Aufenthaltserlaubnis „soll“ nach § 28 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 - „Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist.“ - in den Fällen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 (Ehegatten eines Deutschen) erteilt werden.
Die Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Hannover hat im Fall der Aserbaidschanerin Mahbuba M., die mit einem Deutschen, der ebenfalls die aserbaidschanische Staatsangehörigkeit besitzt, verheiratet ist, entschieden, dass wegen dieser weiteren Staatsangehörigkeit des Ehemannes die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Frau M. von der Sicherung des Lebensunterhaltes abhängig zu machen ist. Damit wird von der für die Betroffenen günstigeren Sollvorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes abgewichen, und zwar ausdrücklich wegen der weiteren Staatsangehörigkeit des Ehemannes. Dem ist zu entnehmen, dass Personen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit – insbesondere hinsichtlich des Familienzuzugs – einen besseren Status haben als Personen mit mehreren Staatsangehörigkeiten.Ich frage die Landesregierung:
- Ist dieser Fall ihr als Aufsichtsbehörde bekannt, und was hat sie gegebenenfalls diesbezüglich der Ausländerbehörde in Hannover mitgeteilt oder aufgetragen?
- Geht sie davon aus, dass Personen mit einer doppelten Staatsangehörigkeit bzw. deren Ehepartnerinnen und Ehepartner ihren Lebensunterhalt mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht selbstständig sichern können als Personen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit, und wie begründet sie diese Ansicht?
- Worin ist die Unterscheidung in zwei Klassen von Staatsangehörigkeiten gegebenenfalls sonst noch begründet?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Wie von der Fragestellerin richtig dargestellt, soll der aufenthaltsrechtliche Familiennachzug ausländischer Ehegatten zu ihren deutschen Ehepartnern in der Regel nicht von der Frage abhängig gemacht werden, ob der Lebensunterhalt gesichert ist, also ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen bestritten werden kann (§ 28 des Aufenthaltsgesetzes). Diese Regelung war durch das im August 2007 in Kraft getretene sog. Richtlinienumsetzungsgesetz (Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union) in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen worden. Danach kann der Ehegattennachzug zu Deutschen bei Vorliegen besonderer Umstände von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht werden. Nach der Gesetzesbegründung liegen solche besonderen Umstände bei Personen vor, denen die Begründung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland zumutbar ist. Dies kommt insbesondere bei Doppelstaatern in Bezug auf das Land in Betracht, dessen Staatsangehörigkeit sie neben der deutschen besitzen, oder bei Deutschen, die geraume Zeit im Herkunftsland des Ehegatten gelebt und gearbeitet haben und die Sprache dieses Staates sprechen.
Die vom Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Bundesrates erlassene Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz enthält hierzu folgende Regelung:
„Nr. 28.1.1.0 … Die Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 5 Absatz 1 Nummer 1, § 2 Absatz 3) ist wegen des uneingeschränkten Aufenthaltsrechts von Deutschen im Bundesgebiet gemäß § 28 Absatz 1 Satz 3 im Regelfall keine Voraussetzung für den Ehegattennachzug zu Deutschen und nicht durchgängig zu prüfen. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann jedoch auch der Ehegattennachzug zu Deutschen von dieser Voraussetzung abhängig gemacht werden. Besondere Umstände können bei Personen vorliegen, denen die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland zumutbar ist. Dies kann in Einzelfällen in Betracht kommen bei Doppelstaatern in Bezug auf den Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie neben der deutschen besitzen, oder bei Deutschen, die geraume Zeit im Herkunftsland des Ehegatten gelebt und gearbeitet haben und die Sprache dieses Staates sprechen. Darüber hinaus kann unter den Voraussetzungen des § 27 Absatz 3 trotz des grundsätzlich bestehenden Anspruchs die Aufenthaltserlaubnis verweigert werden; vgl. näher Nummer 27.3. Im Rahmen der nach § 27 Absatz 3 erforderlichen Ermessensabwägung ist maßgeblich darauf abzustellen, dass dem Deutschen regelmäßig nicht zugemutet werden kann, die familiäre Lebensgemeinschaft im Ausland zu leben, und dass der besondere grundrechtliche Schutz aus Artikel 6 GG eingreift.“
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.: Nein.
Zu 2.: Nein.
Zu 3.: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.
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