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Aktivitäten von Rockerclubs in Walsrode

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 11.11.2010; Fragestunde Nr. 59


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Helge Limburg und Ralf Briese (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Bereits mehrfach berichtete die Landesregierung auf Anfrage verschiedener Abgeordneter, dass nach ihrer Einschätzung Verbindungen zwischen verschiedenen Rockerclubs in Niedersachsen und der organisierten Kriminalität bestehen. Gleichzeitig berichteten verschiedene Medien immer wieder über Versuche von Rockerclubs, sich in niedersächsischen Städten in der Geschäftswelt zu etablieren. So schrieb der Weserkurier am 28. Oktober 2010, dass es offenbar geschäftliche Verbindungen zwischen der Hells Angels-Sektion in Walsrode und der Stadtmarketinggesellschaft gebe. Ähnliches berichtete NDR-Info. In Hannover ergab eine Anfrage der GRÜNEN-Ratsfraktion vom 29. September 2010, dass die Stadt Hannover keinerlei geschäftliche Verbindungen zu Rockerclubs unterhält und dies auch für die Zukunft ausschließt.

Wir fragen Landesregierung:

1. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen niedersächsischer Rockerclubs zur organisierten Kriminalität, und wie ist die Entwicklung in den letzten Monaten?

2. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund Kooperationen von Kommunen mit Rockerclubs, z. B. in gemeinsamen Marketinggesellschaften oder im Bereich von Security-Firmen?

3. Auf welche Weise berät und unterstützt die Landesregierung Kommunen, die sich gegen organisierte Kriminalität, u. a. durch Rockerclubs, zur Wehr setzen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine

Anfrage wie folgt:

In Niedersachsen sind u.a. die vier großen Rockerclubs Hells Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC und Gremium MC vertreten. Die Rockerclubs haben das Ziel, bestimmte Territorien bzw. Einflussbereiche zu beherrschen, um insbesondere wirtschaftliche Interessen wie beispielsweise im Rotlichtmilieu (Türsteherdienste, Wirtschaftertätigkeiten pp.) durchzusetzen.

Das Gefährdungspotenzial von Rockergruppierungen resultiert vor allem aus der straffen hierarchischen Organisationsform, der Internationalität, den Verhaltensweisen und dem daraus erwachsenden Einschüchterungspotenzial sowie nicht zuletzt aus der hohen Gewaltbereitschaft und Bewaffnung. Es kommt immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Rockergruppierungen, bis hin zu Tötungsdelikten. Hierdurch kann das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erheblich beeinträchtigt werden. Zudem besteht in Einzelfällen auch die Gefahr, dass Rockergruppierungen ihre straffe netzwerkartige Organisationsform gezielt und gewerbsmäßig zur Begehung schwerer Straftaten nutzen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Wie bereits in meinen Antworten zu den Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Biallas (CDU) am 28.08.2009 und der Abgeordneten Zimmermann (LINKE) am 26.11.2009 dargestellt, sind sich die polizeilichen Zentralstellen länderübergreifend in der Bewertung einig, dass verschiedene Rockergruppierungen Züge organisierter Kriminalität aufweisen. Die durch Mitglieder von Rockergruppierungen begangenen Straftaten sind sehr oft den typischen Deliktsfeldern der Organisierten Kriminalität (OK) zuzuordnen, wobei der illegale Handel mit Betäubungsmitteln eine wesentliche Rolle spielt.

Rockergruppierungen besitzen aufgrund der vorhandenen polizeilichen Erkenntnislagen ein hohes OK-Potenzial. Das grundsätzliche Geschäftsgebaren ist belegbar auf Territorial- und Machtzuwachs gegenüber anderen konkurrierenden Clubs ausgelegt. Die Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel zur Erreichung der Ziele ist an der Tagesordnung und auch in den scheinbar legalen Geschäftsfeldern zu beobachten. Die Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen begünstigt die Tatgelegenheitsstrukturen für kriminelles Handeln.

Eine Eskalation der Gewalt in Form von Tötungsdelikten und versuchten Tötungsdelikten zum Nachteil von Mitgliedern konkurrierender Clubs, wie sie im übrigen Bundesgebiet zu verzeichnen war, hat es bisher in Niedersachen nicht gegeben. Allerdings wurden im Jahr 2010 im Rahmen verschiedener Ermittlungsverfahren mit Rockerbezug in den vergangenen Monaten auch in Niedersachsen Schusswaffen und illegale Drogen sichergestellt. Diese Umstände bieten Anhaltspunkte dafür, dass Rockergruppierungen tatsächlich Bezüge zur Organisierten Kriminalität aufweisen.

Zu 2.:

Der Landesregierung sind keine Kooperationen von Kommunen mit Rockerclubs bekannt.

Zu 3.:

Die Maßnahmen der Polizei des Landes Niedersachsen stellen auf die illegalen Aktivitäten von Rockergruppierungen ab. Dies geschieht durch die Verfolgung eines ganzheitlichen Ansatzes unter Einbindung aller Behörden mit Ordnungs-, Verwaltungs- und Sicherheitsaufgaben. Ziel ist dabei die umfassende Informationsgewinnung, -bewertung und -analyse zum Zweck der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung.

Dabei geht es um die Ausschöpfung aller rechtlichen und taktischen Möglichkeiten, einschließlich aller verkehrs-, gaststätten-, gewerbe-, vereins- und baurechtlichen Maßnahmen bis hin zu Zeugen-/Opferschutzmaßnahmen.

Eine Beratung der Kommunen wird in erster Linie durch die örtlich zuständigen Polizeiinspektionen unter Einbeziehung der für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität in der Fläche zuständigen Zentralen Kriminalinspektionen durchgeführt. In sämtlichen Polizei-inspektionen gibt es benannte Ansprechpartner "Rockerkriminalität".

Beispielhaft sei hier erwähnt, dass im Sommer 2010 in Walsrode eine nicht öffentliche Verwaltungsausschuss-Sitzung stattfand. Vor Vertretern des Rates und der Verwaltung der Stadt Walsrode, geladenen Ortsvorstehern und dem Vorsitzenden des erwähnten Fördervereins Stadtmarketing e.V. informierte der örtlich zuständige Rockerbeauftragte der Polizei und der Leiter des Polizeikommissariats Walsrode über Rockergruppierungen, deren Entwicklungen und Strukturen.

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erstellt am:
12.11.2010

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