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Abschiebungen in die Demokratische Republik Kongo

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 11.11.2010; Fragestunde Nr. 25


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat und Elke Twesten (GRÜNE), es gilt das gesprochene Wort!

Obwohl der Krieg in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) schon seit fünf Jahren offiziell beendet ist, werden Frauen und Kinder dort immer noch Opfer von sexueller Gewalt. Vor allem in den Gebieten des Ostkongo wird schätzungsweise jede dritte Frau vergewaltigt. Viele Frauen und Mädchen werden verschleppt und als Zwangsprostituierte gehalten. Die Vergewaltigungsopfer infizieren sich mit dem HI-Virus und werden von ihren Familien verstoßen. Mittlerweile sind ca. 30 % der Opfer mit dem Virus infiziert. Außerdem werden Kinder, die bei Vergewaltigungen gezeugt werden, nicht in die Gesellschaft integriert. Die Opfer erleiden meist schwere physische und psychische Schmerzen. Aufgrund schlecht ausgebildeter Polizisten wird den Opfern nur selten geholfen. Zum Teil begehen Polizeiangehörige selbst diese Gewaltverbrechen. In der DR Kongo überwiegt die Ansicht, dass Soldaten und Polizisten für ihre Taten nicht zur Verantwortung gezogen werden können, weil die Opfer an ihrer Vergewaltigung selbst schuld seien. Somit erhalten Vergewaltiger praktisch keine Strafe. Aus diesem Grund betrachtet die Bevölkerung die Polizei und die staatliche Armee als Feinde und nicht als Beschützer. Auch wenn medizinische, juristische und psychologische Hilfe angeboten wird, erreicht diese nur die wenigsten Opfer. Seit 2006 steht Vergewaltigung zwar unter Strafe, allerdings erfolgen keine Anklagen, weil Vergewaltigung in der DR Kongo weiterhin tabuisiert wird. Kommt es tatsächlich einmal zu einer Verurteilung, können sich die Verurteilten freikaufen oder fliehen, ohne eine Verfolgung fürchten zu müssen. Dann suchen sie ihre Opfer aus Rache erneut auf und bedrohen sowohl ihre Opfer als auch Zeugen, Angehörige und deren Helfer.

Es existieren verschiedene Resolutionen der Vereinten Nationen, die die Mitverantwortung der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und somit auch der Bundesrepublik Deutschland begründen: Resolution 1325, in der der UN-Sicherheitsrat die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auffordert, für eine stärkere Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen der institutionellen Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten Sorge zu tragen, Resolution 1820, in der der UN-Sicherheitsrat alle Kriegs- und Konfliktparteien auffordert, „sofort jede Form von sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen vollständig einzustellen und Maßnahmen zu deren Schutz zu ergreifen.“ Die Bundesregierung hat einen Friedensfonds in Höhe von 50 Millionen Euro eingerichtet und stellt humanitäre Hilfe in der DR Kongo zu Verfügung. Es wird jedoch beklagt, dass die Mittel vor Ort nicht zielgerecht eingesetzt werden. Aufgrund der gefährlichen Situation in der DR Kongo sind viele Personen, besonders aber Frauen und Kinder, aus der DR Kongo nach Deutschland geflohen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie viele ausreisepflichtige Personen aus der DR Kongo leben zurzeit in Niedersachsen (bitte Frauen und Kinder gesondert beziffern)?
  2. Wie lange leben diese Personen jeweils schon in Niedersachsen?
  3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, insbesondere für Frauen und Kinder Abschiebungen zu vermeiden und ihnen eine langfristige Aufenthaltsperspektive zu bieten?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

In den Vorbemerkungen der Anfrage wird beschrieben, dass die Lebenssituation in der Demokratischen Republik Kongo für Frauen und Kinder auch nach Beendigung des Krieges bedrohlich und besorgniserregend sein kann. Es wird auf Resolutionen der Vereinten Nationen Bezug genommen und auch darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung einen Friedensfonds einge-richtet und humanitäre Hilfe für die DR Kongo zur Verfügung stellt. Daraus wird deutlich, wie die Bundesregierung die Verhältnisse in der DR Kongo bewertet und dass sie auf die aktuelle Situation im Rahmen der sich aus den UN-Resolutionen ergebenden Zielsetzungen reagiert. Dazu gehört auch eine Einschätzung über die Situation der aus dem Ausland zurückkehrenden Staatsangehörigen. Dazu erstellt das Auswärtige Amt unter Verwendung aller zur Verfügung stehenden Informationen einen Lagebericht, in dem auch die Erkenntnisse über asyl- und abschiebungsrechtlich relevante Vorgänge dargestellt und bewertet werden.

Ob einer Ausländerin oder einem Ausländer in Deutschland Schutz zu gewähren ist, weil ihr oder ihm im Falle einer Rückkehr im Herkunftsland wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen des Geschlechts Verfolgung droht, entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wobei es u.a. die Erkenntnisse aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes berücksichtigt. Dem Bundesamt obliegt bei Asylantragstellern darüber hinaus auch die Entscheidung über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses. Den Ausländerbehörden der Länder obliegt die Entscheidung über die Schutzgewährung wegen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nur in den seltenen Fällen, in denen Ausreisepflichtige zuvor keine Asylverfahren durchlaufen haben. Die Ausländerbehörden haben in diesen Fällen jedoch vor ihrer Entscheidung das Bundesamt zu beteiligen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. :

Zum Stichtag 30.06.2010 hielten sich insgesamt 25 ausreisepflichtige Personen, davon zwölf weibliche, aus der Demokratischen Republik Kongo in Niedersachsen auf. Sieben Personen waren unter 16 Jahre alt.

Zu 2..:

Um die Aufenthaltsdauer der einzelnen Personen zu ermitteln, wäre eine gesonderte Auswertung des Ausländerzentralregisters durch das Bundesamt als zuständiger Registerbehörde erforderlich. In der kurzen für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit, war eine solche Auswertung nicht zu erlangen.

Zu 3..:

Sofern die Staatsangehörigen aus der Demokratischen Republik Kongo die Voraussetzungen zur Einreise und zum Aufenthalt in Deutschland nach den allgemeinen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetz nicht erfüllen und auch nicht von den Bleiberechts- oder Altfallregelungen für lang-jährig geduldete Ausländer begünstigt werden, haben sie die Möglichkeit, im Rahmen eines Asyl- bzw. Asylfolgeverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Anerkennung als Flüchtlinge wegen drohender politischer Verfolgung im Herkunftsland oder Abschiebungshindernisse wegen möglicher Gefährdungen bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland geltend zu machen. Sollte ihnen in der DR Kongo Verfolgung oder Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit nach § 60 des Aufenthaltsgesetzes drohen, würde ihnen der weitere Aufenthalt ermöglicht werden.

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erstellt am:
12.11.2010

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