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Waffenkontrollen in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 07.10.2010; Fragestunde Nr. 50


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Briese (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

In Deutschland wird erneut über das Waffenrecht diskutiert, nachdem eine Frau in Lörrach mit ihrer legalen Waffe mehrere Personen erschossen und weitere schwer verletzt hat. Die Anwältin besaß mehrere Waffen, darunter eine Kleinkaliberpistole und mehrere Langwaffen. Damit hat sich die Zahl der Toten und Verletzten durch Amokläufe in Deutschland weiter erhöht.

Verschiedene Medien und Opferverbände, aber auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordern seit Langem strengere Waffenregeln in Deutschland, um die Gefahr durch Waffen zu reduzieren. Der Gesetzgeber hat nach dem schweren Amoklauf von Winnenden stärkere Kontrollen über die sachgerechte Lagerung von Waffen bei den Waffenbesitzern festgelegt. Allerdings stellt sich die Frage, wie viele Kontrollen die unteren Waffenbehörden bei einem vermuteten Gesamtbestand von 10 Millionen Waffen in Deutschland überhaupt durchführen können.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Waffenkontrollen hat es in Niedersachsen in den letzten 15 Monaten gegeben?

2. Wie viele falsch gelagerte Waffen haben die Behörden dabei aufgefunden?

3. Wie hat sich der Bestand der legalen Waffen in Niedersachsen in den letzten fünf Jahren entwickelt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Infolge der Ereignisse von Winnenden im März 2009 hat der Bundesgesetzgeber das Waffen-recht erneut verschärft und insbesondere die Vorschriften für die Durchführung von Aufbewahrungskontrollen geändert. Der Amoklauf hatte deutlich gemacht, wie wichtig die sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition ist und dass nicht ordnungsgemäß aufbewahrte Waffen ein erhebliches Risiko darstellen. Die schreckliche Gewalttat in Lörrach, bei der eine Frau als Täterin Erlaubnisinhaberin mehrerer Schusswaffen war, steht nicht in einem Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Waffen und Munition. Die Täterin war selbst zugriffsberechtigt auf die in ihrer Privatwohnung lagernden Waffen.

Mit der am 25.07.2009 in Kraft getretenen Änderung des Waffengesetzes wurden die Waffen-behörden berechtigt, verdachtsunabhängige Kontrollen der Aufbewahrung durchzuführen. Bis dahin konnte nur kontrolliert werden, wenn Zweifel an der sicheren Aufbewahrung vorlagen. Die Landesregierung hat diese Verschärfung des Waffenrechts und ihre Umsetzung aktiv unterstützt. Ziel ist es, das Bewusstsein der Waffenbesitzer für einen verantwortungsvollen Umgang mit Waffen und Munition zu schärfen und dadurch den Zugriff Nichtberechtigter zu verhindern. Dazu ist es nicht erforderlich, flächendeckende Kontrollen bei allen Waffenbesitzern durchzuführen, zumal die Waffenbesitzer seit der Gesetzesänderung auch zum schriftlichen Nachweis verpflichtet sind, dass sie Vorkehrungen zur sicheren Aufbewahrung getroffen haben. Die Wirksamkeit der Regelung und die entsprechende Bewusstseinsschärfung hängen gleichwohl davon ab, dass tatsächlich - stichprobenartig - Kontrollen vor Ort erfolgen.

Eine Evaluierung der Neuregelung ist im Frühjahr dieses Jahres erfolgt. Sie hat gezeigt, dass die durch das Ministerium für Inneres und Sport gegenüber den Waffenbehörden hervorgehobene Bedeutung der Aufbewahrungskontrollen erfolgreich war. Niedersachsen hat damit im Vergleich zu anderen Ländern eine sehr hohe Kontrolldichte vorzuweisen. Die Stichprobenkontrollen werden intensiv fortgesetzt, um die Waffenbesitzer hinsichtlich ihrer Aufbewahrungspflichten zu sensibilisieren. Eine weitere Evaluation ist für das Frühjahr 2011 geplant.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Insgesamt wurden in Niedersachsen in dem bisherigen Evaluationszeitraum vom 25.07.2009 bis 15.03.2010 von den Waffenbehörden 4.426 Kontrollgänge durchgeführt. Zu diesen Überprüfungen der tatsächlichen Aufbewahrung zählt jede Form der Inaugenscheinnahme, d.h. sowohl die unangemeldete Kontrolle, die Kontrolle nach vorangegangener Terminabsprache mit dem jeweiligen Waffenbesitzer sowie Beratungen vor Ort zu den Aufbewahrungsmöglichkeiten auf Initiative des Waffenbesitzers als auch die Prüfung der Aufbewahrung auf einer Schießstätte.

Die Anzahl der Kontrollen nach § 36 Abs. 3 Satz 2 Waffengesetz, die von den Waffenbehörden unangemeldet oder nach vorheriger Terminabsprache durchgeführt wurden einschließlich der Kontrollversuche, beträgt 3.021 (Kontrollen: 2.248; Kontrollversuche: 773). Von den durchgeführten Kontrollen erfolgten 1.513 unangemeldet und 735 angemeldet. Bei den 773 Kontrollversuchen waren 749 Waffenbesitzer nicht anwesend und es gab 24 Zutrittsverweigerungen.

Zu 2.:

Die Ergebnisse der Überprüfung belegen insgesamt, dass sich der ganz überwiegende Teil der Waffenbesitzer der Bedeutung der ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Waffen und Munition bewusst ist. Im Zuge der durchgeführten Kontrollen wurden von den Waffenbehörden 432 Beanstandungen gemeldet, d.h. in diesen Fällen wurde gegen Aufbewahrungsvorschriften verstoßen. Eine gesonderte Abfrage zu nicht ordnungsgemäß gelagerten Waffen wurde in diesem Zusammenhang nicht durchgeführt, da bei einem Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften die Anzahl der gelagerten Waffen zunächst nicht relevant ist. Im Regelfall bezogen sich die Beanstandungen allerdings auf kleinere Mängel bei der Aufbewahrung von Waffen. In diesen Fällen wurden die entsprechenden Beanstandungen in der Akte festgehalten und die Waffenbesitzer aufgefordert, den Mangel innerhalb einer gesetzten Frist zu beheben oder die Mängel sogar noch während der Kontrolle vor Ort zu beheben. Zuverlässigkeitsüberprüfungen werden bei groben oder wiederholten Verstößen gegen waffenrechtliche Aufbewahrungsvorschriften eingeleitet. Die festgestellten Beanstandungen führten zur Einleitung von 67 Ordnungswidrigkeitenverfahren und zu acht Strafverfahren wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Aufbewahrungsvorschriften.

Zu 3.:

Die Entwicklung des legalen Waffenbestandes, bezogen auf die letzten fünf Jahre kann nicht dargestellt werden, da hierüber in Niedersachsen – wie auch in anderen Ländern – keine Landesstatistik geführt wird. Maßgeblich hierfür ist, dass eine landesweite Zusammenführung der Daten wegen der Unterschiedlichkeit der Erfassung und Speicherung in den 109 örtlichen Waffenbehörden nur mit einem aus Sicht der Landesregierung nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand möglich wäre. Im Interesse der Sicherheit ist einer Prüfung der ordnungsgemäßen Aufbewahrung der Waffen der Vorrang gegenüber der Ermittlung von Zahlenmaterial durch die Waffenbehörden einzuräumen. Gleichwohl hat jede Waffenbehörde in Niedersachsen für ihren Zuständigkeitsbereich einen Überblick über den vorhandenen legalen Waffenbestand.

Zum Stichtag 30.09.2009 wurde der Bestand der erlaubnispflichtigen Schusswaffen in Niedersachsen landesweit einmalig erhoben. Den Meldungen der Waffenbehörden zufolge betrug die Gesamtzahl der erlaubnispflichtigen Schusswaffen 768.047. Aufgrund einer Initiative des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport wurde den Waffenbesitzern in Niedersachsen in dem Zeitraum von März bis Juli 2009 ermöglicht, ihre Waffen bei Waffenbehörden und Polizeidienststellen kostenlos abzugeben. Im Anschluss daran wurde durch den Bundesgesetzgeber für den Zeitraum vom 25.07. bis zum 31.12.2009 eine Amnestieregelung eingeführt, so dass infolge dieser Abgabemöglichkeiten insgesamt 26.608 Waffen abgegeben wurden. Es handelte sich dabei nicht nur um erlaubnispflichtige Schusswaffen. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Gesamtbestand an erlaubnispflichtigen Schusswaffen dadurch erheblich reduziert werden konnte. Die Möglichkeit der Abgabe von legalen Waffen besteht weiterhin.

Mit der Einführung des Nationalen Waffenregisters zum 31.12.2012 wird eine landesweite Auswertung auch des legalen Waffenbestandes mit einem geringen personellen und technischen Aufwand möglich sein.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
07.10.2010

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