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„Retten, bergen, löschen, schützen – Moderne Bildungs- und Trainingszentren für die Feuerwehren in Niedersachsen!“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.08.2010; TOP 13a AktStd


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion der CDU. Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Feuerwehren „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“. Mit diesem Wahlspruch – zu lesen ist er beispielsweise auf vielen Broschüren, Autoaufklebern, Internetseiten – beschreiben die Feuerwehren in zutreffender und einfacher Deutlichkeit ihre Aufgaben.

In Niedersachsen können wir alle darauf vertrauen, dass uns 133.400 Menschen in Notlagen helfen werden. Im Jahr 2009 war das in fast 83.000 Einsätzen der Fall.

Deshalb wird – in Abwandelung eines Zitates – der Gedanke „Stell Dir vor, es brennt und keiner kommt zum Löschen …“ im Moment kaum vorstellbar sein. Die aktuellen Mitglieder- und Einsatzzahlen geben zur Zeit noch keinen akuten Anlass zur Besorgnis. Um es deutlich zu sagen: „Wir sind topp aufgestellt“. Wer aber den demografischen Wandel mit allen seinen Auswirkungen vor Augen hat, wird sich sehr schnell darüber im Klaren sein, dass auch die Feuerwehren nicht verschont bleiben werden.

Der Abschlussbericht zum Projekt „Sicherstellung des Brandschutzes in Niedersachsen unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels“, den ich in der vergangenen Woche vorgestellt und zur Veröffentlichung freigegeben habe, analysiert die Probleme. Sie bestehen zum Teil schon heute oder können aufgrund des demografischen Wandels erwartet werden. Die Verfügbarkeit der ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen, deren Abkömmlichkeit vom Arbeitsplatz wird zunehmend eingeschränkt. Ich stehe in diesem Zusammenhang mit den Arbeitgeberverbänden, Handwerkskammern und IHK`en in Kontakt und bin mir deren Unterstützung sicher. Weniger junge Menschen stehen für ehrenamtliche Aufgaben zur Verfügung, Mitgliederzahlen werden stärker als bisher zurückgehen. Das Durchschnittsalter der Aktiven wird demzufolge steigen. Dies stellt der Bericht nüchtern fest.

Folgerichtig kommt er auch zu den Aussagen, dass

  • langfristig die Leistungsfähigkeit und die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren gefährdet sind,
  • die Anzahl der Einssätze nicht, so wie es der Bevölkerungsrückgang vermuten lässt, zurückgehen wird,
  • die Einsatzhäufigkeit und die täglichen Belastungen der Einsatzkräfte quantitativ und qualitativ steigen werden.

Um den Brandschutz nachhaltig in den vor uns liegenden Jahren sichern zu können, müssen jetzt die Weichen gestellt werden.

In sechs Handlungsfeldern finden wir die Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft. Die Basis bildet die Festlegung von Kriterien, an denen die Leistungsfähigkeit einer Feuerwehr gemessen werden kann. Weitere Handlungsfelder sind die Förderung des Ehrenamtes, die Nachwuchsgewinnung, die Integration und die Öffentlichkeitsarbeit.

Die Aus- und Fortbildung der Feuerwehren ist das Handlungsfeld, das für die Motivation und Begeisterung von enormer Bedeutung ist. Ohne eine umfassende und fachlich fundierte Ausbildung kann niemand seinen Aufgaben gerecht werden – dies gilt für alle Lebensbereiche. Ohne eine laufende Fortbildung kann sich niemand mehr Neuerungen und steigenden Anforderungen stellen.

Aus- und Fortbildung der Feuerwehren ist eine Gemeinschaftsaufgabe der Gemeinden und Landkreise als Träger der Feuerwehren und des Landes. Für die zentrale Ausbildung der kommunalen Feuerwehren und der Werkfeuerwehren unterhält das Land zwei Ausbildungsstandorte in Loy und in Celle.

Diese Ausbildungsstandorte sind kontinuierlich erweitert und modernisiert worden. Aber nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden könnte.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind innovative Lösungen gefragt. Die Stadt Celle hat die Nutzung der ehemaligen Kaserne in Celle-Scheuen angeboten und eine Kooperationsbereitschaft signalisiert. Die Nutzung der ehemaligen Freiherr-von-Fritsch-Kaserne bietet eine einmalige, ja historische Chance. Diese Chance dürfen wir nicht verstreichen lassen.

Deshalb hat die Landesregierung einen zukunftsweisenden Beschluss zur Gründung einer Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz gefasst.

Die notwendigen Investitionen von insgesamt 74 Mio. Euro bis zum Jahr 2020 werden über die Stadt Celle vorfinanziert. Aus dem laufenden Aufkommen der Feuerschutzsteuer erfolgt eine Refinanzierung. Wir werden alle zur Umsetzung des Konzeptes erforderlichen Schritte mit der Stadt Celle, den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Landesfeuerwehrverband – der das Vorhaben unterstützt – abstimmen.

Was wollen wir erreichen – was müssen wir gemeinsam mit den Trägern der Feuerwehren erreichen?

Bedingt durch den demografischen Wandel werden die Einsatzhäufigkeit und die tägliche Belastung der Einsatzkräfte steigen. Die zunehmende Technisierung aller Lebensbereiche wird zu weiteren Herausforderungen führen. Einer drohenden Überforderung kann durch gute Aus- und Fortbildung entgegen gewirkt werden. In der Ausbildung müssen verbesserte und neuartige Konzepte umgesetzt werden können. Es reicht nicht, auf einem Übungshof Schläuche zu rollen und sich Einsatzsituationen mit Feuer und Rauch nur vorzustellen. Die Ausbildung muss praxisnah erfolgen, Einsatzsituationen müssen möglichst realistisch dargestellt werden. Hierdurch kann schnell ein nachhaltiger Lernerfolg erreicht werden. Breits in der Ausbildung müssen Erfahrungen gemacht, Erkenntnisse gewonnen werden, damit der spätere Einsatz nicht zu einer lebensgefährdenden Überraschung wird.

Für ein Training in Echtzeit brauchen wir

  • Brandübungsanlagen (Stationär und mobil), zur Darstellung von unterschiedlichen Brandszenarien unter Verwendung unterschiedlicher Brennstoffe;
  • eine Übungshalle für eine wetterunabhängige Ausbildung;
  • verschiedenen Übungsobjekte / Übungshäuser (z. B. Mehrfamilienhaus mit Ladengeschäft, KiTa, Einfamilienhaus, Werkstattbetrieb, Tankstelle, Gartenlaube) in denen Einsatzsitua-tionen ohne Feuer geübt werden können.

Wir brauchen eine

  • Übungsanlage für Hoch- und Tiefbauunfälle;
  • Übungsanlage für technische Hilfeleistungen;
  • Gefahrgutübungsanlage;
  • Bahnübungsanlage;
  • Tunnelübungsanlage.

Die Theorie wird in einem modernen Bildungszentrum vermittelt. Zum Bildungszentrum gehören Lehrsäle, Unterkünfte, Wirtschaftsbetrieb, Mensa und die Verwaltung. Ein Technikzentrum mit zentralen Prüfstellen und Werkstätten rundet unter einem innovativen Umweltmanagement das Gesamtkonzept ab.

Die Kasernenanlage der ehemaligen Freiherr-von-Fritsch-Kaserne bietet ausreichend Platz für die Errichtung des modernen Trainings- und Bildungszentrum sowie eines Technikzentrum.

Das Trainingszentrum, das – wie eingangs schon hervorgehoben – von allen Feuerwehren in Niedersachsen für Übungszwecke genutzt werden kann, eröffnet aber auch noch weitere Möglichkeiten. Gemeinsam mit anderen Einrichtungen und Organisationen der Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes kann fach- und organisationsübergreifend geübt und die Qualifikation aller Einsatzkräfte in den niedersächsischen Gemeinden und Landkreisen nachhaltig verbessert werden. Das Bildungszentrum in Celle Scheuen bietet vielfältige Möglichkeiten, die bewährte Kooperation mit Polizei, Bundeswehr, Technischem Hilfswerk und den im Katastrophenschutz mitwirkenden privaten Organisationen wie dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft, dem Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfallhilfe und dem Malteser-Hilfsdienst auszubauen. Organisationsübergreifend können in Stäben und Technischen Einsatzleitungen, aber auch mit Einsatzkräften realistische Szenarien trainiert und die Qualifikation aller Beteiligten nachhaltig erhöht werden.

Wir „Scheuen“ vor nichts zurück. Ich freue mich bereits jetzt auf den ersten Spatenstich in Celle – Scheuen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
18.08.2010

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